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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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der Religion finden müsse. Diese Lehren drängten
sich ihm aus dem Alterthum auf. Bei den Griechen
fand er, was für die Poesie jedes Volkes gilt, Sinn
für das Vaterland und die Religion. In dieser Weise
dürfen wir Klopstock als den ersten Vorgänger auch
in der Richtung betrachten, welche den Geist des
classischen Alterthums verfolgte. Er eröffnete seinen
Nachfolgern zwei Wege, die einen suchten die grie¬
chischen Formen, die andern den griechischen Geist
auf. Dort steht ihm Voß, hier Wieland am nächsten.
In Bezug auf das Formelle bildete Voß den
antiken Geschmack aus. Hier ist er der Meister. Mit
ihm begann die eigentliche Gräcomanie. Voß ist
der Fehler, zu welchem Klopstock hinneigte, das Ex¬
trem dieser ganzen falschen Richtung unsrer Poesie.
Weiter konnte sie nicht abirren. Voß, diesen seltsam¬
sten aller literarischen Pedanten, trieb ein Spiel der
Natur, durch welches zuweilen gerade das Fremd¬
artigste ein Gegenstand des Appetites wird, zu einer
tragikomischen Liebschaft der griechischen Grazie, und
er ahmte dieselbe in den possirlichsten Capriolen nach.
Er übernahm länger als ein halbes Jahrhundert die
Sisyphusarbeit, den rohen Runenstein der deutschen
Sprache auf den griechischen Parnaß zu schleppen,
doch immer

hurtig mit Donnergepolter entrollte der tückische
Marmor.

Er hatte die fixe Idee, man müsse die deutsche
Sprache auf eine mechanische Weise Sylbe für

der Religion finden muͤſſe. Dieſe Lehren draͤngten
ſich ihm aus dem Alterthum auf. Bei den Griechen
fand er, was fuͤr die Poeſie jedes Volkes gilt, Sinn
fuͤr das Vaterland und die Religion. In dieſer Weiſe
duͤrfen wir Klopſtock als den erſten Vorgaͤnger auch
in der Richtung betrachten, welche den Geiſt des
claſſiſchen Alterthums verfolgte. Er eroͤffnete ſeinen
Nachfolgern zwei Wege, die einen ſuchten die grie¬
chiſchen Formen, die andern den griechiſchen Geiſt
auf. Dort ſteht ihm Voß, hier Wieland am naͤchſten.
In Bezug auf das Formelle bildete Voß den
antiken Geſchmack aus. Hier iſt er der Meiſter. Mit
ihm begann die eigentliche Graͤcomanie. Voß iſt
der Fehler, zu welchem Klopſtock hinneigte, das Ex¬
trem dieſer ganzen falſchen Richtung unſrer Poeſie.
Weiter konnte ſie nicht abirren. Voß, dieſen ſeltſam¬
ſten aller literariſchen Pedanten, trieb ein Spiel der
Natur, durch welches zuweilen gerade das Fremd¬
artigſte ein Gegenſtand des Appetites wird, zu einer
tragikomiſchen Liebſchaft der griechiſchen Grazie, und
er ahmte dieſelbe in den poſſirlichſten Capriolen nach.
Er uͤbernahm laͤnger als ein halbes Jahrhundert die
Siſyphusarbeit, den rohen Runenſtein der deutſchen
Sprache auf den griechiſchen Parnaß zu ſchleppen,
doch immer

hurtig mit Donnergepolter entrollte der tuͤckiſche
Marmor.

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Sprache auf eine mechaniſche Weiſe Sylbe fuͤr

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[79/0089] der Religion finden muͤſſe. Dieſe Lehren draͤngten ſich ihm aus dem Alterthum auf. Bei den Griechen fand er, was fuͤr die Poeſie jedes Volkes gilt, Sinn fuͤr das Vaterland und die Religion. In dieſer Weiſe duͤrfen wir Klopſtock als den erſten Vorgaͤnger auch in der Richtung betrachten, welche den Geiſt des claſſiſchen Alterthums verfolgte. Er eroͤffnete ſeinen Nachfolgern zwei Wege, die einen ſuchten die grie¬ chiſchen Formen, die andern den griechiſchen Geiſt auf. Dort ſteht ihm Voß, hier Wieland am naͤchſten. In Bezug auf das Formelle bildete Voß den antiken Geſchmack aus. Hier iſt er der Meiſter. Mit ihm begann die eigentliche Graͤcomanie. Voß iſt der Fehler, zu welchem Klopſtock hinneigte, das Ex¬ trem dieſer ganzen falſchen Richtung unſrer Poeſie. Weiter konnte ſie nicht abirren. Voß, dieſen ſeltſam¬ ſten aller literariſchen Pedanten, trieb ein Spiel der Natur, durch welches zuweilen gerade das Fremd¬ artigſte ein Gegenſtand des Appetites wird, zu einer tragikomiſchen Liebſchaft der griechiſchen Grazie, und er ahmte dieſelbe in den poſſirlichſten Capriolen nach. Er uͤbernahm laͤnger als ein halbes Jahrhundert die Siſyphusarbeit, den rohen Runenſtein der deutſchen Sprache auf den griechiſchen Parnaß zu ſchleppen, doch immer hurtig mit Donnergepolter entrollte der tuͤckiſche Marmor. Er hatte die fixe Idee, man muͤſſe die deutſche Sprache auf eine mechaniſche Weiſe Sylbe fuͤr

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/89>, abgerufen am 28.11.2024.