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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.

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durch die Systeme. Die Materie reicht für die fein¬
sten Kunstgetriebe der Harmonik weder in der Musik,
noch in der Baukunst aus, erst in der geistigen Har¬
monik erreicht diese Kunstgattung ihren Gipfel. Wenn
aber die Mathematik in jenen ersten beiden Künsten
sich den Sinnen aufdrängt, so bleibt diese höhere
Harmonik freilich dem leiblichen Aug und Ohr ver¬
borgen, und es bedarf eines höhern Sinnes, sie zu
vernehmen, eines Sinnes, der sehr selten ist. Man
sucht daher auch an den kunstreichsten Gebäuden die¬
ser Art meistens nur einzelne Parthien heraus, und
das Ganze zu durchdringen, seine Construction zu
ergründen, fällt den meisten zu schwer, oder sie den¬
ken nicht einmal an das Daseyn der ihnen verborge¬
nen Kunst. Sie ahnen nichts von jener höhern Musik,
wo die Töne Ideen sind.

Jene prophetischen Geister sehen die geistige
Ideenmasse und ihre Reihenfolge, wie die Masse der
Materie, und wie die Scala an, und begründen
darauf nach architektonischen und musikalischen Regeln
ihre kunstreichen Systeme, die wir daher den alten
Domen oder den Prachtgebäuden der musikalischen
Harmonie vergleichen dürfen. Es ist dieselbe Harmo¬
nik, die hier wie dort angewendet wird, wie aber
der Ton schon geistiger ist, als die architektonische
Form, so wieder die Ideen geistiger als der Ton.
Die Harmonik kann in keiner feinern Materie wal¬
ten, als in den Ideen. Dieser Stoff heiligt sie aber
nicht allein, vielmehr giebt sie selbst ihm erst den

durch die Syſteme. Die Materie reicht fuͤr die fein¬
ſten Kunſtgetriebe der Harmonik weder in der Muſik,
noch in der Baukunſt aus, erſt in der geiſtigen Har¬
monik erreicht dieſe Kunſtgattung ihren Gipfel. Wenn
aber die Mathematik in jenen erſten beiden Kuͤnſten
ſich den Sinnen aufdraͤngt, ſo bleibt dieſe hoͤhere
Harmonik freilich dem leiblichen Aug und Ohr ver¬
borgen, und es bedarf eines hoͤhern Sinnes, ſie zu
vernehmen, eines Sinnes, der ſehr ſelten iſt. Man
ſucht daher auch an den kunſtreichſten Gebaͤuden die¬
ſer Art meiſtens nur einzelne Parthien heraus, und
das Ganze zu durchdringen, ſeine Conſtruction zu
ergruͤnden, faͤllt den meiſten zu ſchwer, oder ſie den¬
ken nicht einmal an das Daſeyn der ihnen verborge¬
nen Kunſt. Sie ahnen nichts von jener hoͤhern Muſik,
wo die Toͤne Ideen ſind.

Jene prophetiſchen Geiſter ſehen die geiſtige
Ideenmaſſe und ihre Reihenfolge, wie die Maſſe der
Materie, und wie die Scala an, und begruͤnden
darauf nach architektoniſchen und muſikaliſchen Regeln
ihre kunſtreichen Syſteme, die wir daher den alten
Domen oder den Prachtgebaͤuden der muſikaliſchen
Harmonie vergleichen duͤrfen. Es iſt dieſelbe Harmo¬
nik, die hier wie dort angewendet wird, wie aber
der Ton ſchon geiſtiger iſt, als die architektoniſche
Form, ſo wieder die Ideen geiſtiger als der Ton.
Die Harmonik kann in keiner feinern Materie wal¬
ten, als in den Ideen. Dieſer Stoff heiligt ſie aber
nicht allein, vielmehr giebt ſie ſelbſt ihm erſt den

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[135/0145] durch die Syſteme. Die Materie reicht fuͤr die fein¬ ſten Kunſtgetriebe der Harmonik weder in der Muſik, noch in der Baukunſt aus, erſt in der geiſtigen Har¬ monik erreicht dieſe Kunſtgattung ihren Gipfel. Wenn aber die Mathematik in jenen erſten beiden Kuͤnſten ſich den Sinnen aufdraͤngt, ſo bleibt dieſe hoͤhere Harmonik freilich dem leiblichen Aug und Ohr ver¬ borgen, und es bedarf eines hoͤhern Sinnes, ſie zu vernehmen, eines Sinnes, der ſehr ſelten iſt. Man ſucht daher auch an den kunſtreichſten Gebaͤuden die¬ ſer Art meiſtens nur einzelne Parthien heraus, und das Ganze zu durchdringen, ſeine Conſtruction zu ergruͤnden, faͤllt den meiſten zu ſchwer, oder ſie den¬ ken nicht einmal an das Daſeyn der ihnen verborge¬ nen Kunſt. Sie ahnen nichts von jener hoͤhern Muſik, wo die Toͤne Ideen ſind. Jene prophetiſchen Geiſter ſehen die geiſtige Ideenmaſſe und ihre Reihenfolge, wie die Maſſe der Materie, und wie die Scala an, und begruͤnden darauf nach architektoniſchen und muſikaliſchen Regeln ihre kunſtreichen Syſteme, die wir daher den alten Domen oder den Prachtgebaͤuden der muſikaliſchen Harmonie vergleichen duͤrfen. Es iſt dieſelbe Harmo¬ nik, die hier wie dort angewendet wird, wie aber der Ton ſchon geiſtiger iſt, als die architektoniſche Form, ſo wieder die Ideen geiſtiger als der Ton. Die Harmonik kann in keiner feinern Materie wal¬ ten, als in den Ideen. Dieſer Stoff heiligt ſie aber nicht allein, vielmehr giebt ſie ſelbſt ihm erſt den

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur02_1828/145>, abgerufen am 23.11.2024.