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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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unerschütterlich geweigert, den reformirten Glauben ab¬
zuschwören, und wie er schließlich zum Verluste der
rechten Hand und des Hauptes verurtheilt wurde. Da
seine Rechte abgeschnitten auf dem Blocke lag, habe er
bereitwillig auch die Linke ausgestreckt, als könne er sich
des Marterthums nicht ersättigen.

Um sein Gemüth zu beruhigen, machte Waser gegen
seine Gewohnheit einen raschen Gang um die beschneiten
Schanzen der Stadt. Als er in seine dunkle Stube
zurückkehrte und Feuer schlug, um seine Lampe anzu¬
zünden, gewahrte er in der Fensternische eine hohe Ge¬
stalt, die ihm nun festen Schrittes entgegentrat und ihm
die Hand auf die Schulter legte. Es war Jürg Jenatsch.

"Erschrick mir nicht, Heinrich," sagte er sanft, "ich
komme nur für eine Nacht und verlasse Eure Mauern,
so bald in der Frühe ein Thor aufgeht. Hast Du Platz
für mich in Deinem Kämmerlein, wie ehedem? . . . .
In Bünden hab' ich nichts mehr zu thun. Da ist Alles
verloren -- wer weiß für wie lange. Ich gehe zum
Mansfeld. Dort auf dem großen deutschen Kampfplatze
entscheidet sich mit Sieg oder Niederlage der protestan¬
tischen Waffen auch das Loos meiner Heimat." --


unerſchütterlich geweigert, den reformirten Glauben ab¬
zuſchwören, und wie er ſchließlich zum Verluſte der
rechten Hand und des Hauptes verurtheilt wurde. Da
ſeine Rechte abgeſchnitten auf dem Blocke lag, habe er
bereitwillig auch die Linke ausgeſtreckt, als könne er ſich
des Marterthums nicht erſättigen.

Um ſein Gemüth zu beruhigen, machte Waſer gegen
ſeine Gewohnheit einen raſchen Gang um die beſchneiten
Schanzen der Stadt. Als er in ſeine dunkle Stube
zurückkehrte und Feuer ſchlug, um ſeine Lampe anzu¬
zünden, gewahrte er in der Fenſterniſche eine hohe Ge¬
ſtalt, die ihm nun feſten Schrittes entgegentrat und ihm
die Hand auf die Schulter legte. Es war Jürg Jenatſch.

„Erſchrick mir nicht, Heinrich,“ ſagte er ſanft, „ich
komme nur für eine Nacht und verlaſſe Eure Mauern,
ſo bald in der Frühe ein Thor aufgeht. Haſt Du Platz
für mich in Deinem Kämmerlein, wie ehedem? . . . .
In Bünden hab' ich nichts mehr zu thun. Da iſt Alles
verloren — wer weiß für wie lange. Ich gehe zum
Mansfeld. Dort auf dem großen deutſchen Kampfplatze
entſcheidet ſich mit Sieg oder Niederlage der proteſtan¬
tiſchen Waffen auch das Loos meiner Heimat.“ —


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[114/0124] unerſchütterlich geweigert, den reformirten Glauben ab¬ zuſchwören, und wie er ſchließlich zum Verluſte der rechten Hand und des Hauptes verurtheilt wurde. Da ſeine Rechte abgeſchnitten auf dem Blocke lag, habe er bereitwillig auch die Linke ausgeſtreckt, als könne er ſich des Marterthums nicht erſättigen. Um ſein Gemüth zu beruhigen, machte Waſer gegen ſeine Gewohnheit einen raſchen Gang um die beſchneiten Schanzen der Stadt. Als er in ſeine dunkle Stube zurückkehrte und Feuer ſchlug, um ſeine Lampe anzu¬ zünden, gewahrte er in der Fenſterniſche eine hohe Ge¬ ſtalt, die ihm nun feſten Schrittes entgegentrat und ihm die Hand auf die Schulter legte. Es war Jürg Jenatſch. „Erſchrick mir nicht, Heinrich,“ ſagte er ſanft, „ich komme nur für eine Nacht und verlaſſe Eure Mauern, ſo bald in der Frühe ein Thor aufgeht. Haſt Du Platz für mich in Deinem Kämmerlein, wie ehedem? . . . . In Bünden hab' ich nichts mehr zu thun. Da iſt Alles verloren — wer weiß für wie lange. Ich gehe zum Mansfeld. Dort auf dem großen deutſchen Kampfplatze entſcheidet ſich mit Sieg oder Niederlage der proteſtan¬ tiſchen Waffen auch das Loos meiner Heimat.“ —

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/124>, abgerufen am 24.11.2024.