Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.rendes Zeugniß ablegt. -- Die Gleißner und Phari¬ Diesmal konnte sich Jenatsch eines herzlichen Lachens rendes Zeugniß ablegt. — Die Gleißner und Phari¬ Diesmal konnte ſich Jenatſch eines herzlichen Lachens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0170" n="160"/> rendes Zeugniß ablegt. — Die Gleißner und Phari¬<lb/> ſäer! . . . Wollt Ihr wiſſen, Hauptmann, was jeder<lb/> unſrer Rathsherren und Zunftmeiſter werth iſt? Ich<lb/> hatte neulich im Namen meines Herzogs,“ ſagte er,<lb/> ſeine Brieftaſche hervorziehend, „dem franzöſiſchen Ge¬<lb/> ſandten in Solothurn ein Heft zu überſchicken, worin<lb/> ihm ſein Verhalten in den verſchiedenen Möglichkeiten<lb/> des bevorſtehenden Feldzuges im Veltlin von meinem<lb/> Herrn vorgezeichnet wurde und erhielt es mit Rand¬<lb/> bemerkungen und Einlagen der Geſandtſchaft zurück.<lb/> Seht hier, was ich in Form eines zufällig ſtecken ge¬<lb/> bliebenen Buchzeichens zwiſchen den Blättern fand!“ —<lb/> Er entfaltete einen ſchmalen Papierſtreifen, auf dem<lb/> eine Reihe von Namen zürcheriſcher Standesperſonen<lb/> verzeichnet ſtand mit beigeſetzten höhern und niedrigern<lb/> Zahlen, neben welchen das verrätheriſche Livreszeichen<lb/> unverkennbar zu leſen war. Das Ganze ſtellte freilich<lb/> eine nur unbedeutende Summe dar.</p><lb/> <p>Diesmal konnte ſich Jenatſch eines herzlichen Lachens<lb/> nicht enthalten. „Das geſteh' ich! Eine großartige<lb/> Beſtechung!“ ſpottete er. „Wer konnte das ahnen!<lb/> Aber gerade daß ſie dieſes Taſchengeld ſo verſchämt und<lb/> vorſichtig einſtecken, das dürfen wir als einen ganz an¬<lb/> ſtändigen Reſt von Tugend nicht unterſchätzen. Unſre<lb/> Salis und Planta nehmen ausländiſches Gold mit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [160/0170]
rendes Zeugniß ablegt. — Die Gleißner und Phari¬
ſäer! . . . Wollt Ihr wiſſen, Hauptmann, was jeder
unſrer Rathsherren und Zunftmeiſter werth iſt? Ich
hatte neulich im Namen meines Herzogs,“ ſagte er,
ſeine Brieftaſche hervorziehend, „dem franzöſiſchen Ge¬
ſandten in Solothurn ein Heft zu überſchicken, worin
ihm ſein Verhalten in den verſchiedenen Möglichkeiten
des bevorſtehenden Feldzuges im Veltlin von meinem
Herrn vorgezeichnet wurde und erhielt es mit Rand¬
bemerkungen und Einlagen der Geſandtſchaft zurück.
Seht hier, was ich in Form eines zufällig ſtecken ge¬
bliebenen Buchzeichens zwiſchen den Blättern fand!“ —
Er entfaltete einen ſchmalen Papierſtreifen, auf dem
eine Reihe von Namen zürcheriſcher Standesperſonen
verzeichnet ſtand mit beigeſetzten höhern und niedrigern
Zahlen, neben welchen das verrätheriſche Livreszeichen
unverkennbar zu leſen war. Das Ganze ſtellte freilich
eine nur unbedeutende Summe dar.
Diesmal konnte ſich Jenatſch eines herzlichen Lachens
nicht enthalten. „Das geſteh' ich! Eine großartige
Beſtechung!“ ſpottete er. „Wer konnte das ahnen!
Aber gerade daß ſie dieſes Taſchengeld ſo verſchämt und
vorſichtig einſtecken, das dürfen wir als einen ganz an¬
ſtändigen Reſt von Tugend nicht unterſchätzen. Unſre
Salis und Planta nehmen ausländiſches Gold mit
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