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Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

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Ueber den Begriff der Waare.

Aus dem eben dargelegten Begriff der Waare im wissen-
schaftlichen Sinne des Wortes ist zugleich ersichtlich, dass der

de l'Academie francaise nennt Waaren: "ce qui se vend, se debite
dans les boutiques, magasins, foires, marches." -- Wo gelegentlich Waaren
in dem weitern wissenschaftlichen Sinne bezeichnet werden sollen, geschieht
dies durch Umschreibungen, z. B.: Quantite a vendre (Necker); superflu
autant qu'il peut etre echange (Forbonnais); things who have not reached
the hands of those, who are finally to use them (A. Smith); cio che sop-
prabonda in alcuni per sussistere essi stessi, e ch'essi passano ad altri (Ortes);
doch nennt schon Condillac (Le commerce et le gouvernement, Part. I, 5)
"marchandises": "Ces choses, qu'on offre a echanger," und wird damit der
Vorläufer des (französisch schreibenden) Storch, welcher (Cours I, S. 82,
1815): "Les choses destinees a l'echange se nomment marchandises" definirt. --
Unter den Deutschen gebrauchen Justi, Büsch, Sonnenfels, Jacob
das Wort "Waare" noch im populären Sinne. Soden nennt "allen Pro-
ductstoff
": "Waare" (Nationalökonomie, I, S. 285, 1815), wobei er unter
"Productstoff" alle Roh- und Industrieproducte versteht (ibid. S. 54), wäh-
rend Hufeland, (N. Grundleg., II, §. 96) gleichfalls zu weit: "Waare ist Alles,
was weggegeben, besonders für etwas Anderes weggegeben werden kann,"
definirt. Rau folgt (Volkswirthschaftslehre, I, §. 407) der Definition Storch's;
auch ihm sind "alle Vorräthe von Gütern, welche zum Tausche bestimmt
sind": "Waaren"; auch Grundstücke können Waaren werden; das Geld ist
seinem Stoffe nach, nicht aber als solches, Waare (ibid. I, §. 258); dass
übrigens Rau nur Sachgüter als Waaren anerkennt, geht schon aus seiner
allgemeinen Auffassung des Begriffes "Gut" hervor. Fast parallel mit den
Ansichten Rau's gehen jene Murhardt's (Theorie des Handels, I, S. 22,
1831.) Zachariae (40 Bücher v. St., V. Band, 1. Abth., S. 2, 1832) dehnt
den Begriff der Waare gleichfalls auf Grundstücke aus, wogegen Baumstark
(Cameral-Enkyclopädie, S. 449, 1835) ihn wieder auf bewegliche Sachgüter
beschränkt, und ausserdem eine gewisse Handelswürdigkeit der Güter, welche
Waaren werden sollen, verlangt. Hiemit kommt er der populären Auffassung
nahe, welche in den Schriften von Fulda, Lotz, Schön und Herr-
mann
wieder die herrschende wird. Riedel, (Nationalökon. I, S. 336,
1838) und Roscher, (Syst. I, 95) stellen den wissenschaftlichen Begriff
der Waare wieder her. Der Erstere nennt sie "die zum Tausch oder
Verkauf bereit liegenden Güter," der Letztere: "Jedes zum Austausche be-
stimmte Gut," wobei ökonomische Güter gemeint werden (ibid. I, §. 2).
Diesen folgen Mangoldt (Grundriss, S. 27); Knies (Tübinger Zeitschrift
1856, S. 266: "Für den Verkehr überschüssige Güter"); Rentsch (Handwör-
terbuch d. V. Art. "Waare": "Tauschwerthe und zum Tausch bestimmte Güter,"
und der Hauptsache nach auch Hasner (System, I, S. 288 u. 302: abstracter
Tauschwerth mit den beiden Hauptformen: Waarenvorrath und Baarfond).
Ueber den Begriff der Waare.

Aus dem eben dargelegten Begriff der Waare im wissen-
schaftlichen Sinne des Wortes ist zugleich ersichtlich, dass der

de l’Academie française nennt Waaren: „ce qui se vend, se débite
dans les boutiques, magasins, foires, marchés.“ — Wo gelegentlich Waaren
in dem weitern wissenschaftlichen Sinne bezeichnet werden sollen, geschieht
dies durch Umschreibungen, z. B.: Quantité à vendre (Necker); superflu
autant qu’il peut être échangé (Forbonnais); things who have not reached
the hands of those, who are finally to use them (A. Smith); cio che sop-
prabonda in alcuni per sussistere essi stessi, e ch’essi passano ad altri (Ortes);
doch nennt schon Condillac (Le commerce et le gouvernement, Part. I, 5)
„marchandises“: „Ces choses, qu’on offre à échanger,“ und wird damit der
Vorläufer des (französisch schreibenden) Storch, welcher (Cours I, S. 82,
1815): „Les choses destinées à l’échange se nomment marchandises“ definirt. —
Unter den Deutschen gebrauchen Justi, Büsch, Sonnenfels, Jacob
das Wort „Waare“ noch im populären Sinne. Soden nennt „allen Pro-
ductstoff
“: „Waare“ (Nationalökonomie, I, S. 285, 1815), wobei er unter
„Productstoff“ alle Roh- und Industrieproducte versteht (ibid. S. 54), wäh-
rend Hufeland, (N. Grundleg., II, §. 96) gleichfalls zu weit: „Waare ist Alles,
was weggegeben, besonders für etwas Anderes weggegeben werden kann,“
definirt. Rau folgt (Volkswirthschaftslehre, I, §. 407) der Definition Storch’s;
auch ihm sind „alle Vorräthe von Gütern, welche zum Tausche bestimmt
sind“: „Waaren“; auch Grundstücke können Waaren werden; das Geld ist
seinem Stoffe nach, nicht aber als solches, Waare (ibid. I, §. 258); dass
übrigens Rau nur Sachgüter als Waaren anerkennt, geht schon aus seiner
allgemeinen Auffassung des Begriffes „Gut“ hervor. Fast parallel mit den
Ansichten Rau’s gehen jene Murhardt’s (Theorie des Handels, I, S. 22,
1831.) Zachariae (40 Bücher v. St., V. Band, 1. Abth., S. 2, 1832) dehnt
den Begriff der Waare gleichfalls auf Grundstücke aus, wogegen Baumstark
(Cameral-Enkyclopädie, S. 449, 1835) ihn wieder auf bewegliche Sachgüter
beschränkt, und ausserdem eine gewisse Handelswürdigkeit der Güter, welche
Waaren werden sollen, verlangt. Hiemit kommt er der populären Auffassung
nahe, welche in den Schriften von Fulda, Lotz, Schön und Herr-
mann
wieder die herrschende wird. Riedel, (Nationalökon. I, S. 336,
1838) und Roscher, (Syst. I, 95) stellen den wissenschaftlichen Begriff
der Waare wieder her. Der Erstere nennt sie „die zum Tausch oder
Verkauf bereit liegenden Güter,“ der Letztere: „Jedes zum Austausche be-
stimmte Gut,“ wobei ökonomische Güter gemeint werden (ibid. I, §. 2).
Diesen folgen Mangoldt (Grundriss, S. 27); Knies (Tübinger Zeitschrift
1856, S. 266: „Für den Verkehr überschüssige Güter“); Rentsch (Handwör-
terbuch d. V. Art. „Waare“: „Tauschwerthe und zum Tausch bestimmte Güter,“
und der Hauptsache nach auch Hasner (System, I, S. 288 u. 302: abstracter
Tauschwerth mit den beiden Hauptformen: Waarenvorrath und Baarfond).
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[230/0248] Ueber den Begriff der Waare. Aus dem eben dargelegten Begriff der Waare im wissen- schaftlichen Sinne des Wortes ist zugleich ersichtlich, dass der *) *) de l’Academie française nennt Waaren: „ce qui se vend, se débite dans les boutiques, magasins, foires, marchés.“ — Wo gelegentlich Waaren in dem weitern wissenschaftlichen Sinne bezeichnet werden sollen, geschieht dies durch Umschreibungen, z. B.: Quantité à vendre (Necker); superflu autant qu’il peut être échangé (Forbonnais); things who have not reached the hands of those, who are finally to use them (A. Smith); cio che sop- prabonda in alcuni per sussistere essi stessi, e ch’essi passano ad altri (Ortes); doch nennt schon Condillac (Le commerce et le gouvernement, Part. I, 5) „marchandises“: „Ces choses, qu’on offre à échanger,“ und wird damit der Vorläufer des (französisch schreibenden) Storch, welcher (Cours I, S. 82, 1815): „Les choses destinées à l’échange se nomment marchandises“ definirt. — Unter den Deutschen gebrauchen Justi, Büsch, Sonnenfels, Jacob das Wort „Waare“ noch im populären Sinne. Soden nennt „allen Pro- ductstoff“: „Waare“ (Nationalökonomie, I, S. 285, 1815), wobei er unter „Productstoff“ alle Roh- und Industrieproducte versteht (ibid. S. 54), wäh- rend Hufeland, (N. Grundleg., II, §. 96) gleichfalls zu weit: „Waare ist Alles, was weggegeben, besonders für etwas Anderes weggegeben werden kann,“ definirt. Rau folgt (Volkswirthschaftslehre, I, §. 407) der Definition Storch’s; auch ihm sind „alle Vorräthe von Gütern, welche zum Tausche bestimmt sind“: „Waaren“; auch Grundstücke können Waaren werden; das Geld ist seinem Stoffe nach, nicht aber als solches, Waare (ibid. I, §. 258); dass übrigens Rau nur Sachgüter als Waaren anerkennt, geht schon aus seiner allgemeinen Auffassung des Begriffes „Gut“ hervor. Fast parallel mit den Ansichten Rau’s gehen jene Murhardt’s (Theorie des Handels, I, S. 22, 1831.) Zachariae (40 Bücher v. St., V. Band, 1. Abth., S. 2, 1832) dehnt den Begriff der Waare gleichfalls auf Grundstücke aus, wogegen Baumstark (Cameral-Enkyclopädie, S. 449, 1835) ihn wieder auf bewegliche Sachgüter beschränkt, und ausserdem eine gewisse Handelswürdigkeit der Güter, welche Waaren werden sollen, verlangt. Hiemit kommt er der populären Auffassung nahe, welche in den Schriften von Fulda, Lotz, Schön und Herr- mann wieder die herrschende wird. Riedel, (Nationalökon. I, S. 336, 1838) und Roscher, (Syst. I, 95) stellen den wissenschaftlichen Begriff der Waare wieder her. Der Erstere nennt sie „die zum Tausch oder Verkauf bereit liegenden Güter,“ der Letztere: „Jedes zum Austausche be- stimmte Gut,“ wobei ökonomische Güter gemeint werden (ibid. I, §. 2). Diesen folgen Mangoldt (Grundriss, S. 27); Knies (Tübinger Zeitschrift 1856, S. 266: „Für den Verkehr überschüssige Güter“); Rentsch (Handwör- terbuch d. V. Art. „Waare“: „Tauschwerthe und zum Tausch bestimmte Güter,“ und der Hauptsache nach auch Hasner (System, I, S. 288 u. 302: abstracter Tauschwerth mit den beiden Hauptformen: Waarenvorrath und Baarfond).

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Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/248>, abgerufen am 22.11.2024.