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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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Bemerkung: in dieser Zeit, wo den Guten jede Macht
genommen sei, bleibe die Bestrafung der Bösen das
einzige Zeichen einer waltenden Vorsehung, und mit dem
trostlosen Ausrufe: "Wehe, Rhätia, wehe Dir!"

Dieser Weheruf war nicht unberechtigt, das lehrte
die nächste Zukunft. Nach einigen flüchtigen Sonnen¬
blicken, die eine bessere Wendung der Dinge für Bün¬
den zu versprechen schienen, erfüllten sich seine Geschicke.
Bevor seit der Ermordung des Herrn Pompejus ein
Jahr um war, überschwemmten österreichische und spa¬
nische Heerhaufen die rhätischen Lande. Das Volk
erhob sich zum Verzweiflungskampfe, selbst Frauen und
Mädchen schwangen rohe todbringende Waffen. Jenatsch
troff von Blut und seine übermenschliche Tapferkeit
wurde zur Legende. So erschlug er Hunderte von Oester¬
reichern, meldet die Sage, bei Klosters in offener Feld¬
schlacht, er allein mit drei Genossen.

Die heldenmüthigen Bündner wurden von der
Uebermacht erdrückt. Waser sah eines nach dem andern
ihrer flüchtigen Häupter in Zürich anlangen. Es kam
ein Salis, ein Ruinell, ein Bioland, -- Jürg Jenatsch
kam nicht. Wohl mochte es ihm schwer werden, das
Bollwerk seiner Berge zu verlassen.

Furcht vor dem übermächtigen Oesterreich lähmte
diesmal die Gastfreundschaft der Stadt Zürich, die sie

Bemerkung: in dieſer Zeit, wo den Guten jede Macht
genommen ſei, bleibe die Beſtrafung der Böſen das
einzige Zeichen einer waltenden Vorſehung, und mit dem
troſtloſen Ausrufe: „Wehe, Rhätia, wehe Dir!“

Dieſer Weheruf war nicht unberechtigt, das lehrte
die nächſte Zukunft. Nach einigen flüchtigen Sonnen¬
blicken, die eine beſſere Wendung der Dinge für Bün¬
den zu verſprechen ſchienen, erfüllten ſich ſeine Geſchicke.
Bevor ſeit der Ermordung des Herrn Pompejus ein
Jahr um war, überſchwemmten öſterreichiſche und ſpa¬
niſche Heerhaufen die rhätiſchen Lande. Das Volk
erhob ſich zum Verzweiflungskampfe, ſelbſt Frauen und
Mädchen ſchwangen rohe todbringende Waffen. Jenatſch
troff von Blut und ſeine übermenſchliche Tapferkeit
wurde zur Legende. So erſchlug er Hunderte von Oeſter¬
reichern, meldet die Sage, bei Kloſters in offener Feld¬
ſchlacht, er allein mit drei Genoſſen.

Die heldenmüthigen Bündner wurden von der
Uebermacht erdrückt. Waſer ſah eines nach dem andern
ihrer flüchtigen Häupter in Zürich anlangen. Es kam
ein Salis, ein Ruinell, ein Bioland, — Jürg Jenatſch
kam nicht. Wohl mochte es ihm ſchwer werden, das
Bollwerk ſeiner Berge zu verlaſſen.

Furcht vor dem übermächtigen Oeſterreich lähmte
diesmal die Gaſtfreundſchaft der Stadt Zürich, die ſie

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[112/0122] Bemerkung: in dieſer Zeit, wo den Guten jede Macht genommen ſei, bleibe die Beſtrafung der Böſen das einzige Zeichen einer waltenden Vorſehung, und mit dem troſtloſen Ausrufe: „Wehe, Rhätia, wehe Dir!“ Dieſer Weheruf war nicht unberechtigt, das lehrte die nächſte Zukunft. Nach einigen flüchtigen Sonnen¬ blicken, die eine beſſere Wendung der Dinge für Bün¬ den zu verſprechen ſchienen, erfüllten ſich ſeine Geſchicke. Bevor ſeit der Ermordung des Herrn Pompejus ein Jahr um war, überſchwemmten öſterreichiſche und ſpa¬ niſche Heerhaufen die rhätiſchen Lande. Das Volk erhob ſich zum Verzweiflungskampfe, ſelbſt Frauen und Mädchen ſchwangen rohe todbringende Waffen. Jenatſch troff von Blut und ſeine übermenſchliche Tapferkeit wurde zur Legende. So erſchlug er Hunderte von Oeſter¬ reichern, meldet die Sage, bei Kloſters in offener Feld¬ ſchlacht, er allein mit drei Genoſſen. Die heldenmüthigen Bündner wurden von der Uebermacht erdrückt. Waſer ſah eines nach dem andern ihrer flüchtigen Häupter in Zürich anlangen. Es kam ein Salis, ein Ruinell, ein Bioland, — Jürg Jenatſch kam nicht. Wohl mochte es ihm ſchwer werden, das Bollwerk ſeiner Berge zu verlaſſen. Furcht vor dem übermächtigen Oeſterreich lähmte diesmal die Gaſtfreundſchaft der Stadt Zürich, die ſie

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/122>, abgerufen am 27.11.2024.