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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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Änderungen. Die Religion wird hier ganz in die
Politik hineingezogen, die Kirche ganz zum geselligen
Institut, allen Tugenden und Lastern der Gesellschaft
Preis gegeben.

Es kann nur zweierlei Grundformen der äußern
Kirchenverfassung geben, die Hierarchie oder die po¬
litische Kirche, d. h. die Kirche ist entweder von der
weltlichen Macht unabhängig, oder abhängig. Die
Hierarchie ist entweder Regiment der Priester oder
des Volks, im ersten Fall ist sie priesterliche Monar¬
chie, oder Papstthum, Aristokratie oder Episcopal¬
kirche, Demokratie oder Presbyterium, im letztern
Fall ist sie geistliche Demokratie der Laien selbst, mit
Ausschluß der Priester. Die politische Kirche steht
unter dem weltlichen Regenten, er sey König oder
Consul, Mensch oder Gesetz, was für sie einerlei ist.
Wichtiger aber ist der Unterschied, nach welchem sie
entweder die ausschließliche oder nur die geduldete
Kirche ist.

In Deutschland herrscht gegenwärtig die politi¬
sche Kirche und zwar die monarchische, und zwar die
nur geduldete. Wie die Protestanten durch ihr altes
Kirchengesetz, so sind die Katholiken durch die Con¬
cordate und die Sektirer durch Schutzbewilligungen
und alle insgesammt durch die herrschende Richtung
des Zeitgeistes der weltlichen Macht unterworfen und
diese ist die monarchische. Da aber alle einmal vor¬
handene Confessionen bei einander geduldet werden,
ist keine die herrschende. Wie auch hier das Papst¬

Änderungen. Die Religion wird hier ganz in die
Politik hineingezogen, die Kirche ganz zum geſelligen
Inſtitut, allen Tugenden und Laſtern der Geſellſchaft
Preis gegeben.

Es kann nur zweierlei Grundformen der aͤußern
Kirchenverfaſſung geben, die Hierarchie oder die po¬
litiſche Kirche, d. h. die Kirche iſt entweder von der
weltlichen Macht unabhaͤngig, oder abhaͤngig. Die
Hierarchie iſt entweder Regiment der Prieſter oder
des Volks, im erſten Fall iſt ſie prieſterliche Monar¬
chie, oder Papſtthum, Ariſtokratie oder Episcopal¬
kirche, Demokratie oder Presbyterium, im letztern
Fall iſt ſie geiſtliche Demokratie der Laien ſelbſt, mit
Ausſchluß der Prieſter. Die politiſche Kirche ſteht
unter dem weltlichen Regenten, er ſey Koͤnig oder
Conſul, Menſch oder Geſetz, was fuͤr ſie einerlei iſt.
Wichtiger aber iſt der Unterſchied, nach welchem ſie
entweder die ausſchließliche oder nur die geduldete
Kirche iſt.

In Deutſchland herrſcht gegenwaͤrtig die politi¬
ſche Kirche und zwar die monarchiſche, und zwar die
nur geduldete. Wie die Proteſtanten durch ihr altes
Kirchengeſetz, ſo ſind die Katholiken durch die Con¬
cordate und die Sektirer durch Schutzbewilligungen
und alle insgeſammt durch die herrſchende Richtung
des Zeitgeiſtes der weltlichen Macht unterworfen und
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[96/0106] Änderungen. Die Religion wird hier ganz in die Politik hineingezogen, die Kirche ganz zum geſelligen Inſtitut, allen Tugenden und Laſtern der Geſellſchaft Preis gegeben. Es kann nur zweierlei Grundformen der aͤußern Kirchenverfaſſung geben, die Hierarchie oder die po¬ litiſche Kirche, d. h. die Kirche iſt entweder von der weltlichen Macht unabhaͤngig, oder abhaͤngig. Die Hierarchie iſt entweder Regiment der Prieſter oder des Volks, im erſten Fall iſt ſie prieſterliche Monar¬ chie, oder Papſtthum, Ariſtokratie oder Episcopal¬ kirche, Demokratie oder Presbyterium, im letztern Fall iſt ſie geiſtliche Demokratie der Laien ſelbſt, mit Ausſchluß der Prieſter. Die politiſche Kirche ſteht unter dem weltlichen Regenten, er ſey Koͤnig oder Conſul, Menſch oder Geſetz, was fuͤr ſie einerlei iſt. Wichtiger aber iſt der Unterſchied, nach welchem ſie entweder die ausſchließliche oder nur die geduldete Kirche iſt. In Deutſchland herrſcht gegenwaͤrtig die politi¬ ſche Kirche und zwar die monarchiſche, und zwar die nur geduldete. Wie die Proteſtanten durch ihr altes Kirchengeſetz, ſo ſind die Katholiken durch die Con¬ cordate und die Sektirer durch Schutzbewilligungen und alle insgeſammt durch die herrſchende Richtung des Zeitgeiſtes der weltlichen Macht unterworfen und dieſe iſt die monarchiſche. Da aber alle einmal vor¬ handene Confeſſionen bei einander geduldet werden, iſt keine die herrſchende. Wie auch hier das Papſt¬

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/106>, abgerufen am 27.11.2024.