wahrhaft weltgeschichtlichen Akt. Frankreich zweideutelte damals zwischen Licht und Nacht, zwischen protestanti¬ scher und katholischer Politik. Dem beschloß das zu Da¬ vos versammelte Strafgericht in seiner Weisheit herzhaft ein Ende zu machen. An den Gesandten Frankreichs, -- der Gueffier war's, er hielt damals Hof in Maienfeld, -- schickte es eines seiner Mitglieder, einen schlichten Bür¬ ger, einen einfachen Prädikanten, der dem Franzosen Befehl überbrachte, augenblicklich einzupacken, . . . und dieser tapfere Republikaner, Euer Gnaden, war niemand anderes, als Lorenz Fausch, der hier vor Euch steht. Jetzt aber hättet Ihr sehen sollen, wie der Franzose seinen Hut vom Kopfe riß, und ihn wie toll mit den Füßen zerstampfte. "Einen Salis oder Planta minde¬ stens hätte man an mich abordnen sollen," schrie er wüthend, "nicht einen solchen . . ." hier hielt Fausch inne und besann sich --
"Weinschlauch! -- dies ist des denkwürdigen Dia¬ logs beglaubigter Wortlaut," erscholl es mit heller mäch¬ tiger Stimme von dem offenen Eingange her, der in diesem Augenblicke durch eine große Gestalt, welche auf die Schwelle trat, verdunkelt ward, und vor dem er¬ staunt sich umwendenden Bäcker stand ein Kriegsmann von gewaltiger Statur und herrischem Blick.
"Sagte er wirklich so, Jürg?" faßte sich der be¬
wahrhaft weltgeſchichtlichen Akt. Frankreich zweideutelte damals zwiſchen Licht und Nacht, zwiſchen proteſtanti¬ ſcher und katholiſcher Politik. Dem beſchloß das zu Da¬ vos verſammelte Strafgericht in ſeiner Weisheit herzhaft ein Ende zu machen. An den Geſandten Frankreichs, — der Gueffier war's, er hielt damals Hof in Maienfeld, — ſchickte es eines ſeiner Mitglieder, einen ſchlichten Bür¬ ger, einen einfachen Prädikanten, der dem Franzoſen Befehl überbrachte, augenblicklich einzupacken, . . . und dieſer tapfere Republikaner, Euer Gnaden, war niemand anderes, als Lorenz Fauſch, der hier vor Euch ſteht. Jetzt aber hättet Ihr ſehen ſollen, wie der Franzoſe ſeinen Hut vom Kopfe riß, und ihn wie toll mit den Füßen zerſtampfte. „Einen Salis oder Planta minde¬ ſtens hätte man an mich abordnen ſollen,“ ſchrie er wüthend, „nicht einen ſolchen . . .“ hier hielt Fauſch inne und beſann ſich —
„Weinſchlauch! — dies iſt des denkwürdigen Dia¬ logs beglaubigter Wortlaut,“ erſcholl es mit heller mäch¬ tiger Stimme von dem offenen Eingange her, der in dieſem Augenblicke durch eine große Geſtalt, welche auf die Schwelle trat, verdunkelt ward, und vor dem er¬ ſtaunt ſich umwendenden Bäcker ſtand ein Kriegsmann von gewaltiger Statur und herriſchem Blick.
„Sagte er wirklich ſo, Jürg?“ faßte ſich der be¬
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wahrhaft weltgeſchichtlichen Akt. Frankreich zweideutelte
damals zwiſchen Licht und Nacht, zwiſchen proteſtanti¬
ſcher und katholiſcher Politik. Dem beſchloß das zu Da¬
vos verſammelte Strafgericht in ſeiner Weisheit herzhaft
ein Ende zu machen. An den Geſandten Frankreichs, —
der Gueffier war's, er hielt damals Hof in Maienfeld, —
ſchickte es eines ſeiner Mitglieder, einen ſchlichten Bür¬
ger, einen einfachen Prädikanten, der dem Franzoſen
Befehl überbrachte, augenblicklich einzupacken, . . . und
dieſer tapfere Republikaner, Euer Gnaden, war niemand
anderes, als Lorenz Fauſch, der hier vor Euch ſteht.
Jetzt aber hättet Ihr ſehen ſollen, wie der Franzoſe
ſeinen Hut vom Kopfe riß, und ihn wie toll mit den
Füßen zerſtampfte. „Einen Salis oder Planta minde¬
ſtens hätte man an mich abordnen ſollen,“ ſchrie er
wüthend, „nicht einen ſolchen . . .“ hier hielt Fauſch
inne und beſann ſich —
„Weinſchlauch! — dies iſt des denkwürdigen Dia¬
logs beglaubigter Wortlaut,“ erſcholl es mit heller mäch¬
tiger Stimme von dem offenen Eingange her, der in
dieſem Augenblicke durch eine große Geſtalt, welche auf
die Schwelle trat, verdunkelt ward, und vor dem er¬
ſtaunt ſich umwendenden Bäcker ſtand ein Kriegsmann
von gewaltiger Statur und herriſchem Blick.
„Sagte er wirklich ſo, Jürg?“ faßte ſich der be¬
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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/136>, abgerufen am 27.11.2024.
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