Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Stapfen. In jungen Jahren war's. Ich brachte dich Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gast, Durch das Gehölz. Der Nebel rieselte, Du zogst des Reisekleids Capuze vor Und blicktest traulich mit verhüllter Stirn. Naß ward der Pfad. Die Sohlen prägten sich Dem feuchten Waldesboden deutlich ein, Die wandernden. Du schrittest auf dem Bord, Von deiner Reise sprechend. Eine noch, Die läng're, folge drauf, so sagtest du. Dann scherzten wir, der nahen Trennung klug Das Angesicht verhüllend, und du schiedst, Dort wo der First sich über Ulmen hebt. Ich ging denselben Pfad gemach zurück, Leis schwelgend noch in deiner Lieblichkeit, In deiner wilden Scheu, und wohlgemuth Vertrauend auf ein baldig Wiedersehn. Vergnüglich schlendernd, sah ich auf dem Rain Den Umriß deiner Sohlen deutlich noch Dem feuchten Waldesboden eingeprägt, Die kleinste Spur von dir, die flüchtigste, Und doch dein Wesen: wandernd, reisehaft, Schlank, rein, walddunkel, aber o wie süß! Die Stapfen schritten jetzt entgegen dem Stapfen. In jungen Jahren war's. Ich brachte dich Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gaſt, Durch das Gehölz. Der Nebel rieſelte, Du zogſt des Reiſekleids Capuze vor Und blickteſt traulich mit verhüllter Stirn. Naß ward der Pfad. Die Sohlen prägten ſich Dem feuchten Waldesboden deutlich ein, Die wandernden. Du ſchritteſt auf dem Bord, Von deiner Reiſe ſprechend. Eine noch, Die läng're, folge drauf, ſo ſagteſt du. Dann ſcherzten wir, der nahen Trennung klug Das Angeſicht verhüllend, und du ſchiedſt, Dort wo der Firſt ſich über Ulmen hebt. Ich ging denſelben Pfad gemach zurück, Leis ſchwelgend noch in deiner Lieblichkeit, In deiner wilden Scheu, und wohlgemuth Vertrauend auf ein baldig Wiederſehn. Vergnüglich ſchlendernd, ſah ich auf dem Rain Den Umriß deiner Sohlen deutlich noch Dem feuchten Waldesboden eingeprägt, Die kleinſte Spur von dir, die flüchtigſte, Und doch dein Weſen: wandernd, reiſehaft, Schlank, rein, walddunkel, aber o wie ſüß! Die Stapfen ſchritten jetzt entgegen dem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="166" facs="#f0180"/> </div> <div n="2"> <head>Stapfen.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>In jungen Jahren war's. Ich brachte dich</l><lb/> <l>Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gaſt,</l><lb/> <l>Durch das Gehölz. Der Nebel rieſelte,</l><lb/> <l>Du zogſt des Reiſekleids Capuze vor</l><lb/> <l>Und blickteſt traulich mit verhüllter Stirn.</l><lb/> <l>Naß ward der Pfad. Die Sohlen prägten ſich</l><lb/> <l>Dem feuchten Waldesboden deutlich ein,</l><lb/> <l>Die wandernden. Du ſchritteſt auf dem Bord,</l><lb/> <l>Von deiner Reiſe ſprechend. Eine noch,</l><lb/> <l>Die läng're, folge drauf, ſo ſagteſt du.</l><lb/> <l>Dann ſcherzten wir, der nahen Trennung klug</l><lb/> <l>Das Angeſicht verhüllend, und du ſchiedſt,</l><lb/> <l>Dort wo der Firſt ſich über Ulmen hebt.</l><lb/> <l>Ich ging denſelben Pfad gemach zurück,</l><lb/> <l>Leis ſchwelgend noch in deiner Lieblichkeit,</l><lb/> <l>In deiner wilden Scheu, und wohlgemuth</l><lb/> <l>Vertrauend auf ein baldig Wiederſehn.</l><lb/> <l>Vergnüglich ſchlendernd, ſah ich auf dem Rain</l><lb/> <l>Den Umriß deiner Sohlen deutlich noch</l><lb/> <l>Dem feuchten Waldesboden eingeprägt,</l><lb/> <l>Die kleinſte Spur von dir, die flüchtigſte,</l><lb/> <l>Und doch dein Weſen: wandernd, reiſehaft,</l><lb/> <l>Schlank, rein, walddunkel, aber o wie ſüß!</l><lb/> <l>Die Stapfen ſchritten jetzt entgegen dem</l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [166/0180]
Stapfen.
In jungen Jahren war's. Ich brachte dich
Zurück ins Nachbarhaus, wo du zu Gaſt,
Durch das Gehölz. Der Nebel rieſelte,
Du zogſt des Reiſekleids Capuze vor
Und blickteſt traulich mit verhüllter Stirn.
Naß ward der Pfad. Die Sohlen prägten ſich
Dem feuchten Waldesboden deutlich ein,
Die wandernden. Du ſchritteſt auf dem Bord,
Von deiner Reiſe ſprechend. Eine noch,
Die läng're, folge drauf, ſo ſagteſt du.
Dann ſcherzten wir, der nahen Trennung klug
Das Angeſicht verhüllend, und du ſchiedſt,
Dort wo der Firſt ſich über Ulmen hebt.
Ich ging denſelben Pfad gemach zurück,
Leis ſchwelgend noch in deiner Lieblichkeit,
In deiner wilden Scheu, und wohlgemuth
Vertrauend auf ein baldig Wiederſehn.
Vergnüglich ſchlendernd, ſah ich auf dem Rain
Den Umriß deiner Sohlen deutlich noch
Dem feuchten Waldesboden eingeprägt,
Die kleinſte Spur von dir, die flüchtigſte,
Und doch dein Weſen: wandernd, reiſehaft,
Schlank, rein, walddunkel, aber o wie ſüß!
Die Stapfen ſchritten jetzt entgegen dem
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Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/180>, abgerufen am 03.03.2025. |