Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.nacheifern, und soll sie dem Zeitgeist huldigen, so Wir haben schon oben in jenem historischen Ele¬ Natürlich steht der historische Roman in einem nacheifern, und ſoll ſie dem Zeitgeiſt huldigen, ſo Wir haben ſchon oben in jenem hiſtoriſchen Ele¬ Natuͤrlich ſteht der hiſtoriſche Roman in einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0194" n="184"/> nacheifern, und ſoll ſie dem Zeitgeiſt huldigen, ſo<lb/> muß ſie das hiſtoriſche Element in ſich aufnehmen,<lb/> wie ſie ja auch im vorigen Jahrhundert ein philoſo¬<lb/> phiſches mit ſich vermaͤhlt hat. Der hiſtoriſche Ro¬<lb/> man iſt mithin das echte Kind ſeiner Zeit.</p><lb/> <p>Wir haben ſchon oben in jenem hiſtoriſchen Ele¬<lb/> ment zugleich ein demokratiſches erkannt, und eben<lb/> dadurch unterſcheidet ſich die neue Gattung von Ro¬<lb/> manen von den aͤltern hiſtoriſchen Darſtellungen. Die<lb/> Poeſie zeigt hier daſſelbe Verhaͤltniß, wie die Politik.<lb/> Die walterſcottiſirenden Romane repraͤſentiren das<lb/> Volk, die aͤltern Heldengeſchichten die Monarchie oder<lb/> Ariſtokratie. Dieſe Wechſelbeziehung iſt natuͤrlich.<lb/> Beides, die neuen Verfaſſungen und die neuen Ro¬<lb/> mane beruhen auf der Wichtigkeit, welche die Voͤlker<lb/> neuerdings erlangt haben.</p><lb/> <p>Natuͤrlich ſteht der hiſtoriſche Roman in einem<lb/> ſehr nahen Verhaͤltniß zur Geſchichtſchreibung, und<lb/> wenn er auch vorzugsweiſe das Schoͤne oder nur das<lb/> Intereſſante, Reizende, die ſtrenge Geſchichte dage¬<lb/> gen das Wahre, abgeſehn von jenem Reiz, auffaßt,<lb/> ſo iſt doch der Stoff immer der naͤmliche. Wirklich<lb/> graͤnzen aber beide im Gebiet der Specialgeſchichte<lb/> ſo nahe zuſammen, daß ſie eigentlich in einander<lb/> uͤbergehn. Die Weltgeſchichte iſt bereits ſo angewach¬<lb/> ſen, daß wir Muͤhe haben, ſie nur in ihren wichtig¬<lb/> ſten Thatſachen zu uͤberblicken. Das Detail muͤſſen<lb/> wir ſondern, wir koͤnnen es nicht mehr dem Bau<lb/> des Ganzen in der welthiſtoriſchen Darſtellung ein¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [184/0194]
nacheifern, und ſoll ſie dem Zeitgeiſt huldigen, ſo
muß ſie das hiſtoriſche Element in ſich aufnehmen,
wie ſie ja auch im vorigen Jahrhundert ein philoſo¬
phiſches mit ſich vermaͤhlt hat. Der hiſtoriſche Ro¬
man iſt mithin das echte Kind ſeiner Zeit.
Wir haben ſchon oben in jenem hiſtoriſchen Ele¬
ment zugleich ein demokratiſches erkannt, und eben
dadurch unterſcheidet ſich die neue Gattung von Ro¬
manen von den aͤltern hiſtoriſchen Darſtellungen. Die
Poeſie zeigt hier daſſelbe Verhaͤltniß, wie die Politik.
Die walterſcottiſirenden Romane repraͤſentiren das
Volk, die aͤltern Heldengeſchichten die Monarchie oder
Ariſtokratie. Dieſe Wechſelbeziehung iſt natuͤrlich.
Beides, die neuen Verfaſſungen und die neuen Ro¬
mane beruhen auf der Wichtigkeit, welche die Voͤlker
neuerdings erlangt haben.
Natuͤrlich ſteht der hiſtoriſche Roman in einem
ſehr nahen Verhaͤltniß zur Geſchichtſchreibung, und
wenn er auch vorzugsweiſe das Schoͤne oder nur das
Intereſſante, Reizende, die ſtrenge Geſchichte dage¬
gen das Wahre, abgeſehn von jenem Reiz, auffaßt,
ſo iſt doch der Stoff immer der naͤmliche. Wirklich
graͤnzen aber beide im Gebiet der Specialgeſchichte
ſo nahe zuſammen, daß ſie eigentlich in einander
uͤbergehn. Die Weltgeſchichte iſt bereits ſo angewach¬
ſen, daß wir Muͤhe haben, ſie nur in ihren wichtig¬
ſten Thatſachen zu uͤberblicken. Das Detail muͤſſen
wir ſondern, wir koͤnnen es nicht mehr dem Bau
des Ganzen in der welthiſtoriſchen Darſtellung ein¬
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