Es kann unter zweierlei Gestalten vorkommen, entweder es bil- det (Taf. VIII. Fig. 181. und 182.) eine hohle Halbkugel, welche auf einem kreisförmigen Unterbaue ruht, oder es erscheint wie in Taf. VIII. Fig. 183. und 184., als eine hohle Halbkugel, welche von 4 senkrechten Mauern durchschnitten wird.
Wir gehen zuvörderst zur:
1) Kuppel im runden Raume über. Setzt man auf einen kreisrunden Unterbau (Fig. 181.) ein hohles, halbkugelförmiges Ge- wölbe (Fig. 182.), so laufen die Schichten dieses Gewölbes immer concentrisch mit dem Unterbau, werden nach dem Scheitel des Gewöl- bes zu immer kleiner, bis ein einziger Schlußstein das Ganze schließt. Die sämmtlichen Fugenschnitte gehen verlängert nach dem Mittelpunkte der Halbkugel, und der Schlußstein bildet einen abgestumpften Kegel, welcher oben und unten durch ein Stück der Kugelfläche begränzt wird.
Man übersteht leicht, daß erforderlichen Falles anstatt des Halb- kreises auch ein anderes Liniensystem gewählt werden kann, z. B. eine Ellipfe.
Wird die Kuppel aus gebrannten Mauersteinen gewölbt, so macht man sie einen Stein stark, weil auch bei geringem Durchmesser die breitgelegten halben Steine einen schlechten Verband geben würden. Der Schlußstein wird aus einem Stück Haustein gebildet, oder eigens geformt und gebrannt.
Da die einzelnen Steinschichten immer in sich selbst, rund, und in wagerechter Ebene abschließen, so kann man auch, wenn man will, mit jeder Schicht das Gewölbe aufhören und eine beliebig große Oeff- nung lassen. Diese Eigenthümlichkeit macht die Kuppelgewölbe beson- ders geschickt zu solchen Anlagen, wo man dergleichen Oeffnungen wünscht, z. B. zu Aufzieheöffnungen in gewölbten Magazinen etc. Die Füße des Gewölbes erhalten ringsum eine Hintermauerung, wie in Fig. 182. bei abc. und def. angedeutet ist.
Da ein Gewölbe um so weniger auf seine Widerlager drückt und schiebt, je leichter es ist, so pflegt man Kuppeln, welche aus Hau- stein oder Gußmörtel construirt sind, mit Vertiefungen reihenweise aus- zuhöhlen, und dadurch zu erleichtern. Diese Aushöhlungen des Ge- wölbes nennt man Cassetten. Sie bekommen gewöhnlich eine qua- dratische Umrißform und werden nach der Dicke des Gewölbes hin schmaler, so daß jede einzelne eine abgestumpfte vierseitige Pyramide bildet, deren größere Fläche an der Unterfläche des Gewölbes liegt. Solcher Cassetten ordnet man mehrere Reihen übereinander an, so
§. 45. Das Kuppelgewölbe.
Es kann unter zweierlei Geſtalten vorkommen, entweder es bil- det (Taf. VIII. Fig. 181. und 182.) eine hohle Halbkugel, welche auf einem kreisförmigen Unterbaue ruht, oder es erſcheint wie in Taf. VIII. Fig. 183. und 184., als eine hohle Halbkugel, welche von 4 ſenkrechten Mauern durchſchnitten wird.
Wir gehen zuvörderſt zur:
1) Kuppel im runden Raume über. Setzt man auf einen kreisrunden Unterbau (Fig. 181.) ein hohles, halbkugelförmiges Ge- wölbe (Fig. 182.), ſo laufen die Schichten dieſes Gewölbes immer concentriſch mit dem Unterbau, werden nach dem Scheitel des Gewöl- bes zu immer kleiner, bis ein einziger Schlußſtein das Ganze ſchließt. Die ſämmtlichen Fugenſchnitte gehen verlängert nach dem Mittelpunkte der Halbkugel, und der Schlußſtein bildet einen abgeſtumpften Kegel, welcher oben und unten durch ein Stück der Kugelfläche begränzt wird.
Man überſteht leicht, daß erforderlichen Falles anſtatt des Halb- kreiſes auch ein anderes Linienſyſtem gewählt werden kann, z. B. eine Ellipfe.
Wird die Kuppel aus gebrannten Mauerſteinen gewölbt, ſo macht man ſie einen Stein ſtark, weil auch bei geringem Durchmeſſer die breitgelegten halben Steine einen ſchlechten Verband geben würden. Der Schlußſtein wird aus einem Stück Hauſtein gebildet, oder eigens geformt und gebrannt.
Da die einzelnen Steinſchichten immer in ſich ſelbſt, rund, und in wagerechter Ebene abſchließen, ſo kann man auch, wenn man will, mit jeder Schicht das Gewölbe aufhören und eine beliebig große Oeff- nung laſſen. Dieſe Eigenthümlichkeit macht die Kuppelgewölbe beſon- ders geſchickt zu ſolchen Anlagen, wo man dergleichen Oeffnungen wünſcht, z. B. zu Aufzieheöffnungen in gewölbten Magazinen ꝛc. Die Füße des Gewölbes erhalten ringsum eine Hintermauerung, wie in Fig. 182. bei abc. und def. angedeutet iſt.
Da ein Gewölbe um ſo weniger auf ſeine Widerlager drückt und ſchiebt, je leichter es iſt, ſo pflegt man Kuppeln, welche aus Hau- ſtein oder Gußmörtel conſtruirt ſind, mit Vertiefungen reihenweiſe aus- zuhöhlen, und dadurch zu erleichtern. Dieſe Aushöhlungen des Ge- wölbes nennt man Caſſetten. Sie bekommen gewöhnlich eine qua- dratiſche Umrißform und werden nach der Dicke des Gewölbes hin ſchmaler, ſo daß jede einzelne eine abgeſtumpfte vierſeitige Pyramide bildet, deren größere Fläche an der Unterfläche des Gewölbes liegt. Solcher Caſſetten ordnet man mehrere Reihen übereinander an, ſo
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§. 45. Das Kuppelgewölbe.
Es kann unter zweierlei Geſtalten vorkommen, entweder es bil-
det (Taf. VIII. Fig. 181. und 182.) eine hohle Halbkugel, welche auf
einem kreisförmigen Unterbaue ruht, oder es erſcheint wie in Taf.
VIII. Fig. 183. und 184., als eine hohle Halbkugel, welche von 4
ſenkrechten Mauern durchſchnitten wird.
Wir gehen zuvörderſt zur:
1) Kuppel im runden Raume über. Setzt man auf einen
kreisrunden Unterbau (Fig. 181.) ein hohles, halbkugelförmiges Ge-
wölbe (Fig. 182.), ſo laufen die Schichten dieſes Gewölbes immer
concentriſch mit dem Unterbau, werden nach dem Scheitel des Gewöl-
bes zu immer kleiner, bis ein einziger Schlußſtein das Ganze ſchließt.
Die ſämmtlichen Fugenſchnitte gehen verlängert nach dem Mittelpunkte
der Halbkugel, und der Schlußſtein bildet einen abgeſtumpften Kegel,
welcher oben und unten durch ein Stück der Kugelfläche begränzt wird.
Man überſteht leicht, daß erforderlichen Falles anſtatt des Halb-
kreiſes auch ein anderes Linienſyſtem gewählt werden kann, z. B.
eine Ellipfe.
Wird die Kuppel aus gebrannten Mauerſteinen gewölbt, ſo macht
man ſie einen Stein ſtark, weil auch bei geringem Durchmeſſer die
breitgelegten halben Steine einen ſchlechten Verband geben würden.
Der Schlußſtein wird aus einem Stück Hauſtein gebildet, oder eigens
geformt und gebrannt.
Da die einzelnen Steinſchichten immer in ſich ſelbſt, rund, und
in wagerechter Ebene abſchließen, ſo kann man auch, wenn man will,
mit jeder Schicht das Gewölbe aufhören und eine beliebig große Oeff-
nung laſſen. Dieſe Eigenthümlichkeit macht die Kuppelgewölbe beſon-
ders geſchickt zu ſolchen Anlagen, wo man dergleichen Oeffnungen
wünſcht, z. B. zu Aufzieheöffnungen in gewölbten Magazinen ꝛc. Die
Füße des Gewölbes erhalten ringsum eine Hintermauerung, wie in
Fig. 182. bei abc. und def. angedeutet iſt.
Da ein Gewölbe um ſo weniger auf ſeine Widerlager drückt
und ſchiebt, je leichter es iſt, ſo pflegt man Kuppeln, welche aus Hau-
ſtein oder Gußmörtel conſtruirt ſind, mit Vertiefungen reihenweiſe aus-
zuhöhlen, und dadurch zu erleichtern. Dieſe Aushöhlungen des Ge-
wölbes nennt man Caſſetten. Sie bekommen gewöhnlich eine qua-
dratiſche Umrißform und werden nach der Dicke des Gewölbes hin
ſchmaler, ſo daß jede einzelne eine abgeſtumpfte vierſeitige Pyramide
bildet, deren größere Fläche an der Unterfläche des Gewölbes liegt.
Solcher Caſſetten ordnet man mehrere Reihen übereinander an, ſo
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/214>, abgerufen am 06.07.2024.
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