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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft.
Ländern selbst Grundstücke keinen ökonomischen Charakter
haben, weisen dieselben Güter gleichzeitig an anderen Orten
den ökonomischen Charakter auf, und die Beispiele sind nicht
minder zahlreich, dass Güter, welche zu einer gewissen Zeit
und an einem bestimmten Orte keinen ökonomischen Cha-
rakter hatten, an demselben Orte, aber zu einer anderen Zeit
den ökonomischen Charakter erlangten. Diese Verschiedenheiten
und dieser Wechsel der Güter kann demnach in den Eigen-
schaften derselben nicht begründet sein. Wir können uns viel-
mehr bei genauer und sorgfältiger Prüfung der vorliegenden
Verhältnisse in allen Fällen die Ueberzeugung verschaffen, dass
dort, wo Güter derselben Art gleichzeitig an zwei verschiedenen
Orten einen verschiedenen Charakter haben, das Verhältniss
zwischen Bedarf und verfügbarer Gütermenge an den beiden
Orten ein verschiedenes ist, und überall dort, wo an dem näm-
lichen Orte Güter, die ursprünglich den nicht ökonomischen
Charakter aufwiesen, zu ökonomischen wurden, oder der um-
gekehrte Fall eintrat, ein Wechsel in dem obigen Quantitäten-
verhältnisse stattgefunden hat.

Die Ursachen, aus welchen nicht ökonomische Güter zu
ökonomischen werden, können nach dem, was wir oben sagten,
nur doppelter Art sein. Entweder hat diese Erscheinung ein
Steigen des Bedürfnisses, oder eine Verminderung der verfüg-
baren Quantität zur Voraussetzung.

Die wichtigsten Ursachen, aus welchen sich eine Steigerung
des Bedarfes ergibt, sind:

1. die Vermehrung der Bevölkerung, zumal die locale An-
häufung derselben,

2. die Entwickelung der menschlichen Bedürfnisse, wodurch
der Bedarf derselben Volksmenge ein wachsender wird,

3. Fortschritte der Menschen in der Erkenntniss des ur-
sächlichen Zusammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt, wo-
durch neue Gebrauchszwecke der Güter entstehen.

Es sind dies aber, wie wir wohl nicht besonders zu betonen
brauchen, durchaus Erscheinungen, welche den Uebergang der
Menschen aus niederen in höhere Culturstufen begleiten und es
ergibt sich daraus die naturgemässe Folge, dass mit der wach-

Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft.
Ländern selbst Grundstücke keinen ökonomischen Charakter
haben, weisen dieselben Güter gleichzeitig an anderen Orten
den ökonomischen Charakter auf, und die Beispiele sind nicht
minder zahlreich, dass Güter, welche zu einer gewissen Zeit
und an einem bestimmten Orte keinen ökonomischen Cha-
rakter hatten, an demselben Orte, aber zu einer anderen Zeit
den ökonomischen Charakter erlangten. Diese Verschiedenheiten
und dieser Wechsel der Güter kann demnach in den Eigen-
schaften derselben nicht begründet sein. Wir können uns viel-
mehr bei genauer und sorgfältiger Prüfung der vorliegenden
Verhältnisse in allen Fällen die Ueberzeugung verschaffen, dass
dort, wo Güter derselben Art gleichzeitig an zwei verschiedenen
Orten einen verschiedenen Charakter haben, das Verhältniss
zwischen Bedarf und verfügbarer Gütermenge an den beiden
Orten ein verschiedenes ist, und überall dort, wo an dem näm-
lichen Orte Güter, die ursprünglich den nicht ökonomischen
Charakter aufwiesen, zu ökonomischen wurden, oder der um-
gekehrte Fall eintrat, ein Wechsel in dem obigen Quantitäten-
verhältnisse stattgefunden hat.

Die Ursachen, aus welchen nicht ökonomische Güter zu
ökonomischen werden, können nach dem, was wir oben sagten,
nur doppelter Art sein. Entweder hat diese Erscheinung ein
Steigen des Bedürfnisses, oder eine Verminderung der verfüg-
baren Quantität zur Voraussetzung.

Die wichtigsten Ursachen, aus welchen sich eine Steigerung
des Bedarfes ergibt, sind:

1. die Vermehrung der Bevölkerung, zumal die locale An-
häufung derselben,

2. die Entwickelung der menschlichen Bedürfnisse, wodurch
der Bedarf derselben Volksmenge ein wachsender wird,

3. Fortschritte der Menschen in der Erkenntniss des ur-
sächlichen Zusammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt, wo-
durch neue Gebrauchszwecke der Güter entstehen.

Es sind dies aber, wie wir wohl nicht besonders zu betonen
brauchen, durchaus Erscheinungen, welche den Uebergang der
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[62/0080] Ueber den Ursprung der menschlichen Wirthschaft. Ländern selbst Grundstücke keinen ökonomischen Charakter haben, weisen dieselben Güter gleichzeitig an anderen Orten den ökonomischen Charakter auf, und die Beispiele sind nicht minder zahlreich, dass Güter, welche zu einer gewissen Zeit und an einem bestimmten Orte keinen ökonomischen Cha- rakter hatten, an demselben Orte, aber zu einer anderen Zeit den ökonomischen Charakter erlangten. Diese Verschiedenheiten und dieser Wechsel der Güter kann demnach in den Eigen- schaften derselben nicht begründet sein. Wir können uns viel- mehr bei genauer und sorgfältiger Prüfung der vorliegenden Verhältnisse in allen Fällen die Ueberzeugung verschaffen, dass dort, wo Güter derselben Art gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten einen verschiedenen Charakter haben, das Verhältniss zwischen Bedarf und verfügbarer Gütermenge an den beiden Orten ein verschiedenes ist, und überall dort, wo an dem näm- lichen Orte Güter, die ursprünglich den nicht ökonomischen Charakter aufwiesen, zu ökonomischen wurden, oder der um- gekehrte Fall eintrat, ein Wechsel in dem obigen Quantitäten- verhältnisse stattgefunden hat. Die Ursachen, aus welchen nicht ökonomische Güter zu ökonomischen werden, können nach dem, was wir oben sagten, nur doppelter Art sein. Entweder hat diese Erscheinung ein Steigen des Bedürfnisses, oder eine Verminderung der verfüg- baren Quantität zur Voraussetzung. Die wichtigsten Ursachen, aus welchen sich eine Steigerung des Bedarfes ergibt, sind: 1. die Vermehrung der Bevölkerung, zumal die locale An- häufung derselben, 2. die Entwickelung der menschlichen Bedürfnisse, wodurch der Bedarf derselben Volksmenge ein wachsender wird, 3. Fortschritte der Menschen in der Erkenntniss des ur- sächlichen Zusammenhanges der Dinge mit ihrer Wohlfahrt, wo- durch neue Gebrauchszwecke der Güter entstehen. Es sind dies aber, wie wir wohl nicht besonders zu betonen brauchen, durchaus Erscheinungen, welche den Uebergang der Menschen aus niederen in höhere Culturstufen begleiten und es ergibt sich daraus die naturgemässe Folge, dass mit der wach-

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/80>, abgerufen am 24.11.2024.