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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Mantel umhüllten, den Obersten Jenatsch zu vermuthen.
Das genügte, um den unternehmenden und durch die
Winterruhe gelangweilten Locotenenten zu einem lustigen
Handstreiche anzufeuern. Er belauerte die Abreise des
Italiäners, nahm auf ein paar Tage Urlaub, ritt dem
fahrenden Wunderdoktor nach und holte ihn auf seinem
feurigen Fuchs gegen Abend des ersten Reisetages ein.
Wie ein Wegelagerer überfiel er ihn an einer einsamen
Stelle der Gebirgsstraße. Der erschrockene Quacksalber
mußte zuerst seinen Apothekerkasten ausräumen und sich
dann einer Durchsuchung seiner Person unterwerfen.
Wie triumphirte Wertmüller, als er, dem Doktor
freundschaftlich auf den Rücken klopfend, ein knisterndes
Papier verspürte, das zwischen Tuch und Unterfutter
eingenäht war, und dann mit der Pflasterscheere des
Unglücklichen aus dessen scharlachrothem Rocke unversehrt
ein eigenhändiges Schreiben seines Feindes an einen
Kapuzinerpater herausschnitt, worin Jenatsch diesem
Aufträge an den Gubernatore Serbelloni in Mailand
gab. Der Wortlaut freilich war dunkel, aber die That¬
sache selbst sprach um so klarer. Nachdem der Locote¬
nente den schlotternden Zahnausreißer beruhigt und aus
seiner Reiseflasche gestärkt hatte, jagte er in freudigem
Galopp nach Chur zurück. Jetzt war der Verräther
Jenatsch in seinen Händen.

Mantel umhüllten, den Oberſten Jenatſch zu vermuthen.
Das genügte, um den unternehmenden und durch die
Winterruhe gelangweilten Locotenenten zu einem luſtigen
Handſtreiche anzufeuern. Er belauerte die Abreiſe des
Italiäners, nahm auf ein paar Tage Urlaub, ritt dem
fahrenden Wunderdoktor nach und holte ihn auf ſeinem
feurigen Fuchs gegen Abend des erſten Reiſetages ein.
Wie ein Wegelagerer überfiel er ihn an einer einſamen
Stelle der Gebirgsſtraße. Der erſchrockene Quackſalber
mußte zuerſt ſeinen Apothekerkaſten ausräumen und ſich
dann einer Durchſuchung ſeiner Perſon unterwerfen.
Wie triumphirte Wertmüller, als er, dem Doktor
freundſchaftlich auf den Rücken klopfend, ein kniſterndes
Papier verſpürte, das zwiſchen Tuch und Unterfutter
eingenäht war, und dann mit der Pflaſterſcheere des
Unglücklichen aus deſſen ſcharlachrothem Rocke unverſehrt
ein eigenhändiges Schreiben ſeines Feindes an einen
Kapuzinerpater herausſchnitt, worin Jenatſch dieſem
Aufträge an den Gubernatore Serbelloni in Mailand
gab. Der Wortlaut freilich war dunkel, aber die That¬
ſache ſelbſt ſprach um ſo klarer. Nachdem der Locote¬
nente den ſchlotternden Zahnausreißer beruhigt und aus
ſeiner Reiſeflaſche geſtärkt hatte, jagte er in freudigem
Galopp nach Chur zurück. Jetzt war der Verräther
Jenatſch in ſeinen Händen.

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[306/0316] Mantel umhüllten, den Oberſten Jenatſch zu vermuthen. Das genügte, um den unternehmenden und durch die Winterruhe gelangweilten Locotenenten zu einem luſtigen Handſtreiche anzufeuern. Er belauerte die Abreiſe des Italiäners, nahm auf ein paar Tage Urlaub, ritt dem fahrenden Wunderdoktor nach und holte ihn auf ſeinem feurigen Fuchs gegen Abend des erſten Reiſetages ein. Wie ein Wegelagerer überfiel er ihn an einer einſamen Stelle der Gebirgsſtraße. Der erſchrockene Quackſalber mußte zuerſt ſeinen Apothekerkaſten ausräumen und ſich dann einer Durchſuchung ſeiner Perſon unterwerfen. Wie triumphirte Wertmüller, als er, dem Doktor freundſchaftlich auf den Rücken klopfend, ein kniſterndes Papier verſpürte, das zwiſchen Tuch und Unterfutter eingenäht war, und dann mit der Pflaſterſcheere des Unglücklichen aus deſſen ſcharlachrothem Rocke unverſehrt ein eigenhändiges Schreiben ſeines Feindes an einen Kapuzinerpater herausſchnitt, worin Jenatſch dieſem Aufträge an den Gubernatore Serbelloni in Mailand gab. Der Wortlaut freilich war dunkel, aber die That¬ ſache ſelbſt ſprach um ſo klarer. Nachdem der Locote¬ nente den ſchlotternden Zahnausreißer beruhigt und aus ſeiner Reiſeflaſche geſtärkt hatte, jagte er in freudigem Galopp nach Chur zurück. Jetzt war der Verräther Jenatſch in ſeinen Händen.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/316>, abgerufen am 25.11.2024.