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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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wünschtes Ende machen sollten. Man kann sich de߬
falls ein Ideal ausmalen, aber ob es in unsrer Zeit
realisirt werden dürfte, muß bezweifelt werden. Es
giebt zwar geniale Kritiker genug und einzelne vor¬
treffliche Kritiken finden sich in gelehrten und belle¬
tristischen Journalen überall zerstreut. Die Kräfte
wären da, aber die Vereinigung derselben ist nicht
möglich. Hier stehn sich die Parteiansichten allzuschroff
entgegen. Wo Einheit herrschen soll, kann immer
nur eine Partei herrschen, und dieser werden sich die
entgegengesetzten Parteien mit allen ihren Kräften
entziehn. Die herrschende Partei kann durch ihren
großen Anhang unterstützt zwar die höchste Autorität
usurpiren, aber diese wird von den unterdrückten Par¬
teien nie anerkannt und die Opposition derselben wird
in dem Maaß heftiger werden, als jene anmaßender
wird.

Wie aber, wenn eine solche kritische Gesellschaft
ohne eignen Zweck sich einem fremden, etwa politi¬
schen Zweck hingäbe, und durch einen gewissen poli¬
tischen Nachdruck sich das Monopol der Kritik zu
verschaffen wüßte? Liegt der Gedanke zu fern, daß
ein philosophischer und wissenschaftlicher Jesuitismus
entstehn könnte, der unter veränderten Umständen für
den politischen Absolutismus werden wollte, was der
religiöse für den kirchlichen gewesen? daß an die
Stelle des geregelten Fanatismus ein geregelter So¬
phismus treten könnte, daß alle Mittel der Dialektik
aufgeboten werden könnten, wie einst alle Mittel der

wuͤnſchtes Ende machen ſollten. Man kann ſich de߬
falls ein Ideal ausmalen, aber ob es in unſrer Zeit
realiſirt werden duͤrfte, muß bezweifelt werden. Es
giebt zwar geniale Kritiker genug und einzelne vor¬
treffliche Kritiken finden ſich in gelehrten und belle¬
triſtiſchen Journalen uͤberall zerſtreut. Die Kraͤfte
waͤren da, aber die Vereinigung derſelben iſt nicht
moͤglich. Hier ſtehn ſich die Parteianſichten allzuſchroff
entgegen. Wo Einheit herrſchen ſoll, kann immer
nur eine Partei herrſchen, und dieſer werden ſich die
entgegengeſetzten Parteien mit allen ihren Kraͤften
entziehn. Die herrſchende Partei kann durch ihren
großen Anhang unterſtuͤtzt zwar die hoͤchſte Autoritaͤt
uſurpiren, aber dieſe wird von den unterdruͤckten Par¬
teien nie anerkannt und die Oppoſition derſelben wird
in dem Maaß heftiger werden, als jene anmaßender
wird.

Wie aber, wenn eine ſolche kritiſche Geſellſchaft
ohne eignen Zweck ſich einem fremden, etwa politi¬
ſchen Zweck hingaͤbe, und durch einen gewiſſen poli¬
tiſchen Nachdruck ſich das Monopol der Kritik zu
verſchaffen wuͤßte? Liegt der Gedanke zu fern, daß
ein philoſophiſcher und wiſſenſchaftlicher Jeſuitismus
entſtehn koͤnnte, der unter veraͤnderten Umſtaͤnden fuͤr
den politiſchen Abſolutismus werden wollte, was der
religioͤſe fuͤr den kirchlichen geweſen? daß an die
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[301/0311] wuͤnſchtes Ende machen ſollten. Man kann ſich de߬ falls ein Ideal ausmalen, aber ob es in unſrer Zeit realiſirt werden duͤrfte, muß bezweifelt werden. Es giebt zwar geniale Kritiker genug und einzelne vor¬ treffliche Kritiken finden ſich in gelehrten und belle¬ triſtiſchen Journalen uͤberall zerſtreut. Die Kraͤfte waͤren da, aber die Vereinigung derſelben iſt nicht moͤglich. Hier ſtehn ſich die Parteianſichten allzuſchroff entgegen. Wo Einheit herrſchen ſoll, kann immer nur eine Partei herrſchen, und dieſer werden ſich die entgegengeſetzten Parteien mit allen ihren Kraͤften entziehn. Die herrſchende Partei kann durch ihren großen Anhang unterſtuͤtzt zwar die hoͤchſte Autoritaͤt uſurpiren, aber dieſe wird von den unterdruͤckten Par¬ teien nie anerkannt und die Oppoſition derſelben wird in dem Maaß heftiger werden, als jene anmaßender wird. Wie aber, wenn eine ſolche kritiſche Geſellſchaft ohne eignen Zweck ſich einem fremden, etwa politi¬ ſchen Zweck hingaͤbe, und durch einen gewiſſen poli¬ tiſchen Nachdruck ſich das Monopol der Kritik zu verſchaffen wuͤßte? Liegt der Gedanke zu fern, daß ein philoſophiſcher und wiſſenſchaftlicher Jeſuitismus entſtehn koͤnnte, der unter veraͤnderten Umſtaͤnden fuͤr den politiſchen Abſolutismus werden wollte, was der religioͤſe fuͤr den kirchlichen geweſen? daß an die Stelle des geregelten Fanatismus ein geregelter So¬ phismus treten koͤnnte, daß alle Mittel der Dialektik aufgeboten werden koͤnnten, wie einſt alle Mittel der

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/311>, abgerufen am 28.11.2024.