in den er angelegentlich vertieft schien. Der Schlaue war des Italienischen nicht unkundig, er hatte es mit Jenatsch halb spielend getrieben und ließ, mit scharfem Ohre lauschend, sich kein Wort des interessanten Ge¬ spräches entgehen.
"Ich werde dem Jungen den Kinderbecher zehnfach ersetzen," begann Planta. "Kein übler Bursche, wenn er nicht so hoffährtigen und verschlossenen Gemüthes wäre. Hochmuth kleidet schlecht, wo das Brot im Hause mangelt. Sein Vater, der Pfarrer von Scharans, ist ein grundbraver Mann und spricht als mein Nachbar häufig bei mir ein. Früher häufiger als jetzt. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, Herr Magister, welch ein schlimmer Geist in unsere Prädikanten gefahren ist. Sie donnern von den Kanzeln gegen den spanischen Kriegs¬ dienst und predigen Gleichberechtigung des Letzten mit dem Ersten zu allen Aemtern im Lande, auch zu den wichtigsten, was bei den gefährlichen politischen Con¬ juncturen, welche die umsichtigste Führung unsers Staats¬ schiffleins erfordern, nothwendig zum Verderben des Landes ausschlagen muß. Von der unsinnigen pro¬ testantischen Propaganda, mit der sie unsere katholischen Unterthanen im Veltlin quälen, will ich nicht reden. Ich bin wieder katholisch geworden, Herr, obgleich ich von reformirten Eltern stamme. Warum? Weil im
in den er angelegentlich vertieft ſchien. Der Schlaue war des Italieniſchen nicht unkundig, er hatte es mit Jenatſch halb ſpielend getrieben und ließ, mit ſcharfem Ohre lauſchend, ſich kein Wort des intereſſanten Ge¬ ſpräches entgehen.
„Ich werde dem Jungen den Kinderbecher zehnfach erſetzen,“ begann Planta. „Kein übler Burſche, wenn er nicht ſo hoffährtigen und verſchloſſenen Gemüthes wäre. Hochmuth kleidet ſchlecht, wo das Brot im Hauſe mangelt. Sein Vater, der Pfarrer von Scharans, iſt ein grundbraver Mann und ſpricht als mein Nachbar häufig bei mir ein. Früher häufiger als jetzt. Ihr könnt Euch nicht vorſtellen, Herr Magiſter, welch ein ſchlimmer Geiſt in unſere Prädikanten gefahren iſt. Sie donnern von den Kanzeln gegen den ſpaniſchen Kriegs¬ dienſt und predigen Gleichberechtigung des Letzten mit dem Erſten zu allen Aemtern im Lande, auch zu den wichtigſten, was bei den gefährlichen politiſchen Con¬ juncturen, welche die umſichtigſte Führung unſers Staats¬ ſchiffleins erfordern, nothwendig zum Verderben des Landes ausſchlagen muß. Von der unſinnigen pro¬ teſtantiſchen Propaganda, mit der ſie unſere katholiſchen Unterthanen im Veltlin quälen, will ich nicht reden. Ich bin wieder katholiſch geworden, Herr, obgleich ich von reformirten Eltern ſtamme. Warum? Weil im
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in den er angelegentlich vertieft ſchien. Der Schlaue
war des Italieniſchen nicht unkundig, er hatte es mit
Jenatſch halb ſpielend getrieben und ließ, mit ſcharfem
Ohre lauſchend, ſich kein Wort des intereſſanten Ge¬
ſpräches entgehen.
„Ich werde dem Jungen den Kinderbecher zehnfach
erſetzen,“ begann Planta. „Kein übler Burſche, wenn
er nicht ſo hoffährtigen und verſchloſſenen Gemüthes
wäre. Hochmuth kleidet ſchlecht, wo das Brot im Hauſe
mangelt. Sein Vater, der Pfarrer von Scharans, iſt
ein grundbraver Mann und ſpricht als mein Nachbar
häufig bei mir ein. Früher häufiger als jetzt. Ihr
könnt Euch nicht vorſtellen, Herr Magiſter, welch ein
ſchlimmer Geiſt in unſere Prädikanten gefahren iſt. Sie
donnern von den Kanzeln gegen den ſpaniſchen Kriegs¬
dienſt und predigen Gleichberechtigung des Letzten mit
dem Erſten zu allen Aemtern im Lande, auch zu den
wichtigſten, was bei den gefährlichen politiſchen Con¬
juncturen, welche die umſichtigſte Führung unſers Staats¬
ſchiffleins erfordern, nothwendig zum Verderben des
Landes ausſchlagen muß. Von der unſinnigen pro¬
teſtantiſchen Propaganda, mit der ſie unſere katholiſchen
Unterthanen im Veltlin quälen, will ich nicht reden.
Ich bin wieder katholiſch geworden, Herr, obgleich ich
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/33>, abgerufen am 11.12.2024.
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