Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 2. Stuttgart, 1828.um so heller leuchten; unter den Larven der Hölle Dieser Schönheit erstes Geheimniß ist die engel¬ Wird sie des eigenen Glückes sich bewußt, so 6 *
um ſo heller leuchten; unter den Larven der Hoͤlle Dieſer Schoͤnheit erſtes Geheimniß iſt die engel¬ Wird ſie des eigenen Gluͤckes ſich bewußt, ſo 6 *
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um ſo heller leuchten; unter den Larven der Hoͤlle
wird der Engel ſchoͤner.
Dieſer Schoͤnheit erſtes Geheimniß iſt die engel¬
reine Unſchuld, die ewig in den edelſten Naturen
wohnt. Dieſer Adel der Unſchuld kehrt in denſelben
himmliſchen Zuͤgen eines reinen jugendlichen Engels
in allen großen Dichtungen Schiller's wieder. In
der lichteſten Verklaͤrung, als reine Kindlichkeit, voͤl¬
lig waffenlos und dennoch unantaſtbar, gleich jenem
Koͤnigskinde, welches, nach der Sage, unter den wil¬
den Thieren des Waldes unverletzt und laͤchelnd
ſpielte, erſcheint dieſe Unſchuld in dem herrlichen
Bilde Fridolins.
Wird ſie des eigenen Gluͤckes ſich bewußt, ſo
weckt ſie den Neid der himmliſchen Maͤchte. In die¬
ſem neuen ruͤhrenden Reiz erblicken wir ſie bei Hero
und Leander. Mit dem kriegeriſchen Helme geſchmuͤckt,
vom Feuer edler Leidenſchaft die bluͤhende Wange
geroͤthet, tritt die jugendliche Unſchuld allen dunkeln
Maͤchten der Hoͤlle gegenuͤber. So hat Schiller im
Taucher und in der Buͤrgſchaft ſie geſchildert, und in
jenen ungluͤcklich Liebenden, Karl Moor und Amalien,
Ferdinand und Louiſen, vor allem in Max Piccolo¬
mini und Thekla. Über dieſen ruͤhrenden Geſtalten
ſchwebt ein Zauber der Poeſie, der ſeines gleichen
nicht hat. Es iſt ein Floͤtenton in wilder, kreiſchen¬
der Muſik, ein blauer Himmelsblick im Ungewitter,
ein Paradies am Abgrund eines Kraters.
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