Schlummernd jüngst in Waldesraum Hatt' ich einen hübschen Traum: Etwas regt sich in der Hecke, Etwas klimpert im Verstecke.
Das Gesträuch mit leiser Hand Theilt' ich, bis das Nest ich fand: Kinder, rings im Grase sitzend, Mit den hellen Augen blitzend!
Rutschend auf dem nackten Knie, Stimmten eine Laute sie -- "Sagt, was lagert ihr im Runde? Sprecht, was schaffet ihr im Bunde?"
Auf das zarte Werk erpicht, Hörten sie die Frage nicht. "Seht, wie ist sie zugerichtet! Wundgerissen! Fast vernichtet!"
Emsig ward geklopft, gespäht, An den Saiten flink gedreht, Ließen eine tiefer klingen, Ließen eine hohe springen, --
Die Lautenſtimmer.
Schlummernd jüngſt in Waldesraum Hatt' ich einen hübſchen Traum: Etwas regt ſich in der Hecke, Etwas klimpert im Verſtecke.
Das Geſträuch mit leiſer Hand Theilt' ich, bis das Neſt ich fand: Kinder, rings im Graſe ſitzend, Mit den hellen Augen blitzend!
Rutſchend auf dem nackten Knie, Stimmten eine Laute ſie — „Sagt, was lagert ihr im Runde? Sprecht, was ſchaffet ihr im Bunde?“
Auf das zarte Werk erpicht, Hörten ſie die Frage nicht. „Seht, wie iſt ſie zugerichtet! Wundgeriſſen! Faſt vernichtet!“
Emſig ward geklopft, geſpäht, An den Saiten flink gedreht, Ließen eine tiefer klingen, Ließen eine hohe ſpringen, —
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbn="43"facs="#f0057"/></div><divn="2"><head>Die Lautenſtimmer.<lb/></head><lgtype="poem"><lgn="1"><l>Schlummernd jüngſt in Waldesraum</l><lb/><l>Hatt' ich einen hübſchen Traum:</l><lb/><l>Etwas regt ſich in der Hecke,</l><lb/><l>Etwas klimpert im Verſtecke.</l><lb/></lg><lgn="2"><l>Das Geſträuch mit leiſer Hand</l><lb/><l>Theilt' ich, bis das Neſt ich fand:</l><lb/><l>Kinder, rings im Graſe ſitzend,</l><lb/><l>Mit den hellen Augen blitzend!</l><lb/></lg><lgn="3"><l>Rutſchend auf dem nackten Knie,</l><lb/><l>Stimmten eine Laute ſie —</l><lb/><l>„Sagt, was lagert ihr im Runde?</l><lb/><l>Sprecht, was ſchaffet ihr im Bunde?“</l><lb/></lg><lgn="4"><l>Auf das zarte Werk erpicht,</l><lb/><l>Hörten ſie die Frage nicht.</l><lb/><l>„Seht, wie iſt ſie zugerichtet!</l><lb/><l>Wundgeriſſen! Faſt vernichtet!“</l><lb/></lg><lgn="5"><l>Emſig ward geklopft, geſpäht,</l><lb/><l>An den Saiten flink gedreht,</l><lb/><l>Ließen eine tiefer klingen,</l><lb/><l>Ließen eine hohe ſpringen, —</l><lb/></lg></lg></div></div></body></text></TEI>
[43/0057]
Die Lautenſtimmer.
Schlummernd jüngſt in Waldesraum
Hatt' ich einen hübſchen Traum:
Etwas regt ſich in der Hecke,
Etwas klimpert im Verſtecke.
Das Geſträuch mit leiſer Hand
Theilt' ich, bis das Neſt ich fand:
Kinder, rings im Graſe ſitzend,
Mit den hellen Augen blitzend!
Rutſchend auf dem nackten Knie,
Stimmten eine Laute ſie —
„Sagt, was lagert ihr im Runde?
Sprecht, was ſchaffet ihr im Bunde?“
Auf das zarte Werk erpicht,
Hörten ſie die Frage nicht.
„Seht, wie iſt ſie zugerichtet!
Wundgeriſſen! Faſt vernichtet!“
Emſig ward geklopft, geſpäht,
An den Saiten flink gedreht,
Ließen eine tiefer klingen,
Ließen eine hohe ſpringen, —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/57>, abgerufen am 03.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.