viel gleiche Theile wird nun auch die Länge des Grades NP. einge- theilt, und in den Theilungspunkten die auf NP. lothrechten Linien RR' SS' TT' UU' VV' MQ. etc. errichtet, welche man eben so lang macht, als die zuerst genannten übereinstimmenden Lothrechten rr' ss' etc. Durch die auf solche Weise gefundenen Punkte, N' R' S' T' U' V' Q' bis P. ziehe man eine stetige krumme Linie aus freier Hand, so entsteht eine halbe Ellipse, welche die innere Wölb- linie des Gradbogens bestimmt.
Von den Lehrbogen für die Grade eines regelmäßigen Kreuz- kappengewölbes wird einer in der Mitte durchschnitten, der andere aber bleibt ganz. Letzterer wird durch einen in der Mitte des Vier- ecks aufgestellten Stiel (den Mönch) unterstützt, und die beiden Hälf- ten des andern lehnen sich von beiden Seiten gegen den Ersteren, und werden ebenfalls von dem Mönch getragen.
Nur geübte Maurer können Kreuzkappen aus freier Hand ein- wölben, ungeübte thun besser, das ganze Gewölbe vollständig zu verschalen.
Die Lage der Steinschichten in den Kappen wird aus der Zeich- nung deutlich. Jn jeder Ecke unterhalb fängt der Maurer mit einem kleinen dreieckig prismatischen Ziegelstückchen die Kappen an; je wei- ter die Schichten sich dem Scheitel nähern, desto mehr Steine erhal- ten sie, bis man sie in der Scheitellinie des Gewölbes selbst schwal- benschwanzförmig zusammenwölbt. Außerdem werden die einzelnen Kappenschichten, um ihnen mehr Spannung und folglich Haltbarkeit zu geben, in sanften Bogen geschweift angelegt, wie die Zeichnung zeigt.
Will man die Richtungen des Seitenschubes beurtheilen, wel- chen ein solches Gewölbe ausüben wird, so darf man sich nur daran erinnern, daß es aus zwei sich schneidenden Tonnengewölben entstan- den ist. Das Tonnengewölbe übt seinen Seitenschub nach den Mauern hin, worauf das Gewölbe ruht. Die Kappen ruhen hier lediglich auf den Gradgurten, folglich müssen diese den ganzen Seitenschub der Kappen aufnehmen, da aber dieser Schub auf die Grade im Gleich- gewicht ist, weil er immer von zwei Kappen auf einen Grad ausgeübt wird, so frägt es sich blos noch, wohin die Grade ihren Schub aus- üben. Diese aber sind wie zwei Gurtbogen zu betrachten, welche die ganze Last des Gewölbes tragen. Der Schub des Ganzen geht also nach den diagonalen Richtungslinien der Grade, und wenn man sich an den Endpunkten dieser 4 Grade 4 Pfeiler als Widerlager denkt, so werden diese den ganzen Seitenschub auszuhalten haben. Die senk- rechten Schild- oder Stirnmauern dagegen haben gar keinen Seiten-
viel gleiche Theile wird nun auch die Länge des Grades NP. einge- theilt, und in den Theilungspunkten die auf NP. lothrechten Linien RR′ SS′ TT′ UU′ VV′ MQ. ꝛc. errichtet, welche man eben ſo lang macht, als die zuerſt genannten übereinſtimmenden Lothrechten rr′ ss′ ꝛc. Durch die auf ſolche Weiſe gefundenen Punkte, N′ R′ S′ T′ U′ V′ Q′ bis P. ziehe man eine ſtetige krumme Linie aus freier Hand, ſo entſteht eine halbe Ellipſe, welche die innere Wölb- linie des Gradbogens beſtimmt.
Von den Lehrbogen für die Grade eines regelmäßigen Kreuz- kappengewölbes wird einer in der Mitte durchſchnitten, der andere aber bleibt ganz. Letzterer wird durch einen in der Mitte des Vier- ecks aufgeſtellten Stiel (den Mönch) unterſtützt, und die beiden Hälf- ten des andern lehnen ſich von beiden Seiten gegen den Erſteren, und werden ebenfalls von dem Mönch getragen.
Nur geübte Maurer können Kreuzkappen aus freier Hand ein- wölben, ungeübte thun beſſer, das ganze Gewölbe vollſtändig zu verſchalen.
Die Lage der Steinſchichten in den Kappen wird aus der Zeich- nung deutlich. Jn jeder Ecke unterhalb fängt der Maurer mit einem kleinen dreieckig prismatiſchen Ziegelſtückchen die Kappen an; je wei- ter die Schichten ſich dem Scheitel nähern, deſto mehr Steine erhal- ten ſie, bis man ſie in der Scheitellinie des Gewölbes ſelbſt ſchwal- benſchwanzförmig zuſammenwölbt. Außerdem werden die einzelnen Kappenſchichten, um ihnen mehr Spannung und folglich Haltbarkeit zu geben, in ſanften Bogen geſchweift angelegt, wie die Zeichnung zeigt.
Will man die Richtungen des Seitenſchubes beurtheilen, wel- chen ein ſolches Gewölbe ausüben wird, ſo darf man ſich nur daran erinnern, daß es aus zwei ſich ſchneidenden Tonnengewölben entſtan- den iſt. Das Tonnengewölbe übt ſeinen Seitenſchub nach den Mauern hin, worauf das Gewölbe ruht. Die Kappen ruhen hier lediglich auf den Gradgurten, folglich müſſen dieſe den ganzen Seitenſchub der Kappen aufnehmen, da aber dieſer Schub auf die Grade im Gleich- gewicht iſt, weil er immer von zwei Kappen auf einen Grad ausgeübt wird, ſo frägt es ſich blos noch, wohin die Grade ihren Schub aus- üben. Dieſe aber ſind wie zwei Gurtbogen zu betrachten, welche die ganze Laſt des Gewölbes tragen. Der Schub des Ganzen geht alſo nach den diagonalen Richtungslinien der Grade, und wenn man ſich an den Endpunkten dieſer 4 Grade 4 Pfeiler als Widerlager denkt, ſo werden dieſe den ganzen Seitenſchub auszuhalten haben. Die ſenk- rechten Schild- oder Stirnmauern dagegen haben gar keinen Seiten-
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viel gleiche Theile wird nun auch die Länge des Grades NP. einge-
theilt, und in den Theilungspunkten die auf NP. lothrechten Linien
RR′ SS′ TT′ UU′ VV′ MQ. ꝛc. errichtet, welche man eben ſo
lang macht, als die zuerſt genannten übereinſtimmenden Lothrechten
rr′ ss′ ꝛc. Durch die auf ſolche Weiſe gefundenen Punkte, N′ R′
S′ T′ U′ V′ Q′ bis P. ziehe man eine ſtetige krumme Linie aus
freier Hand, ſo entſteht eine halbe Ellipſe, welche die innere Wölb-
linie des Gradbogens beſtimmt.
Von den Lehrbogen für die Grade eines regelmäßigen Kreuz-
kappengewölbes wird einer in der Mitte durchſchnitten, der andere
aber bleibt ganz. Letzterer wird durch einen in der Mitte des Vier-
ecks aufgeſtellten Stiel (den Mönch) unterſtützt, und die beiden Hälf-
ten des andern lehnen ſich von beiden Seiten gegen den Erſteren,
und werden ebenfalls von dem Mönch getragen.
Nur geübte Maurer können Kreuzkappen aus freier Hand ein-
wölben, ungeübte thun beſſer, das ganze Gewölbe vollſtändig zu
verſchalen.
Die Lage der Steinſchichten in den Kappen wird aus der Zeich-
nung deutlich. Jn jeder Ecke unterhalb fängt der Maurer mit einem
kleinen dreieckig prismatiſchen Ziegelſtückchen die Kappen an; je wei-
ter die Schichten ſich dem Scheitel nähern, deſto mehr Steine erhal-
ten ſie, bis man ſie in der Scheitellinie des Gewölbes ſelbſt ſchwal-
benſchwanzförmig zuſammenwölbt. Außerdem werden die einzelnen
Kappenſchichten, um ihnen mehr Spannung und folglich Haltbarkeit
zu geben, in ſanften Bogen geſchweift angelegt, wie die Zeichnung zeigt.
Will man die Richtungen des Seitenſchubes beurtheilen, wel-
chen ein ſolches Gewölbe ausüben wird, ſo darf man ſich nur daran
erinnern, daß es aus zwei ſich ſchneidenden Tonnengewölben entſtan-
den iſt. Das Tonnengewölbe übt ſeinen Seitenſchub nach den Mauern
hin, worauf das Gewölbe ruht. Die Kappen ruhen hier lediglich auf
den Gradgurten, folglich müſſen dieſe den ganzen Seitenſchub der
Kappen aufnehmen, da aber dieſer Schub auf die Grade im Gleich-
gewicht iſt, weil er immer von zwei Kappen auf einen Grad ausgeübt
wird, ſo frägt es ſich blos noch, wohin die Grade ihren Schub aus-
üben. Dieſe aber ſind wie zwei Gurtbogen zu betrachten, welche die
ganze Laſt des Gewölbes tragen. Der Schub des Ganzen geht alſo
nach den diagonalen Richtungslinien der Grade, und wenn man ſich
an den Endpunkten dieſer 4 Grade 4 Pfeiler als Widerlager denkt,
ſo werden dieſe den ganzen Seitenſchub auszuhalten haben. Die ſenk-
rechten Schild- oder Stirnmauern dagegen haben gar keinen Seiten-
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Menzel, Carl August (Hrsg.): Der praktische Maurer. Halle, 1847, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_maurer_1847/210>, abgerufen am 06.07.2024.
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