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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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sorgfältig in ein Papier gewickelte Gabe des Herrn
Waser.

"Ein gutes Wort bei Grimani für Euch einzu¬
legen, Signor Jenatsch, das werd' ich mir noch heute
angelegen sein lassen," sprach der Herzog, als sie draußen
in der sonnigen Luft standen. " Er speist bei mir. Diesen
Abend, nachdem Ihr mir Zeit gelassen habt, ihn zu Euren
Gunsten zu stimmen, stellt Euch bei mir ein, ich habe
dann Muße, mich mit Euch über Eure Angelegenheiten
zu unterhalten. Die Interessen Eures Vaterlandes sind
auch die meinigen. Ich erwarte Euch zu früher Abend¬
stunde in meiner Wohnung am Canal grande. -- Wert¬
müller," rief er, "bis dahin begleitet den Hauptmann.
Ihr haftet mit Eurer Liebenswürdigkeit dafür, daß
mein Gast nicht anderwärts in dem verlockenden Vene¬
dig gefesselt wird. Unterhaltet ihn geistreich, bewirthet
ihn standesgemäß und bringt mir ihn pünktlich."

Die Herzogin war schon huldvoll grüßend in eine
der harrenden Gondeln getreten. Nun schied auch der
Herzog und nur Waser, welcher mit einigen Herren des
Gefolges die zweite zu benutzen Willens war, blieb noch
einen Augenblick zurück.

Er hatte die Unterredung des Herzogs mit seinem
Jugendgenossen, den er eine Reihe von Jahren aus den
Augen verloren, nicht stören wollen. Auch hatte er

ſorgfältig in ein Papier gewickelte Gabe des Herrn
Waſer.

„Ein gutes Wort bei Grimani für Euch einzu¬
legen, Signor Jenatſch, das werd' ich mir noch heute
angelegen ſein laſſen,“ ſprach der Herzog, als ſie draußen
in der ſonnigen Luft ſtanden. „ Er ſpeiſt bei mir. Dieſen
Abend, nachdem Ihr mir Zeit gelaſſen habt, ihn zu Euren
Gunſten zu ſtimmen, ſtellt Euch bei mir ein, ich habe
dann Muße, mich mit Euch über Eure Angelegenheiten
zu unterhalten. Die Intereſſen Eures Vaterlandes ſind
auch die meinigen. Ich erwarte Euch zu früher Abend¬
ſtunde in meiner Wohnung am Canal grande. — Wert¬
müller,“ rief er, „bis dahin begleitet den Hauptmann.
Ihr haftet mit Eurer Liebenswürdigkeit dafür, daß
mein Gaſt nicht anderwärts in dem verlockenden Vene¬
dig gefeſſelt wird. Unterhaltet ihn geiſtreich, bewirthet
ihn ſtandesgemäß und bringt mir ihn pünktlich.“

Die Herzogin war ſchon huldvoll grüßend in eine
der harrenden Gondeln getreten. Nun ſchied auch der
Herzog und nur Waſer, welcher mit einigen Herren des
Gefolges die zweite zu benutzen Willens war, blieb noch
einen Augenblick zurück.

Er hatte die Unterredung des Herzogs mit ſeinem
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[146/0156] ſorgfältig in ein Papier gewickelte Gabe des Herrn Waſer. „Ein gutes Wort bei Grimani für Euch einzu¬ legen, Signor Jenatſch, das werd' ich mir noch heute angelegen ſein laſſen,“ ſprach der Herzog, als ſie draußen in der ſonnigen Luft ſtanden. „ Er ſpeiſt bei mir. Dieſen Abend, nachdem Ihr mir Zeit gelaſſen habt, ihn zu Euren Gunſten zu ſtimmen, ſtellt Euch bei mir ein, ich habe dann Muße, mich mit Euch über Eure Angelegenheiten zu unterhalten. Die Intereſſen Eures Vaterlandes ſind auch die meinigen. Ich erwarte Euch zu früher Abend¬ ſtunde in meiner Wohnung am Canal grande. — Wert¬ müller,“ rief er, „bis dahin begleitet den Hauptmann. Ihr haftet mit Eurer Liebenswürdigkeit dafür, daß mein Gaſt nicht anderwärts in dem verlockenden Vene¬ dig gefeſſelt wird. Unterhaltet ihn geiſtreich, bewirthet ihn ſtandesgemäß und bringt mir ihn pünktlich.“ Die Herzogin war ſchon huldvoll grüßend in eine der harrenden Gondeln getreten. Nun ſchied auch der Herzog und nur Waſer, welcher mit einigen Herren des Gefolges die zweite zu benutzen Willens war, blieb noch einen Augenblick zurück. Er hatte die Unterredung des Herzogs mit ſeinem Jugendgenoſſen, den er eine Reihe von Jahren aus den Augen verloren, nicht ſtören wollen. Auch hatte er

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/156>, abgerufen am 27.11.2024.