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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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des Zürchers und eines Adjutanten des kalvinistischen
Herzogs den gelassensten Zuhörer befremden mußte.

Erst begann er mit einzelnen Probewürfen. Als
aber der Hauptmann, den zu reizen und bloßzulegen
er sich heute zur besondern Aufgabe gemacht hatte, den
Ball nicht auffing und zurückschickte, setzte er den from¬
men Vätern immer phantastischere Kronen auf. Sie
waren es, behauptete er dreist, die zuerst Sinn und
Verstand in die sich widersprechenden, menschen- und
staatsfeindlichen Lehren des unvermittelten Christenthums
gebracht hatten. Erst durch die Umarbeitung der christ¬
lichen Moral, die der kluge Orden unternommen, sei
diese annehmbar, ja verlockend geworden. So hätten
die unvergleichlichen Väter etwas ursprünglich Dunkles,
Unberechenbares, Weltfeindliches mit erstaunlicher Ge¬
schicklichkeit praktisch verwerthet und allen Bedürfnissen
und Bildungsstufen angepaßt.

"Kennt Ihr das Innere ihrer neuen Kirche?"
fragte er plötzlich, "sie ist, meiner Treu, so lustvoll und
heiter eingerichtet, wie ein Theater."

Der Bündner ließ dieses kecke und sprunghafte
Geplauder schweigend über sich ergehen, -- wie die große
Dogge, die in ihrer Hütte liegt, ungern, aber nur mit
leisem Knurren die Neckerei eines unterhaltungslustigen

des Zürchers und eines Adjutanten des kalviniſtiſchen
Herzogs den gelaſſenſten Zuhörer befremden mußte.

Erſt begann er mit einzelnen Probewürfen. Als
aber der Hauptmann, den zu reizen und bloßzulegen
er ſich heute zur beſondern Aufgabe gemacht hatte, den
Ball nicht auffing und zurückſchickte, ſetzte er den from¬
men Vätern immer phantaſtiſchere Kronen auf. Sie
waren es, behauptete er dreiſt, die zuerſt Sinn und
Verſtand in die ſich widerſprechenden, menſchen- und
ſtaatsfeindlichen Lehren des unvermittelten Chriſtenthums
gebracht hatten. Erſt durch die Umarbeitung der chriſt¬
lichen Moral, die der kluge Orden unternommen, ſei
dieſe annehmbar, ja verlockend geworden. So hätten
die unvergleichlichen Väter etwas urſprünglich Dunkles,
Unberechenbares, Weltfeindliches mit erſtaunlicher Ge¬
ſchicklichkeit praktiſch verwerthet und allen Bedürfniſſen
und Bildungsſtufen angepaßt.

„Kennt Ihr das Innere ihrer neuen Kirche?“
fragte er plötzlich, „ſie iſt, meiner Treu, ſo luſtvoll und
heiter eingerichtet, wie ein Theater.“

Der Bündner ließ dieſes kecke und ſprunghafte
Geplauder ſchweigend über ſich ergehen, — wie die große
Dogge, die in ihrer Hütte liegt, ungern, aber nur mit
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[157/0167] des Zürchers und eines Adjutanten des kalviniſtiſchen Herzogs den gelaſſenſten Zuhörer befremden mußte. Erſt begann er mit einzelnen Probewürfen. Als aber der Hauptmann, den zu reizen und bloßzulegen er ſich heute zur beſondern Aufgabe gemacht hatte, den Ball nicht auffing und zurückſchickte, ſetzte er den from¬ men Vätern immer phantaſtiſchere Kronen auf. Sie waren es, behauptete er dreiſt, die zuerſt Sinn und Verſtand in die ſich widerſprechenden, menſchen- und ſtaatsfeindlichen Lehren des unvermittelten Chriſtenthums gebracht hatten. Erſt durch die Umarbeitung der chriſt¬ lichen Moral, die der kluge Orden unternommen, ſei dieſe annehmbar, ja verlockend geworden. So hätten die unvergleichlichen Väter etwas urſprünglich Dunkles, Unberechenbares, Weltfeindliches mit erſtaunlicher Ge¬ ſchicklichkeit praktiſch verwerthet und allen Bedürfniſſen und Bildungsſtufen angepaßt. „Kennt Ihr das Innere ihrer neuen Kirche?“ fragte er plötzlich, „ſie iſt, meiner Treu, ſo luſtvoll und heiter eingerichtet, wie ein Theater.“ Der Bündner ließ dieſes kecke und ſprunghafte Geplauder ſchweigend über ſich ergehen, — wie die große Dogge, die in ihrer Hütte liegt, ungern, aber nur mit leiſem Knurren die Neckerei eines unterhaltungsluſtigen

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/167>, abgerufen am 24.11.2024.