Rede gestellt. Er hat sich vollkommen gerechtfertigt. Der Brief ist falsch und die Handschrift auf merkwür¬ dig geschickte Weise nachgeahmt. Der Oberst hat Feinde, in deren Interesse es liegt, ihm mein Vertrauen zu rauben. Sie ahnen nicht, daß sie es mit ihren Caba¬ len im Gegentheil immer mehr befestigen. Er hat deren namentlich am bischöflichen Hof unter Euern geistlichen Genossen am Spieltische, Wertmüller. Sie kennen Euch und zählten auf Euern Argwohn und Eure Unterneh¬ mungslust. Da Ihr aus Euerm Widerwillen gegen den Oberst und, Euch zur Ehre sei's gesagt, aus Eurer Anhänglichkeit an meine Person kein Geheimniß macht, so war die Intrigue der geistlichen Herren bald einge¬ fädelt. Der elende Dottore war ihr bestochenes Werk¬ zeug. -- Gesteht, er hat seine Rolle gut gespielt! Wo wird sich ein Italiäner den Anlaß zu einer Comödie jemals entgehen lassen! -- Was endlich jene nächtliche Unterredung zwischen Jenatsch und dem Quacksalber un¬ sern der bischöflichen Residenz betrifft, die Euch zu den¬ ken gab, so hat es damit seine Richtigkeit -- sie drehte sich um das Ausschneiden von Leichdornen. Erinnert Euch, daß Ihr über den Obersten gespottet habt, als er vor ein paar Tagen mit einem Pantoffel am linken Fuße einherschritt."
Wertmüllers herbes Gesicht verfinsterte sich unter
Rede geſtellt. Er hat ſich vollkommen gerechtfertigt. Der Brief iſt falſch und die Handſchrift auf merkwür¬ dig geſchickte Weiſe nachgeahmt. Der Oberſt hat Feinde, in deren Intereſſe es liegt, ihm mein Vertrauen zu rauben. Sie ahnen nicht, daß ſie es mit ihren Caba¬ len im Gegentheil immer mehr befeſtigen. Er hat deren namentlich am biſchöflichen Hof unter Euern geiſtlichen Genoſſen am Spieltiſche, Wertmüller. Sie kennen Euch und zählten auf Euern Argwohn und Eure Unterneh¬ mungsluſt. Da Ihr aus Euerm Widerwillen gegen den Oberſt und, Euch zur Ehre ſei's geſagt, aus Eurer Anhänglichkeit an meine Perſon kein Geheimniß macht, ſo war die Intrigue der geiſtlichen Herren bald einge¬ fädelt. Der elende Dottore war ihr beſtochenes Werk¬ zeug. — Geſteht, er hat ſeine Rolle gut geſpielt! Wo wird ſich ein Italiäner den Anlaß zu einer Comödie jemals entgehen laſſen! — Was endlich jene nächtliche Unterredung zwiſchen Jenatſch und dem Quackſalber un¬ ſern der biſchöflichen Reſidenz betrifft, die Euch zu den¬ ken gab, ſo hat es damit ſeine Richtigkeit — ſie drehte ſich um das Ausſchneiden von Leichdornen. Erinnert Euch, daß Ihr über den Oberſten geſpottet habt, als er vor ein paar Tagen mit einem Pantoffel am linken Fuße einherſchritt.“
Wertmüllers herbes Geſicht verfinſterte ſich unter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0318"n="308"/>
Rede geſtellt. Er hat ſich vollkommen gerechtfertigt.<lb/>
Der Brief iſt falſch und die Handſchrift auf merkwür¬<lb/>
dig geſchickte Weiſe nachgeahmt. Der Oberſt hat Feinde,<lb/>
in deren Intereſſe es liegt, ihm mein Vertrauen zu<lb/>
rauben. Sie ahnen nicht, daß ſie es mit ihren Caba¬<lb/>
len im Gegentheil immer mehr befeſtigen. Er hat deren<lb/>
namentlich am biſchöflichen Hof unter Euern geiſtlichen<lb/>
Genoſſen am Spieltiſche, Wertmüller. Sie kennen Euch<lb/>
und zählten auf Euern Argwohn und Eure Unterneh¬<lb/>
mungsluſt. Da Ihr aus Euerm Widerwillen gegen<lb/>
den Oberſt und, Euch zur Ehre ſei's geſagt, aus Eurer<lb/>
Anhänglichkeit an meine Perſon kein Geheimniß macht,<lb/>ſo war die Intrigue der geiſtlichen Herren bald einge¬<lb/>
fädelt. Der elende Dottore war ihr beſtochenes Werk¬<lb/>
zeug. — Geſteht, er hat ſeine Rolle gut geſpielt! Wo<lb/>
wird ſich ein Italiäner den Anlaß zu einer Comödie<lb/>
jemals entgehen laſſen! — Was endlich jene nächtliche<lb/>
Unterredung zwiſchen Jenatſch und dem Quackſalber un¬<lb/>ſern der biſchöflichen Reſidenz betrifft, die Euch zu den¬<lb/>
ken gab, ſo hat es damit ſeine Richtigkeit —ſie drehte<lb/>ſich um das Ausſchneiden von Leichdornen. Erinnert<lb/>
Euch, daß Ihr über den Oberſten geſpottet habt, als<lb/>
er vor ein paar Tagen mit einem Pantoffel am linken<lb/>
Fuße einherſchritt.“</p><lb/><p>Wertmüllers herbes Geſicht verfinſterte ſich unter<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[308/0318]
Rede geſtellt. Er hat ſich vollkommen gerechtfertigt.
Der Brief iſt falſch und die Handſchrift auf merkwür¬
dig geſchickte Weiſe nachgeahmt. Der Oberſt hat Feinde,
in deren Intereſſe es liegt, ihm mein Vertrauen zu
rauben. Sie ahnen nicht, daß ſie es mit ihren Caba¬
len im Gegentheil immer mehr befeſtigen. Er hat deren
namentlich am biſchöflichen Hof unter Euern geiſtlichen
Genoſſen am Spieltiſche, Wertmüller. Sie kennen Euch
und zählten auf Euern Argwohn und Eure Unterneh¬
mungsluſt. Da Ihr aus Euerm Widerwillen gegen
den Oberſt und, Euch zur Ehre ſei's geſagt, aus Eurer
Anhänglichkeit an meine Perſon kein Geheimniß macht,
ſo war die Intrigue der geiſtlichen Herren bald einge¬
fädelt. Der elende Dottore war ihr beſtochenes Werk¬
zeug. — Geſteht, er hat ſeine Rolle gut geſpielt! Wo
wird ſich ein Italiäner den Anlaß zu einer Comödie
jemals entgehen laſſen! — Was endlich jene nächtliche
Unterredung zwiſchen Jenatſch und dem Quackſalber un¬
ſern der biſchöflichen Reſidenz betrifft, die Euch zu den¬
ken gab, ſo hat es damit ſeine Richtigkeit — ſie drehte
ſich um das Ausſchneiden von Leichdornen. Erinnert
Euch, daß Ihr über den Oberſten geſpottet habt, als
er vor ein paar Tagen mit einem Pantoffel am linken
Fuße einherſchritt.“
Wertmüllers herbes Geſicht verfinſterte ſich unter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/318>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.