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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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und der Märtyrer Blasius Alexander die Thaten eines
Leonidas und Epaminondas vollbrachten, hätten wir
Alle uns lieber, die Brust mit Wunden bedeckt, in ein
breites Grab reihen lassen, als in das welsche Heer,
und unsere Seelen eher dem leibhaftigen Teufel über¬
geben, als dem französischen Cardinal!"

Der junge Wertmüller, den die Scene insgeheim
köstlich belustigte, war im Begriffe, den begeisterten Bäcker
auf die Seite schiebend, die Thür zu gewinnen, konnte
sich aber die Schlußbemerkung nicht versagen: "So
weit ich die Weltgeschichte kenne, Vater Lorenz, seid
Ihr darin nicht berücksichtigt."

Jetzt ergriff ihn Fausch heftig aber freundschaftlich
bei der Hand: "Wie wird heutzutage Historia geschrie¬
ben, Herr Locotenent? Saftlos und ohne Gewissen¬
haftigkeit ! Die Tradition jedoch der volksthümlich großen
Thaten erlischt nicht, auch wenn ein pedantischer Ge¬
schichtsschreiber sie heimtückisch unter den Scheffel stellen
sollte. Sie geht über Berg und Thal von Mund zu
Munde und aus dem meinigen sollt Ihr ein Euch un¬
bekanntes, wichtiges Blatt unserer Bündnergeschichten
kennen lernen."

"Anno zwanzig, als die edle Demokratie in unserem
Lande herrschte, vollzog sie einen großartigen, einen

und der Märtyrer Blaſius Alexander die Thaten eines
Leonidas und Epaminondas vollbrachten, hätten wir
Alle uns lieber, die Bruſt mit Wunden bedeckt, in ein
breites Grab reihen laſſen, als in das welſche Heer,
und unſere Seelen eher dem leibhaftigen Teufel über¬
geben, als dem franzöſiſchen Cardinal!“

Der junge Wertmüller, den die Scene insgeheim
köſtlich beluſtigte, war im Begriffe, den begeiſterten Bäcker
auf die Seite ſchiebend, die Thür zu gewinnen, konnte
ſich aber die Schlußbemerkung nicht verſagen: „So
weit ich die Weltgeſchichte kenne, Vater Lorenz, ſeid
Ihr darin nicht berückſichtigt.“

Jetzt ergriff ihn Fauſch heftig aber freundſchaftlich
bei der Hand: „Wie wird heutzutage Hiſtoria geſchrie¬
ben, Herr Locotenent? Saftlos und ohne Gewiſſen¬
haftigkeit ! Die Tradition jedoch der volksthümlich großen
Thaten erliſcht nicht, auch wenn ein pedantiſcher Ge¬
ſchichtsſchreiber ſie heimtückiſch unter den Scheffel ſtellen
ſollte. Sie geht über Berg und Thal von Mund zu
Munde und aus dem meinigen ſollt Ihr ein Euch un¬
bekanntes, wichtiges Blatt unſerer Bündnergeſchichten
kennen lernen.“

„Anno zwanzig, als die edle Demokratie in unſerem
Lande herrſchte, vollzog ſie einen großartigen, einen

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[125/0135] und der Märtyrer Blaſius Alexander die Thaten eines Leonidas und Epaminondas vollbrachten, hätten wir Alle uns lieber, die Bruſt mit Wunden bedeckt, in ein breites Grab reihen laſſen, als in das welſche Heer, und unſere Seelen eher dem leibhaftigen Teufel über¬ geben, als dem franzöſiſchen Cardinal!“ Der junge Wertmüller, den die Scene insgeheim köſtlich beluſtigte, war im Begriffe, den begeiſterten Bäcker auf die Seite ſchiebend, die Thür zu gewinnen, konnte ſich aber die Schlußbemerkung nicht verſagen: „So weit ich die Weltgeſchichte kenne, Vater Lorenz, ſeid Ihr darin nicht berückſichtigt.“ Jetzt ergriff ihn Fauſch heftig aber freundſchaftlich bei der Hand: „Wie wird heutzutage Hiſtoria geſchrie¬ ben, Herr Locotenent? Saftlos und ohne Gewiſſen¬ haftigkeit ! Die Tradition jedoch der volksthümlich großen Thaten erliſcht nicht, auch wenn ein pedantiſcher Ge¬ ſchichtsſchreiber ſie heimtückiſch unter den Scheffel ſtellen ſollte. Sie geht über Berg und Thal von Mund zu Munde und aus dem meinigen ſollt Ihr ein Euch un¬ bekanntes, wichtiges Blatt unſerer Bündnergeſchichten kennen lernen.“ „Anno zwanzig, als die edle Demokratie in unſerem Lande herrſchte, vollzog ſie einen großartigen, einen

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/135>, abgerufen am 24.11.2024.