Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Die gefesselten Musen. Es herrscht' ein König irgendwo In Dazien oder Thrazien, Den suchten einst die Musen heim, Die Musen mit den Grazien. Statt milden Nectars Rebenblut Geruhten sie zu nippen, Die Seele des Barbaren hing An ihren sel'gen Lippen. Erst sang ein jedes Himmelskind Im Tone, der ihm eigen, Dann schritt der ganze Chor im Tact Und trat den blüh'nden Reigen. Der König klatschte: "Morgen will
Ich wieder euch bestaunen." Die Musen schüttelten das Haupt: "Das hangt an unsern Launen." Die gefeſſelten Muſen. Es herrſcht' ein König irgendwo In Dazien oder Thrazien, Den ſuchten einſt die Muſen heim, Die Muſen mit den Grazien. Statt milden Nectars Rebenblut Geruhten ſie zu nippen, Die Seele des Barbaren hing An ihren ſel'gen Lippen. Erſt ſang ein jedes Himmelskind Im Tone, der ihm eigen, Dann ſchritt der ganze Chor im Tact Und trat den blüh'nden Reigen. Der König klatſchte: „Morgen will
Ich wieder euch beſtaunen.“ Die Muſen ſchüttelten das Haupt: „Das hangt an unſern Launen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0045" n="31"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Die gefeſſelten Muſen.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es herrſcht' ein König irgendwo</l><lb/> <l>In Dazien oder Thrazien,</l><lb/> <l>Den ſuchten einſt die Muſen heim,</l><lb/> <l>Die Muſen mit den Grazien.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Statt milden Nectars Rebenblut</l><lb/> <l>Geruhten ſie zu nippen,</l><lb/> <l>Die Seele des Barbaren hing</l><lb/> <l>An ihren ſel'gen Lippen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Erſt ſang ein jedes Himmelskind</l><lb/> <l>Im Tone, der ihm eigen,</l><lb/> <l>Dann ſchritt der ganze Chor im Tact</l><lb/> <l>Und trat den blüh'nden Reigen.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Der König klatſchte: „Morgen will</l><lb/> <l>Ich wieder euch beſtaunen.“</l><lb/> <l>Die Muſen ſchüttelten das Haupt:</l><lb/> <l>„Das hangt an unſern Launen.“</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0045]
Die gefeſſelten Muſen.
Es herrſcht' ein König irgendwo
In Dazien oder Thrazien,
Den ſuchten einſt die Muſen heim,
Die Muſen mit den Grazien.
Statt milden Nectars Rebenblut
Geruhten ſie zu nippen,
Die Seele des Barbaren hing
An ihren ſel'gen Lippen.
Erſt ſang ein jedes Himmelskind
Im Tone, der ihm eigen,
Dann ſchritt der ganze Chor im Tact
Und trat den blüh'nden Reigen.
Der König klatſchte: „Morgen will
Ich wieder euch beſtaunen.“
Die Muſen ſchüttelten das Haupt:
„Das hangt an unſern Launen.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |