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Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876.

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zu einer ausführlichen und, wie er sich schmeichelte, völlig
vorurtheilslosen Geschichte seines Vaterlandes zu ver¬
arbeiten. Mit diesem wohlunterrichteten Manne unter¬
hielt die Regierung von Zürich Beziehungen, um, wie
sich Jenatsch ausgedrückt hatte, auf dem Laufenden
zu bleiben. Der Ritter beobachtete die Vorsicht, seine
Briefe nicht an die Staatskanzlei, sondern an Heinrich
Waser, den Privatmann, zu richten.

Das Schreiben, welches dieser in schweren Gedanken
immer und immer wieder las und unbewußt mit häu¬
figen Thränen benetzte, trug das Datum: Chur, den
27. Februar 1621. Es erzählte das verhängnißvolle
Ereigniß in einer Sprache, welche die zornige Erregung
des Berichterstatters verrieth.

In der Nacht vom vierundzwanzigsten auf den
fünfundzwanzigsten hätten sich die Führer der Volks¬
partei von Grüsch im Prätigau, dem Sitze ihrer Ver¬
schwörung, aufgemacht, zwanzig Mann stark, alle gut
bewaffnet und beritten, voran der wahnwitzige Blasius
Alexander und der teuflische Jenatsch. In rasendem
Ritte durch das schlafende Land und die finstere föhn¬
warme Nacht brausend, seien sie im Morgengrauen wie
Gespenster vor Riedberg aufgetaucht, haben das Thor
mit Axthieben gesprengt, seien ohne ernstlichen Wider¬
stand der schlummertrunkenen entsetzten Dienerschaft in

zu einer ausführlichen und, wie er ſich ſchmeichelte, völlig
vorurtheilsloſen Geſchichte ſeines Vaterlandes zu ver¬
arbeiten. Mit dieſem wohlunterrichteten Manne unter¬
hielt die Regierung von Zürich Beziehungen, um, wie
ſich Jenatſch ausgedrückt hatte, auf dem Laufenden
zu bleiben. Der Ritter beobachtete die Vorſicht, ſeine
Briefe nicht an die Staatskanzlei, ſondern an Heinrich
Waſer, den Privatmann, zu richten.

Das Schreiben, welches dieſer in ſchweren Gedanken
immer und immer wieder las und unbewußt mit häu¬
figen Thränen benetzte, trug das Datum: Chur, den
27. Februar 1621. Es erzählte das verhängnißvolle
Ereigniß in einer Sprache, welche die zornige Erregung
des Berichterſtatters verrieth.

In der Nacht vom vierundzwanzigſten auf den
fünfundzwanzigſten hätten ſich die Führer der Volks¬
partei von Grüſch im Prätigau, dem Sitze ihrer Ver¬
ſchwörung, aufgemacht, zwanzig Mann ſtark, alle gut
bewaffnet und beritten, voran der wahnwitzige Blaſius
Alexander und der teufliſche Jenatſch. In raſendem
Ritte durch das ſchlafende Land und die finſtere föhn¬
warme Nacht brauſend, ſeien ſie im Morgengrauen wie
Geſpenſter vor Riedberg aufgetaucht, haben das Thor
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[110/0120] zu einer ausführlichen und, wie er ſich ſchmeichelte, völlig vorurtheilsloſen Geſchichte ſeines Vaterlandes zu ver¬ arbeiten. Mit dieſem wohlunterrichteten Manne unter¬ hielt die Regierung von Zürich Beziehungen, um, wie ſich Jenatſch ausgedrückt hatte, auf dem Laufenden zu bleiben. Der Ritter beobachtete die Vorſicht, ſeine Briefe nicht an die Staatskanzlei, ſondern an Heinrich Waſer, den Privatmann, zu richten. Das Schreiben, welches dieſer in ſchweren Gedanken immer und immer wieder las und unbewußt mit häu¬ figen Thränen benetzte, trug das Datum: Chur, den 27. Februar 1621. Es erzählte das verhängnißvolle Ereigniß in einer Sprache, welche die zornige Erregung des Berichterſtatters verrieth. In der Nacht vom vierundzwanzigſten auf den fünfundzwanzigſten hätten ſich die Führer der Volks¬ partei von Grüſch im Prätigau, dem Sitze ihrer Ver¬ ſchwörung, aufgemacht, zwanzig Mann ſtark, alle gut bewaffnet und beritten, voran der wahnwitzige Blaſius Alexander und der teufliſche Jenatſch. In raſendem Ritte durch das ſchlafende Land und die finſtere föhn¬ warme Nacht brauſend, ſeien ſie im Morgengrauen wie Geſpenſter vor Riedberg aufgetaucht, haben das Thor mit Axthieben geſprengt, ſeien ohne ernſtlichen Wider¬ ſtand der ſchlummertrunkenen entſetzten Dienerſchaft in

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Georg Jenatsch. Leipzig, 1876, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_jenatsch_1876/120>, abgerufen am 24.11.2024.