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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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kurze Zeit ohne Zeugen fortzusetzen. Rohan wandte
sich freundlich zu Herrn Waser und sagte lächelnd:

"Gerade wollt' ich Euch bitten, die Herzogin über
das Loos des Hauptmanns Jenatsch, an welchem sie
mitleidigen Antheil nimmt, an meiner Statt vorläufig
zu beruhigen."

Geschmeichelt durch dies Wohlwollen und erfreut
der Ueberbringer einer guten Botschaft zu sein, beur¬
laubte sich der Zürcher und folgte einem Pagen, der
ihn der ungeduldig harrenden hohen Frau zuführte.

"Betrachtet, edler Herzog, es als ein Zeichen meiner
besondern Ergebenheit," begann der Venetianer, wenn
ich ganz gegen meine Gewohnheit mich nicht scheue auf¬
dringlich zu sein und den Vorwurf unzarten Eingreifens
in fremde Verhältnisse mir zuziehe. Abgesehen von
unsern gemeinsamen politischen Interessen bin ich über¬
zeugt, daß Ihr meine hohe Verehrung für Euren Cha¬
rakter genugsam kennt, um sie als einzige Triebfeder
und als Entschuldigung dieses außerordentlichen Schrittes
gelten zu lassen.

"Für Euch wollte ich diesen Mann unschädlich machen.
Ich kenne seine Vergangenheit. In Bünden, wo ich
vor Jahren die Interessen meiner Republik als Ge¬
sandter wahrnahm, habe ich ihn an der Spitze rasender

kurze Zeit ohne Zeugen fortzuſetzen. Rohan wandte
ſich freundlich zu Herrn Waſer und ſagte lächelnd:

„Gerade wollt' ich Euch bitten, die Herzogin über
das Loos des Hauptmanns Jenatſch, an welchem ſie
mitleidigen Antheil nimmt, an meiner Statt vorläufig
zu beruhigen.“

Geſchmeichelt durch dies Wohlwollen und erfreut
der Ueberbringer einer guten Botſchaft zu ſein, beur¬
laubte ſich der Zürcher und folgte einem Pagen, der
ihn der ungeduldig harrenden hohen Frau zuführte.

„Betrachtet, edler Herzog, es als ein Zeichen meiner
beſondern Ergebenheit,“ begann der Venetianer, wenn
ich ganz gegen meine Gewohnheit mich nicht ſcheue auf¬
dringlich zu ſein und den Vorwurf unzarten Eingreifens
in fremde Verhältniſſe mir zuziehe. Abgeſehen von
unſern gemeinſamen politiſchen Intereſſen bin ich über¬
zeugt, daß Ihr meine hohe Verehrung für Euren Cha¬
rakter genugſam kennt, um ſie als einzige Triebfeder
und als Entſchuldigung dieſes außerordentlichen Schrittes
gelten zu laſſen.

„Für Euch wollte ich dieſen Mann unſchädlich machen.
Ich kenne ſeine Vergangenheit. In Bünden, wo ich
vor Jahren die Intereſſen meiner Republik als Ge¬
ſandter wahrnahm, habe ich ihn an der Spitze raſender

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[201/0211] kurze Zeit ohne Zeugen fortzuſetzen. Rohan wandte ſich freundlich zu Herrn Waſer und ſagte lächelnd: „Gerade wollt' ich Euch bitten, die Herzogin über das Loos des Hauptmanns Jenatſch, an welchem ſie mitleidigen Antheil nimmt, an meiner Statt vorläufig zu beruhigen.“ Geſchmeichelt durch dies Wohlwollen und erfreut der Ueberbringer einer guten Botſchaft zu ſein, beur¬ laubte ſich der Zürcher und folgte einem Pagen, der ihn der ungeduldig harrenden hohen Frau zuführte. „Betrachtet, edler Herzog, es als ein Zeichen meiner beſondern Ergebenheit,“ begann der Venetianer, wenn ich ganz gegen meine Gewohnheit mich nicht ſcheue auf¬ dringlich zu ſein und den Vorwurf unzarten Eingreifens in fremde Verhältniſſe mir zuziehe. Abgeſehen von unſern gemeinſamen politiſchen Intereſſen bin ich über¬ zeugt, daß Ihr meine hohe Verehrung für Euren Cha¬ rakter genugſam kennt, um ſie als einzige Triebfeder und als Entſchuldigung dieſes außerordentlichen Schrittes gelten zu laſſen. „Für Euch wollte ich dieſen Mann unſchädlich machen. Ich kenne ſeine Vergangenheit. In Bünden, wo ich vor Jahren die Intereſſen meiner Republik als Ge¬ ſandter wahrnahm, habe ich ihn an der Spitze raſender

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/211>, abgerufen am 27.11.2024.