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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Zweites Kapitel.

Während der Sommer- und Herbstmonate eines
einzigen Jahres hatte Herzog Heinrich Rohan seinen
Feldzug im Veltlin mit raschen entscheidenden Schlägen
zu Ende geführt. Die frischen Lorbeern von vier Siegen,
wie sie nur selten ein Feldherr erficht, verherrlichten
seinen Namen.

Diesmal hatte sich sein Talent kühn und freudig
entfaltet, denn der Kampf hatte den äußeren Feinden
Frankreichs gegolten, nicht auf französischem Boden
zwischen Kindern derselben Erde gewüthet. Während er
früher gezwungen gewesen, Landsleute gegen Landsleute,
seine calvinistischen Glaubensgenossen gegen das katho¬
lische Frankreich mit blutendem Herzen zu führen, so
befehligte er jetzt zum ersten Male ein aus beiden Be¬
kenntnissen verschmolzenes französisches Heer. Vor der
Schlacht von Morbegno, wo seine Schaar vor einer in

Zweites Kapitel.

Während der Sommer- und Herbſtmonate eines
einzigen Jahres hatte Herzog Heinrich Rohan ſeinen
Feldzug im Veltlin mit raſchen entſcheidenden Schlägen
zu Ende geführt. Die friſchen Lorbeern von vier Siegen,
wie ſie nur ſelten ein Feldherr erficht, verherrlichten
ſeinen Namen.

Diesmal hatte ſich ſein Talent kühn und freudig
entfaltet, denn der Kampf hatte den äußeren Feinden
Frankreichs gegolten, nicht auf franzöſiſchem Boden
zwiſchen Kindern derſelben Erde gewüthet. Während er
früher gezwungen geweſen, Landsleute gegen Landsleute,
ſeine calviniſtiſchen Glaubensgenoſſen gegen das katho¬
liſche Frankreich mit blutendem Herzen zu führen, ſo
befehligte er jetzt zum erſten Male ein aus beiden Be¬
kenntniſſen verſchmolzenes franzöſiſches Heer. Vor der
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[0243] Zweites Kapitel. Während der Sommer- und Herbſtmonate eines einzigen Jahres hatte Herzog Heinrich Rohan ſeinen Feldzug im Veltlin mit raſchen entſcheidenden Schlägen zu Ende geführt. Die friſchen Lorbeern von vier Siegen, wie ſie nur ſelten ein Feldherr erficht, verherrlichten ſeinen Namen. Diesmal hatte ſich ſein Talent kühn und freudig entfaltet, denn der Kampf hatte den äußeren Feinden Frankreichs gegolten, nicht auf franzöſiſchem Boden zwiſchen Kindern derſelben Erde gewüthet. Während er früher gezwungen geweſen, Landsleute gegen Landsleute, ſeine calviniſtiſchen Glaubensgenoſſen gegen das katho¬ liſche Frankreich mit blutendem Herzen zu führen, ſo befehligte er jetzt zum erſten Male ein aus beiden Be¬ kenntniſſen verſchmolzenes franzöſiſches Heer. Vor der Schlacht von Morbegno, wo ſeine Schaar vor einer in

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/243>, abgerufen am 27.11.2024.