Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.thalwärts abfließend, sich in einem Stücke saftig grünen Endlich tauchte ein Wanderer auf. Aus der west¬ Jetzt erreichte er die zwei römischen Säulen. Hier thalwärts abfließend, ſich in einem Stücke ſaftig grünen Endlich tauchte ein Wanderer auf. Aus der weſt¬ Jetzt erreichte er die zwei römiſchen Säulen. Hier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0015" n="5"/> thalwärts abfließend, ſich in einem Stücke ſaftig grünen<lb/> Raſens verlor, war ſein Spiegel von der Höhe des<lb/> Saumpfades aus ſichtbar. An dieſer grünen Stelle<lb/> erſchien jetzt und verſchwand wieder der braune Kopf<lb/> einer graſenden Stute und nach einer Weile weideten<lb/> zwei Pferde behaglich auf dem Raſenflecke und ein<lb/> drittes ſchlürfte die kalte Fluth.</p><lb/> <p>Endlich tauchte ein Wanderer auf. Aus der weſt¬<lb/> lichen Thalſchlucht heranſteigend, folgte er den Windun¬<lb/> gen des Saumpfades und näherte ſich der Paßhöhe.<lb/> Ein Bergbewohner, ein wettergebräunter Geſell war es<lb/> nicht. Er trug ſtädtiſche Tracht, und was er auf ſein<lb/> Felleiſen geſchnallt hatte ſchien ein leichter Rathsdegen<lb/> und ein Rathsherrenmäntelchen zu ſein. Dennoch ſchritt<lb/> er jugendlich elaſtiſch bergan und ſchaute ſich mit ſchnellen<lb/> klugen Blicken in der ihm fremdartigen Bergwelt um.</p><lb/> <p>Jetzt erreichte er die zwei römiſchen Säulen. Hier<lb/> entledigte er ſich ſeines Ränzchens, lehnte es an den<lb/> Fuß der einen Säule, wiſchte ſich den Schweiß mit<lb/> ſeinem ſaubern Taſchentuche vom Angeſicht und entdeckte<lb/> nun in der Höhlung der andern den kleinen Waſſer¬<lb/> behälter. Darin erfriſchte er ſich Stirn und Hände,<lb/> dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete mit<lb/> ehrfurchtsvoller Neugier ſein antikes Waſchbecken. Schnell<lb/> bedacht zog er eine lederne Brieftaſche hervor und be¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0015]
thalwärts abfließend, ſich in einem Stücke ſaftig grünen
Raſens verlor, war ſein Spiegel von der Höhe des
Saumpfades aus ſichtbar. An dieſer grünen Stelle
erſchien jetzt und verſchwand wieder der braune Kopf
einer graſenden Stute und nach einer Weile weideten
zwei Pferde behaglich auf dem Raſenflecke und ein
drittes ſchlürfte die kalte Fluth.
Endlich tauchte ein Wanderer auf. Aus der weſt¬
lichen Thalſchlucht heranſteigend, folgte er den Windun¬
gen des Saumpfades und näherte ſich der Paßhöhe.
Ein Bergbewohner, ein wettergebräunter Geſell war es
nicht. Er trug ſtädtiſche Tracht, und was er auf ſein
Felleiſen geſchnallt hatte ſchien ein leichter Rathsdegen
und ein Rathsherrenmäntelchen zu ſein. Dennoch ſchritt
er jugendlich elaſtiſch bergan und ſchaute ſich mit ſchnellen
klugen Blicken in der ihm fremdartigen Bergwelt um.
Jetzt erreichte er die zwei römiſchen Säulen. Hier
entledigte er ſich ſeines Ränzchens, lehnte es an den
Fuß der einen Säule, wiſchte ſich den Schweiß mit
ſeinem ſaubern Taſchentuche vom Angeſicht und entdeckte
nun in der Höhlung der andern den kleinen Waſſer¬
behälter. Darin erfriſchte er ſich Stirn und Hände,
dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete mit
ehrfurchtsvoller Neugier ſein antikes Waſchbecken. Schnell
bedacht zog er eine lederne Brieftaſche hervor und be¬
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/15>, abgerufen am 22.07.2024. |