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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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meln, und die Bücher werden wie die Predigten
seicht und weitläuftig. Da der Zweck der Aufklä¬
rung auch eine populäre Sprache bedingt, so darf
man sich über die ungeheure Menge von Erbauungs¬
schriften für alle Stände, Geschlechter und Alter zwar
nicht wundern, leider aber entspricht die Ausführung
nur selten dem Zweck. Das Heilige wird in dieser
populären Darstellung nur zu oft trivialisirt, und
der kräftige Wein der Wahrheit so unter Wasser ge¬
setzt, daß er widerstehn muß. Vom Einfluß geistlo¬
ser Umgebungen, einer entnervten Gesellschaft, einer
beschränkten Bildung ergriffen, plaudern viele Geist¬
liche in ihren Erbauungsbüchern für Damen von den
höchsten religiösen Ideen ganz so albern und kraft¬
los, wie von belletristischen- und Modegegenständen.
Die große Verbreitung religiöser Schriften im Volke
bringt sodann Vortheile mit sich, die den allezeit fer¬
tigen Büchermachern in die Augen stechen, und Deutsch¬
land wird von einer Menge von Werken überschwemmt,
die einzig dem ökonomischen Zweck huldigend, statt
die Gemüther zur Religion zu erheben, vielmehr diese
in den trivialen Kreis der Alltagsconversation hin¬
abziehen, und jeder Anstrengung des Denkens, jeder
übermäßigen Wallung des Herzens vorbeugen. Von
dieser Art haben vorzugsweise die Stunden der
Andacht von Zschokke, einem der berühmtesten
Allerweltsbüchermacher, neuerdings Epoche gemacht.
Welch ein Buch! wie wahr nennt es der Verleger
ein längst gefühltes Bedürfniß, nicht nur das seinige!

meln, und die Buͤcher werden wie die Predigten
ſeicht und weitlaͤuftig. Da der Zweck der Aufklaͤ¬
rung auch eine populaͤre Sprache bedingt, ſo darf
man ſich uͤber die ungeheure Menge von Erbauungs¬
ſchriften fuͤr alle Staͤnde, Geſchlechter und Alter zwar
nicht wundern, leider aber entſpricht die Ausfuͤhrung
nur ſelten dem Zweck. Das Heilige wird in dieſer
populaͤren Darſtellung nur zu oft trivialiſirt, und
der kraͤftige Wein der Wahrheit ſo unter Waſſer ge¬
ſetzt, daß er widerſtehn muß. Vom Einfluß geiſtlo¬
ſer Umgebungen, einer entnervten Geſellſchaft, einer
beſchraͤnkten Bildung ergriffen, plaudern viele Geiſt¬
liche in ihren Erbauungsbuͤchern fuͤr Damen von den
hoͤchſten religioͤſen Ideen ganz ſo albern und kraft¬
los, wie von belletriſtiſchen- und Modegegenſtaͤnden.
Die große Verbreitung religioͤſer Schriften im Volke
bringt ſodann Vortheile mit ſich, die den allezeit fer¬
tigen Buͤchermachern in die Augen ſtechen, und Deutſch¬
land wird von einer Menge von Werken uͤberſchwemmt,
die einzig dem oͤkonomiſchen Zweck huldigend, ſtatt
die Gemuͤther zur Religion zu erheben, vielmehr dieſe
in den trivialen Kreis der Alltagsconverſation hin¬
abziehen, und jeder Anſtrengung des Denkens, jeder
uͤbermaͤßigen Wallung des Herzens vorbeugen. Von
dieſer Art haben vorzugsweiſe die Stunden der
Andacht von Zſchokke, einem der beruͤhmteſten
Allerweltsbuͤchermacher, neuerdings Epoche gemacht.
Welch ein Buch! wie wahr nennt es der Verleger
ein laͤngſt gefuͤhltes Beduͤrfniß, nicht nur das ſeinige!

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[133/0143] meln, und die Buͤcher werden wie die Predigten ſeicht und weitlaͤuftig. Da der Zweck der Aufklaͤ¬ rung auch eine populaͤre Sprache bedingt, ſo darf man ſich uͤber die ungeheure Menge von Erbauungs¬ ſchriften fuͤr alle Staͤnde, Geſchlechter und Alter zwar nicht wundern, leider aber entſpricht die Ausfuͤhrung nur ſelten dem Zweck. Das Heilige wird in dieſer populaͤren Darſtellung nur zu oft trivialiſirt, und der kraͤftige Wein der Wahrheit ſo unter Waſſer ge¬ ſetzt, daß er widerſtehn muß. Vom Einfluß geiſtlo¬ ſer Umgebungen, einer entnervten Geſellſchaft, einer beſchraͤnkten Bildung ergriffen, plaudern viele Geiſt¬ liche in ihren Erbauungsbuͤchern fuͤr Damen von den hoͤchſten religioͤſen Ideen ganz ſo albern und kraft¬ los, wie von belletriſtiſchen- und Modegegenſtaͤnden. Die große Verbreitung religioͤſer Schriften im Volke bringt ſodann Vortheile mit ſich, die den allezeit fer¬ tigen Buͤchermachern in die Augen ſtechen, und Deutſch¬ land wird von einer Menge von Werken uͤberſchwemmt, die einzig dem oͤkonomiſchen Zweck huldigend, ſtatt die Gemuͤther zur Religion zu erheben, vielmehr dieſe in den trivialen Kreis der Alltagsconverſation hin¬ abziehen, und jeder Anſtrengung des Denkens, jeder uͤbermaͤßigen Wallung des Herzens vorbeugen. Von dieſer Art haben vorzugsweiſe die Stunden der Andacht von Zſchokke, einem der beruͤhmteſten Allerweltsbuͤchermacher, neuerdings Epoche gemacht. Welch ein Buch! wie wahr nennt es der Verleger ein laͤngſt gefuͤhltes Beduͤrfniß, nicht nur das ſeinige!

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/143>, abgerufen am 24.11.2024.