Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Das Reiterlein. Das Bächlein nimmt nach der Loire den Gang, An beiden Seiten Auf und ab, die Ufer entlang Spähn sie und reiten. Sie sind sich so nahe! Sie sind sich so fern! "Bon jour! meine Herrn!" Grüßt keck eine Stimme. Ein feurig, unbändig Reiterlein Springt ab behende, Setzt rechts ein Bein und links ein Bein In beide Gelände: "Groß ist der Sonne Glut -- Herrn, meint Ihr's gut, Schafft eins zu trinken!" Rechts kommt ein Pokal und links ein Pokal Von verschiedener Helle, Der: schäumender Champagnerstrahl Der andere: Purpurwelle -- "Katholik? Calvinist? Hier ein Christ! Dort ein Christ!" Er schlürft aus beiden Bechern. "Mit streitender Theologie
Mach' ich mir nichts zu schaffen, Den Guisen überlaß ich sie, Den Weibern und den Pfaffen! Pred'gerrock? Meßgewand? Stich und Schuß! Mord und Brand! Ins Meer geschwemmte Leichen! 21*
Das Reiterlein. Das Bächlein nimmt nach der Loire den Gang, An beiden Seiten Auf und ab, die Ufer entlang Spähn ſie und reiten. Sie ſind ſich ſo nahe! Sie ſind ſich ſo fern! „Bon jour! meine Herrn!“ Grüßt keck eine Stimme. Ein feurig, unbändig Reiterlein Springt ab behende, Setzt rechts ein Bein und links ein Bein In beide Gelände: „Groß iſt der Sonne Glut — Herrn, meint Ihr's gut, Schafft eins zu trinken!“ Rechts kommt ein Pokal und links ein Pokal Von verſchiedener Helle, Der: ſchäumender Champagnerſtrahl Der andere: Purpurwelle — „Katholik? Calviniſt? Hier ein Chriſt! Dort ein Chriſt!“ Er ſchlürft aus beiden Bechern. „Mit ſtreitender Theologie
Mach' ich mir nichts zu ſchaffen, Den Guiſen überlaß ich ſie, Den Weibern und den Pfaffen! Pred'gerrock? Meßgewand? Stich und Schuß! Mord und Brand! Ins Meer geſchwemmte Leichen! 21*
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Das Reiterlein.
Das Bächlein nimmt nach der Loire den Gang,
An beiden Seiten
Auf und ab, die Ufer entlang
Spähn ſie und reiten.
Sie ſind ſich ſo nahe! Sie ſind ſich ſo fern!
„Bon jour! meine Herrn!“
Grüßt keck eine Stimme.
Ein feurig, unbändig Reiterlein
Springt ab behende,
Setzt rechts ein Bein und links ein Bein
In beide Gelände:
„Groß iſt der Sonne Glut —
Herrn, meint Ihr's gut,
Schafft eins zu trinken!“
Rechts kommt ein Pokal und links ein Pokal
Von verſchiedener Helle,
Der: ſchäumender Champagnerſtrahl
Der andere: Purpurwelle —
„Katholik? Calviniſt?
Hier ein Chriſt! Dort ein Chriſt!“
Er ſchlürft aus beiden Bechern.
„Mit ſtreitender Theologie
Mach' ich mir nichts zu ſchaffen,
Den Guiſen überlaß ich ſie,
Den Weibern und den Pfaffen!
Pred'gerrock? Meßgewand?
Stich und Schuß! Mord und Brand!
Ins Meer geſchwemmte Leichen!
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/337>, abgerufen am 03.03.2025. |