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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Mir gab Bescheid der Geist mit tiefen Tönen
Im Flutensturz und in der Laue Dröhnen,
Es klang wie Droh'n und wieder klang's wie Höhnen:
"Ein junger Wand'rer kam zu mir gefahren
Mit hast'gen Schritten und mit weh'nden Haaren.
Ein bleiches Bild, so ist er ohne Bangen
Auf meinen schmalen Gräten umgegangen,
Und über Klüften, schwindelnd abgrundtiefen,
Aus welchen jubelnd ihn die Wogen riefen,
Ist er gewandelt auf gestürzten Föhren
Und schien in meine Wildniß zu gehören,
Ein dumpfer Ton in meinen dumpfen Chören --
Du warst's! Und gingst an eines Abgrunds Saume,
Unkundig der Gefahr, in wachem Traume,
Doch mir gefiel der Kühne und der Blinde,
Und Sorge trug ich dir als einem Kinde --
Jetzt, lieber Herr, bist leidlich du vernünftig,
Hast Weib und Hof, bist in der Gilde zünftig,
Verlaß dich nicht auf meine Flügel künftig!"

C. F. Meyer, Gedichte. 7
Mir gab Beſcheid der Geiſt mit tiefen Tönen
Im Flutenſturz und in der Laue Dröhnen,
Es klang wie Droh'n und wieder klang's wie Höhnen:
„Ein junger Wand'rer kam zu mir gefahren
Mit haſt'gen Schritten und mit weh'nden Haaren.
Ein bleiches Bild, ſo iſt er ohne Bangen
Auf meinen ſchmalen Gräten umgegangen,
Und über Klüften, ſchwindelnd abgrundtiefen,
Aus welchen jubelnd ihn die Wogen riefen,
Iſt er gewandelt auf geſtürzten Föhren
Und ſchien in meine Wildniß zu gehören,
Ein dumpfer Ton in meinen dumpfen Chören —
Du warſt's! Und gingſt an eines Abgrunds Saume,
Unkundig der Gefahr, in wachem Traume,
Doch mir gefiel der Kühne und der Blinde,
Und Sorge trug ich dir als einem Kinde —
Jetzt, lieber Herr, biſt leidlich du vernünftig,
Haſt Weib und Hof, biſt in der Gilde zünftig,
Verlaß dich nicht auf meine Flügel künftig!“

C. F. Meyer, Gedichte. 7
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[97/0111] Mir gab Beſcheid der Geiſt mit tiefen Tönen Im Flutenſturz und in der Laue Dröhnen, Es klang wie Droh'n und wieder klang's wie Höhnen: „Ein junger Wand'rer kam zu mir gefahren Mit haſt'gen Schritten und mit weh'nden Haaren. Ein bleiches Bild, ſo iſt er ohne Bangen Auf meinen ſchmalen Gräten umgegangen, Und über Klüften, ſchwindelnd abgrundtiefen, Aus welchen jubelnd ihn die Wogen riefen, Iſt er gewandelt auf geſtürzten Föhren Und ſchien in meine Wildniß zu gehören, Ein dumpfer Ton in meinen dumpfen Chören — Du warſt's! Und gingſt an eines Abgrunds Saume, Unkundig der Gefahr, in wachem Traume, Doch mir gefiel der Kühne und der Blinde, Und Sorge trug ich dir als einem Kinde — Jetzt, lieber Herr, biſt leidlich du vernünftig, Haſt Weib und Hof, biſt in der Gilde zünftig, Verlaß dich nicht auf meine Flügel künftig!“ C. F. Meyer, Gedichte. 7

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/111>, abgerufen am 23.11.2024.