Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.
Bedürfnisse zu immer höheren Ordnungen fort, so werden wir, zumal bei zweckmässiger Theilung der Arbeit, allerdings jenen Fortschritt in seinem Wohlstande wahrnehmen können, welchen Adam Smith ausschliesslich dem letztern Umstande zuzuschreiben geneigt war.
Wir werden den Jäger, der das Wild mit einer Keule ver- folgt, zur Jagd mit Bogen und Netz, zur Viehzucht, in weiterer Folge zu immer intensiveren Formen dieser letztern, wir werden die von wild wachsender Pflanzenkost lebenden Menschen zu immer intensiveren Formen des Ackerbaues übergehen, Gewerbe entstehen, sich durch Werkzeug und Maschine vervollkommnen und in engstem Zusammenhange damit den Wohlstand dieses Volkes sich mehren sehen.
Je weiter die Menschen in dieser Richtung fortschreiten, um so vielfältiger werden die Güterarten, um so vielfältiger in Folge dessen die Verrichtungen, um so nothwendiger und ökonomi- scher auch die fortschreitende Theilung der Arbeit. Es ist in- dess klar, dass die wachsende Vermehrung der den Menschen verfügbaren Genussmittel nicht die ausschliessliche Wirkung die- ses letztern Umstandes ist, ja dass derselbe nicht einmal als die wichtigste Ursache des ökonomischen Fortschrittes der Menschen bezeichnet werden kann, sondern richtig nur als ein Factor jener grossen Einwirkungen aufgefasst werden darf, welche das Menschengeschlecht aus der Rohheit und dem Elende zur Cultur und zum Wohlstande führen.
Die Erklärung der vermehrenden Wirkung, welche die fort- schreitende Heranziehung von Gütern höherer Ordnung auf die den Menschen verfügbaren Genussmittel (Güter erster Ordnung) äussert, ist nun aber unschwer zu finden.
Die roheste Form der occupatorischen Wirthschaft ist auf die Aufsammlung der jeweilig von der Natur dargebote- nen Güter niederster Ordnung beschränkt. Die wirthschaftenden Menschen nehmen auf die Hervorbringung derselben keinen Einfluss, ihr Entstehen ist unabhängig von den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen und diesen gegenüber ein zufälliges. Wenn nun aber die Menschen diese roheste Form der Wirth- schaft verlassen, die Dinge erforschen, durch deren Verbindung im Causalprocesse die Genussmittel entstehen und dieselben in
Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.
Bedürfnisse zu immer höheren Ordnungen fort, so werden wir, zumal bei zweckmässiger Theilung der Arbeit, allerdings jenen Fortschritt in seinem Wohlstande wahrnehmen können, welchen Adam Smith ausschliesslich dem letztern Umstande zuzuschreiben geneigt war.
Wir werden den Jäger, der das Wild mit einer Keule ver- folgt, zur Jagd mit Bogen und Netz, zur Viehzucht, in weiterer Folge zu immer intensiveren Formen dieser letztern, wir werden die von wild wachsender Pflanzenkost lebenden Menschen zu immer intensiveren Formen des Ackerbaues übergehen, Gewerbe entstehen, sich durch Werkzeug und Maschine vervollkommnen und in engstem Zusammenhange damit den Wohlstand dieses Volkes sich mehren sehen.
Je weiter die Menschen in dieser Richtung fortschreiten, um so vielfältiger werden die Güterarten, um so vielfältiger in Folge dessen die Verrichtungen, um so nothwendiger und ökonomi- scher auch die fortschreitende Theilung der Arbeit. Es ist in- dess klar, dass die wachsende Vermehrung der den Menschen verfügbaren Genussmittel nicht die ausschliessliche Wirkung die- ses letztern Umstandes ist, ja dass derselbe nicht einmal als die wichtigste Ursache des ökonomischen Fortschrittes der Menschen bezeichnet werden kann, sondern richtig nur als ein Factor jener grossen Einwirkungen aufgefasst werden darf, welche das Menschengeschlecht aus der Rohheit und dem Elende zur Cultur und zum Wohlstande führen.
Die Erklärung der vermehrenden Wirkung, welche die fort- schreitende Heranziehung von Gütern höherer Ordnung auf die den Menschen verfügbaren Genussmittel (Güter erster Ordnung) äussert, ist nun aber unschwer zu finden.
Die roheste Form der occupatorischen Wirthschaft ist auf die Aufsammlung der jeweilig von der Natur dargebote- nen Güter niederster Ordnung beschränkt. Die wirthschaftenden Menschen nehmen auf die Hervorbringung derselben keinen Einfluss, ihr Entstehen ist unabhängig von den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen und diesen gegenüber ein zufälliges. Wenn nun aber die Menschen diese roheste Form der Wirth- schaft verlassen, die Dinge erforschen, durch deren Verbindung im Causalprocesse die Genussmittel entstehen und dieselben in
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Ueber die Ursachen der fortschreitenden Wohlfahrt.
Bedürfnisse zu immer höheren Ordnungen fort, so werden wir,
zumal bei zweckmässiger Theilung der Arbeit, allerdings jenen
Fortschritt in seinem Wohlstande wahrnehmen können, welchen
Adam Smith ausschliesslich dem letztern Umstande zuzuschreiben
geneigt war.
Wir werden den Jäger, der das Wild mit einer Keule ver-
folgt, zur Jagd mit Bogen und Netz, zur Viehzucht, in weiterer
Folge zu immer intensiveren Formen dieser letztern, wir werden
die von wild wachsender Pflanzenkost lebenden Menschen zu
immer intensiveren Formen des Ackerbaues übergehen, Gewerbe
entstehen, sich durch Werkzeug und Maschine vervollkommnen
und in engstem Zusammenhange damit den Wohlstand dieses
Volkes sich mehren sehen.
Je weiter die Menschen in dieser Richtung fortschreiten, um
so vielfältiger werden die Güterarten, um so vielfältiger in Folge
dessen die Verrichtungen, um so nothwendiger und ökonomi-
scher auch die fortschreitende Theilung der Arbeit. Es ist in-
dess klar, dass die wachsende Vermehrung der den Menschen
verfügbaren Genussmittel nicht die ausschliessliche Wirkung die-
ses letztern Umstandes ist, ja dass derselbe nicht einmal als
die wichtigste Ursache des ökonomischen Fortschrittes der
Menschen bezeichnet werden kann, sondern richtig nur als
ein Factor jener grossen Einwirkungen aufgefasst werden darf,
welche das Menschengeschlecht aus der Rohheit und dem Elende
zur Cultur und zum Wohlstande führen.
Die Erklärung der vermehrenden Wirkung, welche die fort-
schreitende Heranziehung von Gütern höherer Ordnung auf die
den Menschen verfügbaren Genussmittel (Güter erster Ordnung)
äussert, ist nun aber unschwer zu finden.
Die roheste Form der occupatorischen Wirthschaft ist
auf die Aufsammlung der jeweilig von der Natur dargebote-
nen Güter niederster Ordnung beschränkt. Die wirthschaftenden
Menschen nehmen auf die Hervorbringung derselben keinen
Einfluss, ihr Entstehen ist unabhängig von den Wünschen und
Bedürfnissen der Menschen und diesen gegenüber ein zufälliges.
Wenn nun aber die Menschen diese roheste Form der Wirth-
schaft verlassen, die Dinge erforschen, durch deren Verbindung
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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/46>, abgerufen am 17.02.2025.
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