Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.Napoleon im Kreml. Er nickt mit seinem großen Haupt Am Feuer eines fremden Herds: Im Traum erblickt er einen Geist, Der seines Purpurs Spange löst. Der Dämon schreit mit wilder Gier: "Mich lüstet nach dem rothen Kleid! In ungezählter Menschen Blut Getaucht, verfärbt der Purpur nicht!" Die Beiden rangen Leib an Leib. "Gieb her!" "Gieb her!" Der Dämon fleucht Mit spitzen Flügeln durch die Nacht Und schleift den Purpur hinter sich. Und wo der Purpur flatternd fliegt, Sprühn Funken, lodern Flammen auf! Der Corse fährt aus seinem Traum Und starrt in Moskau's weiten Brand. Napoleon im Kreml. Er nickt mit ſeinem großen Haupt Am Feuer eines fremden Herds: Im Traum erblickt er einen Geiſt, Der ſeines Purpurs Spange löſt. Der Dämon ſchreit mit wilder Gier: „Mich lüſtet nach dem rothen Kleid! In ungezählter Menſchen Blut Getaucht, verfärbt der Purpur nicht!“ Die Beiden rangen Leib an Leib. „Gieb her!“ „Gieb her!“ Der Dämon fleucht Mit ſpitzen Flügeln durch die Nacht Und ſchleift den Purpur hinter ſich. Und wo der Purpur flatternd fliegt, Sprühn Funken, lodern Flammen auf! Der Corſe fährt aus ſeinem Traum Und ſtarrt in Moskau's weiten Brand. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="139" facs="#f0153"/> </div> <div n="2"> <head>Napoleon im Kreml.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Er nickt mit ſeinem großen Haupt</l><lb/> <l>Am Feuer eines fremden Herds:</l><lb/> <l>Im Traum erblickt er einen Geiſt,</l><lb/> <l>Der ſeines Purpurs Spange löſt.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der Dämon ſchreit mit wilder Gier:</l><lb/> <l>„Mich lüſtet nach dem rothen Kleid!</l><lb/> <l>In ungezählter Menſchen Blut</l><lb/> <l>Getaucht, verfärbt der Purpur nicht!“</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Die Beiden rangen Leib an Leib.</l><lb/> <l>„Gieb her!“ „Gieb her!“ Der Dämon fleucht</l><lb/> <l>Mit ſpitzen Flügeln durch die Nacht</l><lb/> <l>Und ſchleift den Purpur hinter ſich.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und wo der Purpur flatternd fliegt,</l><lb/> <l>Sprühn Funken, lodern Flammen auf!</l><lb/> <l>Der Corſe fährt aus ſeinem Traum</l><lb/> <l>Und ſtarrt in Moskau's weiten Brand.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [139/0153]
Napoleon im Kreml.
Er nickt mit ſeinem großen Haupt
Am Feuer eines fremden Herds:
Im Traum erblickt er einen Geiſt,
Der ſeines Purpurs Spange löſt.
Der Dämon ſchreit mit wilder Gier:
„Mich lüſtet nach dem rothen Kleid!
In ungezählter Menſchen Blut
Getaucht, verfärbt der Purpur nicht!“
Die Beiden rangen Leib an Leib.
„Gieb her!“ „Gieb her!“ Der Dämon fleucht
Mit ſpitzen Flügeln durch die Nacht
Und ſchleift den Purpur hinter ſich.
Und wo der Purpur flatternd fliegt,
Sprühn Funken, lodern Flammen auf!
Der Corſe fährt aus ſeinem Traum
Und ſtarrt in Moskau's weiten Brand.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/153 |
Zitationshilfe: | Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/153>, abgerufen am 03.03.2025. |