b. (Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität durch jene der entsprechenden Güter niederer Ordnung bedingt.)
Die Beobachtung des Wesens und des Causal-Zusammen- hanges der Güter, wie wir dieselben in den beiden ersten Ab- schnitten dargelegt haben, führt uns zur Erkenntniss eines wei- teren Gesetzes, unter welchem die Güter als solche, das ist ohne Rücksicht auf ihren ökonomischen Charakter, stehen.
Wir haben gezeigt, dass das Vorhandensein von mensch- lichen Bedürfnissen eine der wesentlichen Voraussetzungen der Güterqualität ist, und dass im Falle die menschlichen Bedürf- nisse, mit deren Befriedigung ein Gut in ursächlichen Zusammen- hang gesetzt werden kann, vollständig entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach demselben entstehen, seine Güterqualität sofort verloren geht.
Dass demnach die Güter erster Ordnung, wofern die Be- dürfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten, insgesammt entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach denselben entstehen, sofort ihre Güterqualität einbüssen, ist nach dem, was wir über das Wesen der Güter gesagt haben, unmittelbar einleuchtend. Verwickelter wird diese Frage, wenn wir die Gesammtheit der im Causalnexus mit der Befriedigung eines menschlichen Be- dürfnisses stehenden Güter ins Auge fassen, und nunmehr dar- nach fragen, welche Wirkung das Entfallen dieses Bedürfnisses auf die Güterqualität der zur Befriedigung desselben in ursäch- licher Beziehung stehenden Güter höherer Ordnung äussert.
Setzen wir den Fall, dass durch eine Aenderung in der Geschmacksrichtung der Menschen das Bedürfniss nach dem Genusse von Tabak vollständig beseitigt würde und zugleich alle übrigen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung der zum Genusse der Menschen bereits zubereitete Tabak etwa noch dienlich ist, gleichfalls entfallen würden. Dass in einem solchen Falle aller Tabak, welcher sich in der Form, in der diese Pflanze von den Menschen genossen wird, in dem Besitze derselben befände, sofort seine Güterqualität einbüssen würde, ist sicher. Wie ver- hielte es sich nun aber in diesem Falle mit den entsprechenden Gütern höherer Ordnung? Wie mit den rohen Tabakblättern, den bei der Erzeugung der verschiedenen Tabaksorten verwen-
Menger, Volkswirthschaftslehre. 2
Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen.
b. (Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität durch jene der entsprechenden Güter niederer Ordnung bedingt.)
Die Beobachtung des Wesens und des Causal-Zusammen- hanges der Güter, wie wir dieselben in den beiden ersten Ab- schnitten dargelegt haben, führt uns zur Erkenntniss eines wei- teren Gesetzes, unter welchem die Güter als solche, das ist ohne Rücksicht auf ihren ökonomischen Charakter, stehen.
Wir haben gezeigt, dass das Vorhandensein von mensch- lichen Bedürfnissen eine der wesentlichen Voraussetzungen der Güterqualität ist, und dass im Falle die menschlichen Bedürf- nisse, mit deren Befriedigung ein Gut in ursächlichen Zusammen- hang gesetzt werden kann, vollständig entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach demselben entstehen, seine Güterqualität sofort verloren geht.
Dass demnach die Güter erster Ordnung, wofern die Be- dürfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten, insgesammt entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach denselben entstehen, sofort ihre Güterqualität einbüssen, ist nach dem, was wir über das Wesen der Güter gesagt haben, unmittelbar einleuchtend. Verwickelter wird diese Frage, wenn wir die Gesammtheit der im Causalnexus mit der Befriedigung eines menschlichen Be- dürfnisses stehenden Güter ins Auge fassen, und nunmehr dar- nach fragen, welche Wirkung das Entfallen dieses Bedürfnisses auf die Güterqualität der zur Befriedigung desselben in ursäch- licher Beziehung stehenden Güter höherer Ordnung äussert.
Setzen wir den Fall, dass durch eine Aenderung in der Geschmacksrichtung der Menschen das Bedürfniss nach dem Genusse von Tabak vollständig beseitigt würde und zugleich alle übrigen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung der zum Genusse der Menschen bereits zubereitete Tabak etwa noch dienlich ist, gleichfalls entfallen würden. Dass in einem solchen Falle aller Tabak, welcher sich in der Form, in der diese Pflanze von den Menschen genossen wird, in dem Besitze derselben befände, sofort seine Güterqualität einbüssen würde, ist sicher. Wie ver- hielte es sich nun aber in diesem Falle mit den entsprechenden Gütern höherer Ordnung? Wie mit den rohen Tabakblättern, den bei der Erzeugung der verschiedenen Tabaksorten verwen-
Menger, Volkswirthschaftslehre. 2
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Die Gesetze, unter welchen die Güter stehen.
b. (Die Güter höherer Ordnung sind in ihrer Güterqualität durch jene der
entsprechenden Güter niederer Ordnung bedingt.)
Die Beobachtung des Wesens und des Causal-Zusammen-
hanges der Güter, wie wir dieselben in den beiden ersten Ab-
schnitten dargelegt haben, führt uns zur Erkenntniss eines wei-
teren Gesetzes, unter welchem die Güter als solche, das ist
ohne Rücksicht auf ihren ökonomischen Charakter, stehen.
Wir haben gezeigt, dass das Vorhandensein von mensch-
lichen Bedürfnissen eine der wesentlichen Voraussetzungen der
Güterqualität ist, und dass im Falle die menschlichen Bedürf-
nisse, mit deren Befriedigung ein Gut in ursächlichen Zusammen-
hang gesetzt werden kann, vollständig entfallen, ohne dass neue
Bedürfnisse nach demselben entstehen, seine Güterqualität sofort
verloren geht.
Dass demnach die Güter erster Ordnung, wofern die Be-
dürfnisse, zu deren Befriedigung sie bisher dienten, insgesammt
entfallen, ohne dass neue Bedürfnisse nach denselben entstehen,
sofort ihre Güterqualität einbüssen, ist nach dem, was wir über
das Wesen der Güter gesagt haben, unmittelbar einleuchtend.
Verwickelter wird diese Frage, wenn wir die Gesammtheit der
im Causalnexus mit der Befriedigung eines menschlichen Be-
dürfnisses stehenden Güter ins Auge fassen, und nunmehr dar-
nach fragen, welche Wirkung das Entfallen dieses Bedürfnisses
auf die Güterqualität der zur Befriedigung desselben in ursäch-
licher Beziehung stehenden Güter höherer Ordnung äussert.
Setzen wir den Fall, dass durch eine Aenderung in der
Geschmacksrichtung der Menschen das Bedürfniss nach dem
Genusse von Tabak vollständig beseitigt würde und zugleich alle
übrigen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung der zum Genusse der
Menschen bereits zubereitete Tabak etwa noch dienlich ist,
gleichfalls entfallen würden. Dass in einem solchen Falle aller
Tabak, welcher sich in der Form, in der diese Pflanze von den
Menschen genossen wird, in dem Besitze derselben befände,
sofort seine Güterqualität einbüssen würde, ist sicher. Wie ver-
hielte es sich nun aber in diesem Falle mit den entsprechenden
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Menger, Volkswirthschaftslehre. 2
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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/35>, abgerufen am 17.02.2025.
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