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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Die nordische Barbarin preßt den Fuß,
Den plumpen, auf den Nacken eines Weibs,
Das schmerzenreicher blickt als Niobe --
Sklavin, empor! Zerbrich die Fessel! Wirf
Die grinsende Barbarin in den Staub! ..."
So jauchzt die blutige Melpomene --
Wer schreitet, schlicht gewandet, neben ihr?
Kalliope, die keusch und kindlich blickt,
Die den erblindeten Homer geführt,
Die tapfre Helden liebt und Schildgetos
Und Rossgestampf und dann abseits der Schlacht
In jugendzartem Busen Loose wägt --
Mit beiden Armen in die Ferne grüßt
Sie jetzt: "Behelmte! Blonde Herzogin!
Ins rauhe Heerhorn stößest du mit Macht!
Erzklirrend springen dir die Söhne auf!
Die Völker richtest und beherrschest du,
Gerechte Herrin, beilgewalt'ge Frau!"
Weithallend redet jetzt ein mächtig Paar,
Terpsichore und Polyhymnia:
"Der Tag ist fern und er erfüllt sich doch:
Die Völker schreiten einen Reigen einst,
Sich an den Händen haltend, frei gesellt,
Vieltausendstimmig dröhnt der Chorgesang!"
-- "Dann weicht das Leid! Nicht alles, aber doch
Das meiste Leid!" Euterpe flötet es,
Das liebliche Geschöpf, die Schmeichlerin!
Die nordiſche Barbarin preßt den Fuß,
Den plumpen, auf den Nacken eines Weibs,
Das ſchmerzenreicher blickt als Niobe —
Sklavin, empor! Zerbrich die Feſſel! Wirf
Die grinſende Barbarin in den Staub! ...“
So jauchzt die blutige Melpomene —
Wer ſchreitet, ſchlicht gewandet, neben ihr?
Kalliope, die keuſch und kindlich blickt,
Die den erblindeten Homer geführt,
Die tapfre Helden liebt und Schildgetos
Und Roſſgeſtampf und dann abſeits der Schlacht
In jugendzartem Buſen Looſe wägt —
Mit beiden Armen in die Ferne grüßt
Sie jetzt: „Behelmte! Blonde Herzogin!
Ins rauhe Heerhorn ſtößeſt du mit Macht!
Erzklirrend ſpringen dir die Söhne auf!
Die Völker richteſt und beherrſcheſt du,
Gerechte Herrin, beilgewalt'ge Frau!“
Weithallend redet jetzt ein mächtig Paar,
Terpſichore und Polyhymnia:
„Der Tag iſt fern und er erfüllt ſich doch:
Die Völker ſchreiten einen Reigen einſt,
Sich an den Händen haltend, frei geſellt,
Vieltauſendſtimmig dröhnt der Chorgeſang!“
— „Dann weicht das Leid! Nicht alles, aber doch
Das meiſte Leid!“ Euterpe flötet es,
Das liebliche Geſchöpf, die Schmeichlerin!
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[132/0146] Die nordiſche Barbarin preßt den Fuß, Den plumpen, auf den Nacken eines Weibs, Das ſchmerzenreicher blickt als Niobe — Sklavin, empor! Zerbrich die Feſſel! Wirf Die grinſende Barbarin in den Staub! ...“ So jauchzt die blutige Melpomene — Wer ſchreitet, ſchlicht gewandet, neben ihr? Kalliope, die keuſch und kindlich blickt, Die den erblindeten Homer geführt, Die tapfre Helden liebt und Schildgetos Und Roſſgeſtampf und dann abſeits der Schlacht In jugendzartem Buſen Looſe wägt — Mit beiden Armen in die Ferne grüßt Sie jetzt: „Behelmte! Blonde Herzogin! Ins rauhe Heerhorn ſtößeſt du mit Macht! Erzklirrend ſpringen dir die Söhne auf! Die Völker richteſt und beherrſcheſt du, Gerechte Herrin, beilgewalt'ge Frau!“ Weithallend redet jetzt ein mächtig Paar, Terpſichore und Polyhymnia: „Der Tag iſt fern und er erfüllt ſich doch: Die Völker ſchreiten einen Reigen einſt, Sich an den Händen haltend, frei geſellt, Vieltauſendſtimmig dröhnt der Chorgeſang!“ — „Dann weicht das Leid! Nicht alles, aber doch Das meiſte Leid!“ Euterpe flötet es, Das liebliche Geſchöpf, die Schmeichlerin!

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/146>, abgerufen am 27.11.2024.