Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mesmer, Franz Anton: Abhandlung über die Entdeckung des thierischen Magnetismus. Carlsruhe, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

So bringt der Mensch seine erste Jahre zu,
um zu einem schnellen und richtigen Gebrauch
seiner Sinne zu gelangen. Ein ihm aner-
schaffener Beobachtungstrieb, setzt ihn in Stand,
sich selbst zu bilden, und die Vollkommenheit
seiner Fähigkeiten, hängt, von der mehr oder
weniger ununterbrochenen Anwendung, dieses
Triebs ab.

Unter unzähligen Gegenständen, die sich
ihm nach und nach darstellen, fällt seine Auf-
merksamkeit wesentlich auf diejenige, die ihm
durch ganz besondere Verhältnisse wichtig wer-
den. Beobachtungen der allgemeinen bestän-
digen Wirkungen der Natur auf jedes Jndivi-
duum sind kein ausschliessungsweise erhaltenes
Vorrecht des Weltweisen. Der allgemeine
Vortheil macht fast jeden einzelnen zum Be-
obachter, und diese vervielfältigte, zu allen
Zeiten, aller Orten angestellte Beobachtungen
lassen uns an ihrer Richtigkeit nicht zweiffeln.

Allein die Thätigkeit des menschlichen Gei-
stes, verbunden mit der unersättlichen Wißbe-
gierde, verläßt, indem sie die schon erwor-
bene Känntnisse zu vervollkommnen sucht, den
Weg der Beobachtung, will diese durch un-
bestimmtes oft unnützes Grübeln ersetzen, bil-

So bringt der Menſch ſeine erſte Jahre zu,
um zu einem ſchnellen und richtigen Gebrauch
ſeiner Sinne zu gelangen. Ein ihm aner-
ſchaffener Beobachtungstrieb, ſetzt ihn in Stand,
ſich ſelbſt zu bilden, und die Vollkommenheit
ſeiner Faͤhigkeiten, haͤngt, von der mehr oder
weniger ununterbrochenen Anwendung, dieſes
Triebs ab.

Unter unzaͤhligen Gegenſtaͤnden, die ſich
ihm nach und nach darſtellen, faͤllt ſeine Auf-
merkſamkeit weſentlich auf diejenige, die ihm
durch ganz beſondere Verhaͤltniſſe wichtig wer-
den. Beobachtungen der allgemeinen beſtaͤn-
digen Wirkungen der Natur auf jedes Jndivi-
duum ſind kein ausſchlieſſungsweiſe erhaltenes
Vorrecht des Weltweiſen. Der allgemeine
Vortheil macht faſt jeden einzelnen zum Be-
obachter, und dieſe vervielfaͤltigte, zu allen
Zeiten, aller Orten angeſtellte Beobachtungen
laſſen uns an ihrer Richtigkeit nicht zweiffeln.

Allein die Thaͤtigkeit des menſchlichen Gei-
ſtes, verbunden mit der unerſaͤttlichen Wißbe-
gierde, verlaͤßt, indem ſie die ſchon erwor-
bene Kaͤnntniſſe zu vervollkommnen ſucht, den
Weg der Beobachtung, will dieſe durch un-
beſtimmtes oft unnuͤtzes Gruͤbeln erſetzen, bil-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0010" n="6"/>
        <p>So bringt der Men&#x017F;ch &#x017F;eine er&#x017F;te Jahre zu,<lb/>
um zu einem &#x017F;chnellen und richtigen Gebrauch<lb/>
&#x017F;einer Sinne zu gelangen. Ein ihm aner-<lb/>
&#x017F;chaffener Beobachtungstrieb, &#x017F;etzt ihn in Stand,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu bilden, und die Vollkommenheit<lb/>
&#x017F;einer Fa&#x0364;higkeiten, ha&#x0364;ngt, von der mehr oder<lb/>
weniger ununterbrochenen Anwendung, die&#x017F;es<lb/>
Triebs ab.</p><lb/>
        <p>Unter unza&#x0364;hligen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden, die &#x017F;ich<lb/>
ihm nach und nach dar&#x017F;tellen, fa&#x0364;llt &#x017F;eine Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit we&#x017F;entlich auf diejenige, die ihm<lb/>
durch ganz be&#x017F;ondere Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e wichtig wer-<lb/>
den. Beobachtungen der <hi rendition="#fr">allgemeinen</hi> be&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
digen Wirkungen der Natur auf jedes Jndivi-<lb/>
duum &#x017F;ind kein aus&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ungswei&#x017F;e erhaltenes<lb/>
Vorrecht des Weltwei&#x017F;en. Der allgemeine<lb/>
Vortheil macht fa&#x017F;t jeden einzelnen zum Be-<lb/>
obachter, und die&#x017F;e vervielfa&#x0364;ltigte, zu allen<lb/>
Zeiten, aller Orten ange&#x017F;tellte Beobachtungen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en uns an ihrer Richtigkeit nicht zweiffeln<choice><sic>,</sic><corr>.</corr></choice></p><lb/>
        <p>Allein die Tha&#x0364;tigkeit des men&#x017F;chlichen Gei-<lb/>
&#x017F;tes, verbunden mit der uner&#x017F;a&#x0364;ttlichen Wißbe-<lb/>
gierde, verla&#x0364;ßt, indem &#x017F;ie die &#x017F;chon erwor-<lb/>
bene Ka&#x0364;nntni&#x017F;&#x017F;e zu vervollkommnen &#x017F;ucht, den<lb/>
Weg der Beobachtung, will die&#x017F;e durch un-<lb/>
be&#x017F;timmtes oft unnu&#x0364;tzes Gru&#x0364;beln er&#x017F;etzen, bil-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0010] So bringt der Menſch ſeine erſte Jahre zu, um zu einem ſchnellen und richtigen Gebrauch ſeiner Sinne zu gelangen. Ein ihm aner- ſchaffener Beobachtungstrieb, ſetzt ihn in Stand, ſich ſelbſt zu bilden, und die Vollkommenheit ſeiner Faͤhigkeiten, haͤngt, von der mehr oder weniger ununterbrochenen Anwendung, dieſes Triebs ab. Unter unzaͤhligen Gegenſtaͤnden, die ſich ihm nach und nach darſtellen, faͤllt ſeine Auf- merkſamkeit weſentlich auf diejenige, die ihm durch ganz beſondere Verhaͤltniſſe wichtig wer- den. Beobachtungen der allgemeinen beſtaͤn- digen Wirkungen der Natur auf jedes Jndivi- duum ſind kein ausſchlieſſungsweiſe erhaltenes Vorrecht des Weltweiſen. Der allgemeine Vortheil macht faſt jeden einzelnen zum Be- obachter, und dieſe vervielfaͤltigte, zu allen Zeiten, aller Orten angeſtellte Beobachtungen laſſen uns an ihrer Richtigkeit nicht zweiffeln. Allein die Thaͤtigkeit des menſchlichen Gei- ſtes, verbunden mit der unerſaͤttlichen Wißbe- gierde, verlaͤßt, indem ſie die ſchon erwor- bene Kaͤnntniſſe zu vervollkommnen ſucht, den Weg der Beobachtung, will dieſe durch un- beſtimmtes oft unnuͤtzes Gruͤbeln erſetzen, bil-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

lebendige-ethik.net: Bereitstellung der Texttranskription von lebendige-ethik.net. (2013-01-16T10:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-16T10:54:31Z)
Frederike Neuber, Susanne Wind, Matthias Boenig, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2016-12-07T10:54:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781/10
Zitationshilfe: Mesmer, Franz Anton: Abhandlung über die Entdeckung des thierischen Magnetismus. Carlsruhe, 1781, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mesmer_magnetismus_1781/10>, abgerufen am 23.11.2024.