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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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ihr das unabhängige Leben einer Burgherrin im Ringe
ihres Gesindes und ihrer Dorfleute vor Augen stellte.
Sie sehnte sich nach den alten Schloßräumen, um darin
den Haushalt ihres Vaters wieder aufzurichten. --
Auch schlummerte, ihr unbewußt, ein anderer Wider¬
spruch in ihrem Herzen: Sie konnte der Welt nicht
klösterlich entsagen, so lange Jürg in Thaten schwelgte
und immer größere Kampfbahnen sich vor ihm auf¬
schlossen.

In dem Meßbuche, welches aufgeschlagen neben dem
Fräulein auf dem Sims lag, hatte der durch das offene
Fenster spielende Bergwind schon lange ungestüm hin
und her geblättert, ohne daß Lucretia es gewahrte.
Jetzt aber wurde sie durch den Ton einer wohlbekann¬
ten Stimme aus ihren Träumen aufgeschreckt.

Sie trat an den Fensterbogen und erblickte neben
der Pförtnerin die braune Kutte des Paters Pancraz.
Sein keckes, sonneverbranntes Gesicht schaute diesmal
noch zuversichtlicher als gewöhnlich in die Welt und er
verlangte dringend ohne Aufschub vor das Fräulein
geführt zu werden, dem er glückhafte Nachricht zu brin¬
gen habe.

Kurz darauf trat er ein und verkündete seine
Botschaft: "Freuet Euch, Fräulein Lucretia! Ihr seid
wieder Herrin von Riedberg. Es beginnen die ver¬

ihr das unabhängige Leben einer Burgherrin im Ringe
ihres Geſindes und ihrer Dorfleute vor Augen ſtellte.
Sie ſehnte ſich nach den alten Schloßräumen, um darin
den Haushalt ihres Vaters wieder aufzurichten. —
Auch ſchlummerte, ihr unbewußt, ein anderer Wider¬
ſpruch in ihrem Herzen: Sie konnte der Welt nicht
klöſterlich entſagen, ſo lange Jürg in Thaten ſchwelgte
und immer größere Kampfbahnen ſich vor ihm auf¬
ſchloſſen.

In dem Meßbuche, welches aufgeſchlagen neben dem
Fräulein auf dem Sims lag, hatte der durch das offene
Fenſter ſpielende Bergwind ſchon lange ungeſtüm hin
und her geblättert, ohne daß Lucretia es gewahrte.
Jetzt aber wurde ſie durch den Ton einer wohlbekann¬
ten Stimme aus ihren Träumen aufgeſchreckt.

Sie trat an den Fenſterbogen und erblickte neben
der Pförtnerin die braune Kutte des Paters Pancraz.
Sein keckes, ſonneverbranntes Geſicht ſchaute diesmal
noch zuverſichtlicher als gewöhnlich in die Welt und er
verlangte dringend ohne Aufſchub vor das Fräulein
geführt zu werden, dem er glückhafte Nachricht zu brin¬
gen habe.

Kurz darauf trat er ein und verkündete ſeine
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wieder Herrin von Riedberg. Es beginnen die ver¬

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[231/0241] ihr das unabhängige Leben einer Burgherrin im Ringe ihres Geſindes und ihrer Dorfleute vor Augen ſtellte. Sie ſehnte ſich nach den alten Schloßräumen, um darin den Haushalt ihres Vaters wieder aufzurichten. — Auch ſchlummerte, ihr unbewußt, ein anderer Wider¬ ſpruch in ihrem Herzen: Sie konnte der Welt nicht klöſterlich entſagen, ſo lange Jürg in Thaten ſchwelgte und immer größere Kampfbahnen ſich vor ihm auf¬ ſchloſſen. In dem Meßbuche, welches aufgeſchlagen neben dem Fräulein auf dem Sims lag, hatte der durch das offene Fenſter ſpielende Bergwind ſchon lange ungeſtüm hin und her geblättert, ohne daß Lucretia es gewahrte. Jetzt aber wurde ſie durch den Ton einer wohlbekann¬ ten Stimme aus ihren Träumen aufgeſchreckt. Sie trat an den Fenſterbogen und erblickte neben der Pförtnerin die braune Kutte des Paters Pancraz. Sein keckes, ſonneverbranntes Geſicht ſchaute diesmal noch zuverſichtlicher als gewöhnlich in die Welt und er verlangte dringend ohne Aufſchub vor das Fräulein geführt zu werden, dem er glückhafte Nachricht zu brin¬ gen habe. Kurz darauf trat er ein und verkündete ſeine Botſchaft: „Freuet Euch, Fräulein Lucretia! Ihr ſeid wieder Herrin von Riedberg. Es beginnen die ver¬

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/241>, abgerufen am 27.11.2024.