Beute. Unter Gustav Adolfs Fahne konnte ein Bünd¬ ner freudig fechten; Blut und Leben für die protestan¬ tische Sache verströmend, war er sicher, daß es in Segensbächen zurückrinne in sein kleines Vaterland. -- Jetzt sehe Jeder zu, daß er heimkehre und für das Seine sorge."
"Glaubt Ihr denn, daß ein einzelner Mann, und wäre er Gustav Adolf, so schwer in der Schicksalswage der Welt wiege?" fragte rasch der widerspruchslustige Wertmüller. "Die Eifersucht der deutschen Fürsten hätte wie ein Geschling von Sumpfpflanzen seinen Fuß gehemmt, sein neidischer Bundesgenosse Richelieu hätte ihn, sobald er die Hand nach der deutschen Krone aus¬ streckte, arglistig zu Falle gebracht und erreicht hätte er nichts, als das Zusammenkrachen der alten verrosteten Maschine des heiligen römischen Reichs. -- Im Grunde erscheint mir der Schwedenkönig als ein frommes Ge¬ genstück zum Wallenstein. Dieser wird als gottloser Empörer schwarz wie der Teufel an die Wand gemalt und jener ist im Geruch der Heiligkeit gestorben; meines Erachtens aber haben beide unberechtigter Weise der Welt ihre willkürlichen Pläne aufgedrängt und beide sind wie feurige Meteore nach kurzem Glanze erloschen. Heute geht nun das Räderwerk der Welt wieder seinen geregelten Gang, wir rechnen wieder mit den gebräuch¬
Beute. Unter Guſtav Adolfs Fahne konnte ein Bünd¬ ner freudig fechten; Blut und Leben für die proteſtan¬ tiſche Sache verſtrömend, war er ſicher, daß es in Segensbächen zurückrinne in ſein kleines Vaterland. — Jetzt ſehe Jeder zu, daß er heimkehre und für das Seine ſorge.“
„Glaubt Ihr denn, daß ein einzelner Mann, und wäre er Guſtav Adolf, ſo ſchwer in der Schickſalswage der Welt wiege?“ fragte raſch der widerſpruchsluſtige Wertmüller. „Die Eiferſucht der deutſchen Fürſten hätte wie ein Geſchling von Sumpfpflanzen ſeinen Fuß gehemmt, ſein neidiſcher Bundesgenoſſe Richelieu hätte ihn, ſobald er die Hand nach der deutſchen Krone aus¬ ſtreckte, argliſtig zu Falle gebracht und erreicht hätte er nichts, als das Zuſammenkrachen der alten verroſteten Maſchine des heiligen römiſchen Reichs. — Im Grunde erſcheint mir der Schwedenkönig als ein frommes Ge¬ genſtück zum Wallenſtein. Dieſer wird als gottloſer Empörer ſchwarz wie der Teufel an die Wand gemalt und jener iſt im Geruch der Heiligkeit geſtorben; meines Erachtens aber haben beide unberechtigter Weiſe der Welt ihre willkürlichen Pläne aufgedrängt und beide ſind wie feurige Meteore nach kurzem Glanze erloſchen. Heute geht nun das Räderwerk der Welt wieder ſeinen geregelten Gang, wir rechnen wieder mit den gebräuch¬
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Beute. Unter Guſtav Adolfs Fahne konnte ein Bünd¬
ner freudig fechten; Blut und Leben für die proteſtan¬
tiſche Sache verſtrömend, war er ſicher, daß es in
Segensbächen zurückrinne in ſein kleines Vaterland. —
Jetzt ſehe Jeder zu, daß er heimkehre und für das
Seine ſorge.“
„Glaubt Ihr denn, daß ein einzelner Mann, und
wäre er Guſtav Adolf, ſo ſchwer in der Schickſalswage
der Welt wiege?“ fragte raſch der widerſpruchsluſtige
Wertmüller. „Die Eiferſucht der deutſchen Fürſten
hätte wie ein Geſchling von Sumpfpflanzen ſeinen Fuß
gehemmt, ſein neidiſcher Bundesgenoſſe Richelieu hätte
ihn, ſobald er die Hand nach der deutſchen Krone aus¬
ſtreckte, argliſtig zu Falle gebracht und erreicht hätte er
nichts, als das Zuſammenkrachen der alten verroſteten
Maſchine des heiligen römiſchen Reichs. — Im Grunde
erſcheint mir der Schwedenkönig als ein frommes Ge¬
genſtück zum Wallenſtein. Dieſer wird als gottloſer
Empörer ſchwarz wie der Teufel an die Wand gemalt
und jener iſt im Geruch der Heiligkeit geſtorben; meines
Erachtens aber haben beide unberechtigter Weiſe der
Welt ihre willkürlichen Pläne aufgedrängt und beide
ſind wie feurige Meteore nach kurzem Glanze erloſchen.
Heute geht nun das Räderwerk der Welt wieder ſeinen
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/163>, abgerufen am 27.11.2024.
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