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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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Sie sprechen von einer absoluten Freiheit und von
einer absoluten Abhängigkeit, der sich alles fügen
soll, sie weisen auch wohl nach, daß die Freiheit
des Willens und das Recht der Selbstbestimmung,
oder aber die Abhängigkeit von einem höhern über
der Gesellschaft waltenden Wesen und di Pflicht der
Unterwerfung unter dasselbe allen menschlichen Hand¬
lungen zu Grunde liege, aber sie gehn immer von
einem idealen Gesichtspunkt aus und wollen zu einem
idealen Ziele hinführen, zu einer Anordnung der
menschlichen Gesellschaft, in welcher entweder jene
Freiheit oder jene Abhängigkeit allgemein anerkannt
und die derselben entsprechenden politischen Formen
unabänderlich festgestellt seyn müßten. Alle Menschen
sollen sich der einen oder andern Ansicht fügen, und
man streitet nur darüber, welcher Ansicht?

Dies ist der Grundirrthum beider Parteien. Man
muß die Frage nach absoluter Freiheit und Unabhän¬
gigkeit in der weit wichtigern Frage nach dem rela¬
tiven Vermögen der Menschen, und sofern von der
Gesellschaft die Rede ist, nach der Vertheilung die¬
ser Vermögen unter die Menschen zu begründen su¬
chen. Wir werden nicht mehr nöthig haben, zu fra¬
gen: soll der Mensch frei seyn? wenn erst erwiesen
ist, daß sie alle die gleiche Kraft dazu besitzen. Eben
so werden wir nicht mehr untersuchen dürfen, ob die
Abhängigkeit der einen und andern nothwendig sey,
wenn wir die Vermögen kennen, die den einen und
den andern von Natur zugetheilt sind. Die republi¬

Sie ſprechen von einer abſoluten Freiheit und von
einer abſoluten Abhaͤngigkeit, der ſich alles fuͤgen
ſoll, ſie weiſen auch wohl nach, daß die Freiheit
des Willens und das Recht der Selbſtbeſtimmung,
oder aber die Abhaͤngigkeit von einem hoͤhern uͤber
der Geſellſchaft waltenden Weſen und di Pflicht der
Unterwerfung unter daſſelbe allen menſchlichen Hand¬
lungen zu Grunde liege, aber ſie gehn immer von
einem idealen Geſichtspunkt aus und wollen zu einem
idealen Ziele hinfuͤhren, zu einer Anordnung der
menſchlichen Geſellſchaft, in welcher entweder jene
Freiheit oder jene Abhaͤngigkeit allgemein anerkannt
und die derſelben entſprechenden politiſchen Formen
unabaͤnderlich feſtgeſtellt ſeyn muͤßten. Alle Menſchen
ſollen ſich der einen oder andern Anſicht fuͤgen, und
man ſtreitet nur daruͤber, welcher Anſicht?

Dies iſt der Grundirrthum beider Parteien. Man
muß die Frage nach abſoluter Freiheit und Unabhaͤn¬
gigkeit in der weit wichtigern Frage nach dem rela¬
tiven Vermoͤgen der Menſchen, und ſofern von der
Geſellſchaft die Rede iſt, nach der Vertheilung die¬
ſer Vermoͤgen unter die Menſchen zu begruͤnden ſu¬
chen. Wir werden nicht mehr noͤthig haben, zu fra¬
gen: ſoll der Menſch frei ſeyn? wenn erſt erwieſen
iſt, daß ſie alle die gleiche Kraft dazu beſitzen. Eben
ſo werden wir nicht mehr unterſuchen duͤrfen, ob die
Abhaͤngigkeit der einen und andern nothwendig ſey,
wenn wir die Vermoͤgen kennen, die den einen und
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[235/0245] Sie ſprechen von einer abſoluten Freiheit und von einer abſoluten Abhaͤngigkeit, der ſich alles fuͤgen ſoll, ſie weiſen auch wohl nach, daß die Freiheit des Willens und das Recht der Selbſtbeſtimmung, oder aber die Abhaͤngigkeit von einem hoͤhern uͤber der Geſellſchaft waltenden Weſen und di Pflicht der Unterwerfung unter daſſelbe allen menſchlichen Hand¬ lungen zu Grunde liege, aber ſie gehn immer von einem idealen Geſichtspunkt aus und wollen zu einem idealen Ziele hinfuͤhren, zu einer Anordnung der menſchlichen Geſellſchaft, in welcher entweder jene Freiheit oder jene Abhaͤngigkeit allgemein anerkannt und die derſelben entſprechenden politiſchen Formen unabaͤnderlich feſtgeſtellt ſeyn muͤßten. Alle Menſchen ſollen ſich der einen oder andern Anſicht fuͤgen, und man ſtreitet nur daruͤber, welcher Anſicht? Dies iſt der Grundirrthum beider Parteien. Man muß die Frage nach abſoluter Freiheit und Unabhaͤn¬ gigkeit in der weit wichtigern Frage nach dem rela¬ tiven Vermoͤgen der Menſchen, und ſofern von der Geſellſchaft die Rede iſt, nach der Vertheilung die¬ ſer Vermoͤgen unter die Menſchen zu begruͤnden ſu¬ chen. Wir werden nicht mehr noͤthig haben, zu fra¬ gen: ſoll der Menſch frei ſeyn? wenn erſt erwieſen iſt, daß ſie alle die gleiche Kraft dazu beſitzen. Eben ſo werden wir nicht mehr unterſuchen duͤrfen, ob die Abhaͤngigkeit der einen und andern nothwendig ſey, wenn wir die Vermoͤgen kennen, die den einen und den andern von Natur zugetheilt ſind. Die republi¬

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/245>, abgerufen am 21.11.2024.