Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.adeligen Sitte, das Volk aber bezauberte er durch eine Der glückliche Stern, der seine kriegerischen Unter¬ adeligen Sitte, das Volk aber bezauberte er durch eine Der glückliche Stern, der ſeine kriegeriſchen Unter¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0248" n="238"/> adeligen Sitte, das Volk aber bezauberte er durch eine<lb/> aus dem Herzen kommende unbeſchreibliche Leutſeligkeit.<lb/> In den proteſtantiſchen Gemeinden des Landes hörten<lb/> überdies die Bündner faſt allſonntäglich ſein Lob von<lb/> der Kanzel verkündigen. Er ward ihnen gezeigt und<lb/> gerühmt als ein Muſter evangeliſcher Glaubenstreue<lb/> und als ein Hort der bedrängten Proteſtanten in allen<lb/> Landen.</p><lb/> <p>Der glückliche Stern, der ſeine kriegeriſchen Unter¬<lb/> nehmungen begünſtigt hatte, ſchien jetzt auch über ſeinen<lb/> politiſchen zu leuchten. Er beſchied einige ausgezeichnete<lb/> Bündner zu ſich nach Chiavenna, berieth mit ihnen<lb/> Satz um Satz den Entwurf eines Uebereinkommens<lb/> und dieſes wurde kurz darauf von dem in Thuſis ver¬<lb/> ſammelten bündneriſchen Bundesrathe angenommen.<lb/> Man machte ſich von beiden Seiten die äußerſten Zu¬<lb/> geſtändniſſe. Um die Bündner in ihrer Hauptforderung<lb/> zu befriedigen, gab ihnen Rohan durch dieſen Vertrag<lb/> das Veltlin im Namen Frankreichs zurück. Aber er<lb/> ſicherte zugleich das militäriſche Intereſſe und die katho¬<lb/> liſche Ehre ſeines Königs, indem er feſtſetzte, daß die<lb/> bündneriſchen Bergpäſſe bis zum allgemeinen Friedens¬<lb/> ſchluſſe von Bündnertruppen in franzöſiſchem Solde<lb/> gehütet werden müßten und die katholiſche Religion im<lb/> Veltlin als die herrſchende anerkannt werde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0248]
adeligen Sitte, das Volk aber bezauberte er durch eine
aus dem Herzen kommende unbeſchreibliche Leutſeligkeit.
In den proteſtantiſchen Gemeinden des Landes hörten
überdies die Bündner faſt allſonntäglich ſein Lob von
der Kanzel verkündigen. Er ward ihnen gezeigt und
gerühmt als ein Muſter evangeliſcher Glaubenstreue
und als ein Hort der bedrängten Proteſtanten in allen
Landen.
Der glückliche Stern, der ſeine kriegeriſchen Unter¬
nehmungen begünſtigt hatte, ſchien jetzt auch über ſeinen
politiſchen zu leuchten. Er beſchied einige ausgezeichnete
Bündner zu ſich nach Chiavenna, berieth mit ihnen
Satz um Satz den Entwurf eines Uebereinkommens
und dieſes wurde kurz darauf von dem in Thuſis ver¬
ſammelten bündneriſchen Bundesrathe angenommen.
Man machte ſich von beiden Seiten die äußerſten Zu¬
geſtändniſſe. Um die Bündner in ihrer Hauptforderung
zu befriedigen, gab ihnen Rohan durch dieſen Vertrag
das Veltlin im Namen Frankreichs zurück. Aber er
ſicherte zugleich das militäriſche Intereſſe und die katho¬
liſche Ehre ſeines Königs, indem er feſtſetzte, daß die
bündneriſchen Bergpäſſe bis zum allgemeinen Friedens¬
ſchluſſe von Bündnertruppen in franzöſiſchem Solde
gehütet werden müßten und die katholiſche Religion im
Veltlin als die herrſchende anerkannt werde.
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/248>, abgerufen am 16.02.2025. |