Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Conquistadores. Zwei edle Spanier halten Wacht Und einer spricht zum andern: "Sennor, mir däucht, der Teufel lacht, Wie wir ins Leere wandern! Das Segel rauscht, es rauscht der Kiel, Noch keines Strandes Boten -- Die Hölle treibt mit uns ihr Spiel, Wir wandern zu den Todten! Wer einem Genuesen traut, Hat den Verstand verloren! Die Klugen hat er schlecht erbaut, Doch lockt er alle Thoren -- Rund sei die Erde, log er mir, Wie Pomeranzenbälle, Doch unermeßlich fluthet hier Nur Welle hinter Welle!" Der Andre blickt ins Meer hinaus
Und runzelt finstre Brauen: "Sennor, mich zog Columb ins Haus, Ließ mich die Karten schauen, Was er docirt', verstand ich nicht, Ich ließ es alles gelten -- Sein übermächtig Angesicht Verhieß mir neue Welten! Conquistadores. Zwei edle Spanier halten Wacht Und einer ſpricht zum andern: „Señor, mir däucht, der Teufel lacht, Wie wir ins Leere wandern! Das Segel rauſcht, es rauſcht der Kiel, Noch keines Strandes Boten — Die Hölle treibt mit uns ihr Spiel, Wir wandern zu den Todten! Wer einem Genueſen traut, Hat den Verſtand verloren! Die Klugen hat er ſchlecht erbaut, Doch lockt er alle Thoren — Rund ſei die Erde, log er mir, Wie Pomeranzenbälle, Doch unermeßlich fluthet hier Nur Welle hinter Welle!“ Der Andre blickt ins Meer hinaus
Und runzelt finſtre Brauen: „Señor, mich zog Columb ins Haus, Ließ mich die Karten ſchauen, Was er docirt', verſtand ich nicht, Ich ließ es alles gelten — Sein übermächtig Angeſicht Verhieß mir neue Welten! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0296" n="282"/> </div> <div n="2"> <head>Conquistadores.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Zwei edle Spanier halten Wacht</l><lb/> <l>Und einer ſpricht zum andern:</l><lb/> <l>„Señor, mir däucht, der Teufel lacht,</l><lb/> <l>Wie wir ins Leere wandern!</l><lb/> <l>Das Segel rauſcht, es rauſcht der Kiel,</l><lb/> <l>Noch keines Strandes Boten —</l><lb/> <l>Die Hölle treibt mit uns ihr Spiel,</l><lb/> <l>Wir wandern zu den Todten!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Wer einem Genueſen traut,</l><lb/> <l>Hat den Verſtand verloren!</l><lb/> <l>Die Klugen hat er ſchlecht erbaut,</l><lb/> <l>Doch lockt er alle Thoren —</l><lb/> <l>Rund ſei die Erde, log er mir,</l><lb/> <l>Wie Pomeranzenbälle,</l><lb/> <l>Doch unermeßlich fluthet hier</l><lb/> <l>Nur Welle hinter Welle!“</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Der Andre blickt ins Meer hinaus</l><lb/> <l>Und runzelt finſtre Brauen:</l><lb/> <l>„Señor, mich zog Columb ins Haus,</l><lb/> <l>Ließ mich die Karten ſchauen,</l><lb/> <l>Was er docirt', verſtand ich nicht,</l><lb/> <l>Ich ließ es alles gelten —</l><lb/> <l>Sein übermächtig Angeſicht</l><lb/> <l>Verhieß mir neue Welten!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [282/0296]
Conquistadores.
Zwei edle Spanier halten Wacht
Und einer ſpricht zum andern:
„Señor, mir däucht, der Teufel lacht,
Wie wir ins Leere wandern!
Das Segel rauſcht, es rauſcht der Kiel,
Noch keines Strandes Boten —
Die Hölle treibt mit uns ihr Spiel,
Wir wandern zu den Todten!
Wer einem Genueſen traut,
Hat den Verſtand verloren!
Die Klugen hat er ſchlecht erbaut,
Doch lockt er alle Thoren —
Rund ſei die Erde, log er mir,
Wie Pomeranzenbälle,
Doch unermeßlich fluthet hier
Nur Welle hinter Welle!“
Der Andre blickt ins Meer hinaus
Und runzelt finſtre Brauen:
„Señor, mich zog Columb ins Haus,
Ließ mich die Karten ſchauen,
Was er docirt', verſtand ich nicht,
Ich ließ es alles gelten —
Sein übermächtig Angeſicht
Verhieß mir neue Welten!
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