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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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sichtbar zu machen und zu verstellen. Der Proteus
Krankheit entschlüpft immer wieder. Man weiß, daß
man die Natur nur durch sich selbst bezwingen kann.
Wohlthätig hat sie jedem Gift ein Gegengift gege¬
ben. Aber es ist schwer, in der unendlichen Tiefe
des Organismus die wahre Ursache, Stelle und Ei¬
genheit einer Krankheit, noch schwerer, im unendli¬
chen Umkreis der Natur das einzige Mittel dagegen
zu entdecken. Zwei Wege führen dazu, Theorie und
Empirie. Die Medicin folgt dem Gange der allge¬
meinen Naturkenntniß. Die Erfahrung ist immer das,
wovon man ausgeht, die Theorie das, wohin man
gelangt. Eine Menge von Erfahrungen reihen sich
von selbst in ein System, und der speculirende Ver¬
stand weiß nach der Analogie das Bekannte, das Un¬
bekannte zu enträthseln. Hier ist aber das Gebiet
der Erfahrung unermeßlich und die Thatsachen täu¬
schen, indem sie sich den Sinnen entziehn und unend¬
liche Modificationen erleiden. Kennt man aber auch
die Natur einer Krankheit, so ist es noch um die
Hauptsache, um das Mittel der Heilung zu thun.
Die guten alten Hausmittel, durch eine lange Tra¬
dition bewahrt, haben nicht mehr ausgereicht. Man
versuchte nachher auf allerlei Weise, und scharfsinnige
Combinationen oder das gute Glück führten auf neue
Mittel. Man verdankte die wichtigsten medicinischen
Entdeckungen Zufällen. Zuletzt wurden die Theorien
und Methoden Mode, welche theils aus der Combi¬
nation der Erfahrungen von selbst hervorgingen, theils

ſichtbar zu machen und zu verſtellen. Der Proteus
Krankheit entſchluͤpft immer wieder. Man weiß, daß
man die Natur nur durch ſich ſelbſt bezwingen kann.
Wohlthaͤtig hat ſie jedem Gift ein Gegengift gege¬
ben. Aber es iſt ſchwer, in der unendlichen Tiefe
des Organismus die wahre Urſache, Stelle und Ei¬
genheit einer Krankheit, noch ſchwerer, im unendli¬
chen Umkreis der Natur das einzige Mittel dagegen
zu entdecken. Zwei Wege fuͤhren dazu, Theorie und
Empirie. Die Medicin folgt dem Gange der allge¬
meinen Naturkenntniß. Die Erfahrung iſt immer das,
wovon man ausgeht, die Theorie das, wohin man
gelangt. Eine Menge von Erfahrungen reihen ſich
von ſelbſt in ein Syſtem, und der ſpeculirende Ver¬
ſtand weiß nach der Analogie das Bekannte, das Un¬
bekannte zu entraͤthſeln. Hier iſt aber das Gebiet
der Erfahrung unermeßlich und die Thatſachen taͤu¬
ſchen, indem ſie ſich den Sinnen entziehn und unend¬
liche Modificationen erleiden. Kennt man aber auch
die Natur einer Krankheit, ſo iſt es noch um die
Hauptſache, um das Mittel der Heilung zu thun.
Die guten alten Hausmittel, durch eine lange Tra¬
dition bewahrt, haben nicht mehr ausgereicht. Man
verſuchte nachher auf allerlei Weiſe, und ſcharfſinnige
Combinationen oder das gute Gluͤck fuͤhrten auf neue
Mittel. Man verdankte die wichtigſten mediciniſchen
Entdeckungen Zufaͤllen. Zuletzt wurden die Theorien
und Methoden Mode, welche theils aus der Combi¬
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[30/0040] ſichtbar zu machen und zu verſtellen. Der Proteus Krankheit entſchluͤpft immer wieder. Man weiß, daß man die Natur nur durch ſich ſelbſt bezwingen kann. Wohlthaͤtig hat ſie jedem Gift ein Gegengift gege¬ ben. Aber es iſt ſchwer, in der unendlichen Tiefe des Organismus die wahre Urſache, Stelle und Ei¬ genheit einer Krankheit, noch ſchwerer, im unendli¬ chen Umkreis der Natur das einzige Mittel dagegen zu entdecken. Zwei Wege fuͤhren dazu, Theorie und Empirie. Die Medicin folgt dem Gange der allge¬ meinen Naturkenntniß. Die Erfahrung iſt immer das, wovon man ausgeht, die Theorie das, wohin man gelangt. Eine Menge von Erfahrungen reihen ſich von ſelbſt in ein Syſtem, und der ſpeculirende Ver¬ ſtand weiß nach der Analogie das Bekannte, das Un¬ bekannte zu entraͤthſeln. Hier iſt aber das Gebiet der Erfahrung unermeßlich und die Thatſachen taͤu¬ ſchen, indem ſie ſich den Sinnen entziehn und unend¬ liche Modificationen erleiden. Kennt man aber auch die Natur einer Krankheit, ſo iſt es noch um die Hauptſache, um das Mittel der Heilung zu thun. Die guten alten Hausmittel, durch eine lange Tra¬ dition bewahrt, haben nicht mehr ausgereicht. Man verſuchte nachher auf allerlei Weiſe, und ſcharfſinnige Combinationen oder das gute Gluͤck fuͤhrten auf neue Mittel. Man verdankte die wichtigſten mediciniſchen Entdeckungen Zufaͤllen. Zuletzt wurden die Theorien und Methoden Mode, welche theils aus der Combi¬ nation der Erfahrungen von ſelbſt hervorgingen, theils

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/40>, abgerufen am 23.11.2024.