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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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neue Reich hinüber dauert. Die Menschen sind und
bleiben verschieden, und indem man sich von der ma¬
teriellen Basis, wo allein Gleichheit möglich und
recht ist, entfernt, um Träumen nachzujagen, gibt man
die wahren Vortheile des Systems auf.

Was nun die entgegengesetzte so genannte ser¬
vile
Partei betrifft, so entspricht dieselbe dem poli¬
tischen Charakter des Mittelalters und beharrt in
demselben Maaße, als der Liberalismus die politi¬
schen Ruinen der Vergangenheit nicht zerstören kann.
Der Servilismus entspricht dem Katholicismus, er
ist das ausschließliche legitime System, die alleinselig¬
machende und verdammende politische Kirche. Seine
Partei hat er in den bevorrechteten Ständen und im
Pöbel im Gegensatz gegen den bürgerlichen Mittel¬
stand. Die ganze neuere Bildung ist sein Feind, vor
dem er sich nur durch Tradition, alte Urkunden und
alte Gewalt schützt.

Der Servilismus geht auch nicht von der Ge¬
sellschaft, sondern von Gott aus. Die Quelle aller
seiner Folgerungen ist die göttliche Gewalt über den
Menschen. Er ist also im innersten Princip kirchlich,
theokratisch, sey nun der Stellvertreter Gottes ein
Oberpriester, ein König oder ein Stand. Die sacra
majestas
ist für ihn, was die Selbstbestimmung für
den Liberalismus. Es scheint der Liberalismus sey
aus dem männlichen Kraftgefühl und Übermuth, der
Servilismus aus der weiblichen Liebe und Furcht
hervorgegangen. Wenn der Mensch auf der einen

neue Reich hinuͤber dauert. Die Menſchen ſind und
bleiben verſchieden, und indem man ſich von der ma¬
teriellen Baſis, wo allein Gleichheit moͤglich und
recht iſt, entfernt, um Traͤumen nachzujagen, gibt man
die wahren Vortheile des Syſtems auf.

Was nun die entgegengeſetzte ſo genannte ſer¬
vile
Partei betrifft, ſo entſpricht dieſelbe dem poli¬
tiſchen Charakter des Mittelalters und beharrt in
demſelben Maaße, als der Liberalismus die politi¬
ſchen Ruinen der Vergangenheit nicht zerſtoͤren kann.
Der Servilismus entſpricht dem Katholicismus, er
iſt das ausſchließliche legitime Syſtem, die alleinſelig¬
machende und verdammende politiſche Kirche. Seine
Partei hat er in den bevorrechteten Staͤnden und im
Poͤbel im Gegenſatz gegen den buͤrgerlichen Mittel¬
ſtand. Die ganze neuere Bildung iſt ſein Feind, vor
dem er ſich nur durch Tradition, alte Urkunden und
alte Gewalt ſchuͤtzt.

Der Servilismus geht auch nicht von der Ge¬
ſellſchaft, ſondern von Gott aus. Die Quelle aller
ſeiner Folgerungen iſt die goͤttliche Gewalt uͤber den
Menſchen. Er iſt alſo im innerſten Princip kirchlich,
theokratiſch, ſey nun der Stellvertreter Gottes ein
Oberprieſter, ein Koͤnig oder ein Stand. Die sacra
majestas
iſt fuͤr ihn, was die Selbſtbeſtimmung fuͤr
den Liberalismus. Es ſcheint der Liberalismus ſey
aus dem maͤnnlichen Kraftgefuͤhl und Übermuth, der
Servilismus aus der weiblichen Liebe und Furcht
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[231/0241] neue Reich hinuͤber dauert. Die Menſchen ſind und bleiben verſchieden, und indem man ſich von der ma¬ teriellen Baſis, wo allein Gleichheit moͤglich und recht iſt, entfernt, um Traͤumen nachzujagen, gibt man die wahren Vortheile des Syſtems auf. Was nun die entgegengeſetzte ſo genannte ſer¬ vile Partei betrifft, ſo entſpricht dieſelbe dem poli¬ tiſchen Charakter des Mittelalters und beharrt in demſelben Maaße, als der Liberalismus die politi¬ ſchen Ruinen der Vergangenheit nicht zerſtoͤren kann. Der Servilismus entſpricht dem Katholicismus, er iſt das ausſchließliche legitime Syſtem, die alleinſelig¬ machende und verdammende politiſche Kirche. Seine Partei hat er in den bevorrechteten Staͤnden und im Poͤbel im Gegenſatz gegen den buͤrgerlichen Mittel¬ ſtand. Die ganze neuere Bildung iſt ſein Feind, vor dem er ſich nur durch Tradition, alte Urkunden und alte Gewalt ſchuͤtzt. Der Servilismus geht auch nicht von der Ge¬ ſellſchaft, ſondern von Gott aus. Die Quelle aller ſeiner Folgerungen iſt die goͤttliche Gewalt uͤber den Menſchen. Er iſt alſo im innerſten Princip kirchlich, theokratiſch, ſey nun der Stellvertreter Gottes ein Oberprieſter, ein Koͤnig oder ein Stand. Die sacra majestas iſt fuͤr ihn, was die Selbſtbeſtimmung fuͤr den Liberalismus. Es ſcheint der Liberalismus ſey aus dem maͤnnlichen Kraftgefuͤhl und Übermuth, der Servilismus aus der weiblichen Liebe und Furcht hervorgegangen. Wenn der Menſch auf der einen

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/241>, abgerufen am 24.11.2024.