Natur verbunden ist. Wenn ich meinem Nächsten Schaden zugefügt habe, so bin ich, ohne allen Vertrag, blos nach den Gesetzen der natürlichen Gerechtigkeit, auch äusserlich verpflichtet, ihm solchen zu erse- tzen, und kann von ihm mit Gewalt dazu angehalten werden.
Allein die Entschädigung ist zwar eine po- sitive Handlung; die Verbindlichkeit aber zu derselben fliesset im Grunde aus der Un- terlassungspflicht; beleidige nicht denn der Schaden, den ich meinem Nächsten zu- gefügt habe, ist, so lange er seiner Wir- kung nach nicht aufgehoben wird, als eine fortgesetzte Veleidigung anzusehen. Ich handele also eigentlich wider eine negative Pflicht, so lange ich die Entschädigung un- terlasse; denn ich fahre fort zu beleidigen. Die Entschädigungspflicht macht also keine Ausnahme von der Regel, daß der Mensch im Stande der Natur unabhängig, d. i. niemanden positive verpflichtet sey. Nie- mand hat ein Zwangsrecht mir vorzuschrei- ben, wie viel ich von meinen Kräften zum Besten anderer anwenden, und wem ich die
Wohl-
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Natur verbunden iſt. Wenn ich meinem Naͤchſten Schaden zugefuͤgt habe, ſo bin ich, ohne allen Vertrag, blos nach den Geſetzen der natuͤrlichen Gerechtigkeit, auch aͤuſſerlich verpflichtet, ihm ſolchen zu erſe- tzen, und kann von ihm mit Gewalt dazu angehalten werden.
Allein die Entſchaͤdigung iſt zwar eine po- ſitive Handlung; die Verbindlichkeit aber zu derſelben flieſſet im Grunde aus der Un- terlaſſungspflicht; beleidige nicht denn der Schaden, den ich meinem Naͤchſten zu- gefuͤgt habe, iſt, ſo lange er ſeiner Wir- kung nach nicht aufgehoben wird, als eine fortgeſetzte Veleidigung anzuſehen. Ich handele alſo eigentlich wider eine negative Pflicht, ſo lange ich die Entſchaͤdigung un- terlaſſe; denn ich fahre fort zu beleidigen. Die Entſchaͤdigungspflicht macht alſo keine Ausnahme von der Regel, daß der Menſch im Stande der Natur unabhaͤngig, d. i. niemanden poſitive verpflichtet ſey. Nie- mand hat ein Zwangsrecht mir vorzuſchrei- ben, wie viel ich von meinen Kraͤften zum Beſten anderer anwenden, und wem ich die
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Natur verbunden iſt. Wenn ich meinem
Naͤchſten Schaden zugefuͤgt habe, ſo bin
ich, ohne allen Vertrag, blos nach den
Geſetzen der natuͤrlichen Gerechtigkeit, auch
aͤuſſerlich verpflichtet, ihm ſolchen zu erſe-
tzen, und kann von ihm mit Gewalt dazu
angehalten werden.
Allein die Entſchaͤdigung iſt zwar eine po-
ſitive Handlung; die Verbindlichkeit aber
zu derſelben flieſſet im Grunde aus der Un-
terlaſſungspflicht; beleidige nicht denn
der Schaden, den ich meinem Naͤchſten zu-
gefuͤgt habe, iſt, ſo lange er ſeiner Wir-
kung nach nicht aufgehoben wird, als eine
fortgeſetzte Veleidigung anzuſehen. Ich
handele alſo eigentlich wider eine negative
Pflicht, ſo lange ich die Entſchaͤdigung un-
terlaſſe; denn ich fahre fort zu beleidigen.
Die Entſchaͤdigungspflicht macht alſo keine
Ausnahme von der Regel, daß der Menſch
im Stande der Natur unabhaͤngig, d. i.
niemanden poſitive verpflichtet ſey. Nie-
mand hat ein Zwangsrecht mir vorzuſchrei-
ben, wie viel ich von meinen Kraͤften zum
Beſten anderer anwenden, und wem ich die
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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/43>, abgerufen am 16.07.2024.
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