endlichen Fülle von Bildern und Empfindungen sät¬ tigt. Aus dem ganzen Umkreis des Entfernten und Vergangenen wählt nun der Dichter helle zusammen¬ hängende Bilder aus, und stellt sie uns in einem ge¬ fälligen Rahmen vor die Augen. Wir blicken in die fremde Gegenwart hinein, in eine andere Welt, in der doch alles so natürlich ist, als ob es noch lebte, und dies ist das Epos des historischen Romans. End¬ lich führt der Dichter verschiedene Nationen zusam¬ men, und wählt dazu Momente der Geschichte, in welchen sie wirklich in lebhaften Conflikt gekommen sind. Hier hebt sich jede Eigenthümlichkeit durch den Contrast, und die Reibung ruft die höchste Thätig¬ keit des Nationalgeistes hervor. In Kriegen und Re¬ volutionen spielen und glühen alle Farben durcheinan¬ der, schärft sich die Physiognomie, erwachen die schlum¬ mernden Kräfte und offenbaren in großen Leidenschaf¬ ten, was im Gemüth der Völker zu Grunde liegt. Das ist das Dramatische des historischen Romans und seine Vollendung.
Ziehen wir alles dies in Betrachtung, so ergibt sich, daß es immer nur das Volk ist, was als der eigentliche Held des historischen Romans betrachtet werden muß. Davon hängt nun auch das Gesetz ab, daß der Dichter sich einer möglichst objectiven Dar¬ stellung befleißige, denn wenn es ihm vergönnt ist, einem Menschen seine Gesinnungen und Empfindungen unterzulegen, so kann dies doch nicht bei einem Volke oder dessen Repräsentanten Statt finden. Das Volk
endlichen Fuͤlle von Bildern und Empfindungen ſaͤt¬ tigt. Aus dem ganzen Umkreis des Entfernten und Vergangenen waͤhlt nun der Dichter helle zuſammen¬ haͤngende Bilder aus, und ſtellt ſie uns in einem ge¬ faͤlligen Rahmen vor die Augen. Wir blicken in die fremde Gegenwart hinein, in eine andere Welt, in der doch alles ſo natuͤrlich iſt, als ob es noch lebte, und dies iſt das Epos des hiſtoriſchen Romans. End¬ lich fuͤhrt der Dichter verſchiedene Nationen zuſam¬ men, und waͤhlt dazu Momente der Geſchichte, in welchen ſie wirklich in lebhaften Conflikt gekommen ſind. Hier hebt ſich jede Eigenthuͤmlichkeit durch den Contraſt, und die Reibung ruft die hoͤchſte Thaͤtig¬ keit des Nationalgeiſtes hervor. In Kriegen und Re¬ volutionen ſpielen und gluͤhen alle Farben durcheinan¬ der, ſchaͤrft ſich die Phyſiognomie, erwachen die ſchlum¬ mernden Kraͤfte und offenbaren in großen Leidenſchaf¬ ten, was im Gemuͤth der Voͤlker zu Grunde liegt. Das iſt das Dramatiſche des hiſtoriſchen Romans und ſeine Vollendung.
Ziehen wir alles dies in Betrachtung, ſo ergibt ſich, daß es immer nur das Volk iſt, was als der eigentliche Held des hiſtoriſchen Romans betrachtet werden muß. Davon haͤngt nun auch das Geſetz ab, daß der Dichter ſich einer moͤglichſt objectiven Dar¬ ſtellung befleißige, denn wenn es ihm vergoͤnnt iſt, einem Menſchen ſeine Geſinnungen und Empfindungen unterzulegen, ſo kann dies doch nicht bei einem Volke oder deſſen Repraͤſentanten Statt finden. Das Volk
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endlichen Fuͤlle von Bildern und Empfindungen ſaͤt¬
tigt. Aus dem ganzen Umkreis des Entfernten und
Vergangenen waͤhlt nun der Dichter helle zuſammen¬
haͤngende Bilder aus, und ſtellt ſie uns in einem ge¬
faͤlligen Rahmen vor die Augen. Wir blicken in die
fremde Gegenwart hinein, in eine andere Welt, in
der doch alles ſo natuͤrlich iſt, als ob es noch lebte,
und dies iſt das Epos des hiſtoriſchen Romans. End¬
lich fuͤhrt der Dichter verſchiedene Nationen zuſam¬
men, und waͤhlt dazu Momente der Geſchichte, in
welchen ſie wirklich in lebhaften Conflikt gekommen
ſind. Hier hebt ſich jede Eigenthuͤmlichkeit durch den
Contraſt, und die Reibung ruft die hoͤchſte Thaͤtig¬
keit des Nationalgeiſtes hervor. In Kriegen und Re¬
volutionen ſpielen und gluͤhen alle Farben durcheinan¬
der, ſchaͤrft ſich die Phyſiognomie, erwachen die ſchlum¬
mernden Kraͤfte und offenbaren in großen Leidenſchaf¬
ten, was im Gemuͤth der Voͤlker zu Grunde liegt.
Das iſt das Dramatiſche des hiſtoriſchen Romans
und ſeine Vollendung.
Ziehen wir alles dies in Betrachtung, ſo ergibt
ſich, daß es immer nur das Volk iſt, was als der
eigentliche Held des hiſtoriſchen Romans betrachtet
werden muß. Davon haͤngt nun auch das Geſetz ab,
daß der Dichter ſich einer moͤglichſt objectiven Dar¬
ſtellung befleißige, denn wenn es ihm vergoͤnnt iſt,
einem Menſchen ſeine Geſinnungen und Empfindungen
unterzulegen, ſo kann dies doch nicht bei einem Volke
oder deſſen Repraͤſentanten Statt finden. Das Volk
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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/190>, abgerufen am 24.11.2024.
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