Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.Ansichten, wie sie im Kleinen überall sich geltend Die Einen bringen ein Ideal des menschlichen Anſichten, wie ſie im Kleinen uͤberall ſich geltend Die Einen bringen ein Ideal des menſchlichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0214" n="204"/> Anſichten, wie ſie im Kleinen uͤberall ſich geltend<lb/> machen, nicht weitlaͤuftig beſprechen, ſondern muß<lb/> mich an die groͤßern Hauptanſichten halten, die im<lb/> hiſtoriſchen Gebiete herrſchend ſind. Im Einzelnen<lb/> hoͤren wir uͤberall einen Glauben, ein Volk oder ei¬<lb/> nen Stamm oder nur Perſonen uͤber die Gebuͤhr<lb/> preiſen und andre verunglimpfen, und die Religion,<lb/> das Vaterland, der Stand und die Erziehung des<lb/> Geſchichtsforſchers druͤcken ſeinen Unterſuchungen ih¬<lb/> ren Stempel auf. Im Großen aber unterſcheiden<lb/> wir etwa folgende welthiſtoriſche Anſichten.</p><lb/> <p>Die Einen bringen ein Ideal des menſchlichen<lb/> Geſchlechts mit, nach welchem ſie alle hiſtoriſchen<lb/> Erſcheinungen abmeſſen, und da die Geſchichte groͤ߬<lb/> tentheils nur als politiſche Geſchichte betrachtet wird,<lb/> ſo ſind es jene politiſchen Ideale, die den Maaßſtab<lb/> hergeben muͤſſen. Die Proteſtanten und Liberalen<lb/> haben daher ein andres Ideal, als die Katholiken<lb/> und Servilen, mithin auch eine andre welthiſtoriſche<lb/> Anſicht. Beide ſind aber darin einverſtanden, daß<lb/> nur ein gewiſſer Theil der Weltbegebenheiten Billi¬<lb/> gung verdiene, der andre zu verwerfen ſey. Sie ge¬<lb/> ben ſich alſo beide einer falſchen parteilichen Theil¬<lb/> nahme an einzelnen Erſcheinungen und einem klaͤgli¬<lb/> chen Jammer uͤber die andre hin, und immer liegt<lb/> im Hintergrund ihrer Anſicht die alberne Anmaßung,<lb/> daß ſie es von Anfang an beſſer gemacht haben wuͤr¬<lb/> den, wenn die Regierung der Welt von ihnen aus¬<lb/> gegangen waͤre. Die Proteſtanten, Liberalen und die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0214]
Anſichten, wie ſie im Kleinen uͤberall ſich geltend
machen, nicht weitlaͤuftig beſprechen, ſondern muß
mich an die groͤßern Hauptanſichten halten, die im
hiſtoriſchen Gebiete herrſchend ſind. Im Einzelnen
hoͤren wir uͤberall einen Glauben, ein Volk oder ei¬
nen Stamm oder nur Perſonen uͤber die Gebuͤhr
preiſen und andre verunglimpfen, und die Religion,
das Vaterland, der Stand und die Erziehung des
Geſchichtsforſchers druͤcken ſeinen Unterſuchungen ih¬
ren Stempel auf. Im Großen aber unterſcheiden
wir etwa folgende welthiſtoriſche Anſichten.
Die Einen bringen ein Ideal des menſchlichen
Geſchlechts mit, nach welchem ſie alle hiſtoriſchen
Erſcheinungen abmeſſen, und da die Geſchichte groͤ߬
tentheils nur als politiſche Geſchichte betrachtet wird,
ſo ſind es jene politiſchen Ideale, die den Maaßſtab
hergeben muͤſſen. Die Proteſtanten und Liberalen
haben daher ein andres Ideal, als die Katholiken
und Servilen, mithin auch eine andre welthiſtoriſche
Anſicht. Beide ſind aber darin einverſtanden, daß
nur ein gewiſſer Theil der Weltbegebenheiten Billi¬
gung verdiene, der andre zu verwerfen ſey. Sie ge¬
ben ſich alſo beide einer falſchen parteilichen Theil¬
nahme an einzelnen Erſcheinungen und einem klaͤgli¬
chen Jammer uͤber die andre hin, und immer liegt
im Hintergrund ihrer Anſicht die alberne Anmaßung,
daß ſie es von Anfang an beſſer gemacht haben wuͤr¬
den, wenn die Regierung der Welt von ihnen aus¬
gegangen waͤre. Die Proteſtanten, Liberalen und die
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