Dieser ist also auch in dem ersten Falle voll- kommen, in dem andern aber nur un- vollkommen zu der Pflicht verbunden, die jenem Rechte entspricht. -- Es giebt voll- kommene und unvollkommene, sowohl Pflichten, als Rechte. Jene heißen Zwangsrechte und Zwangspflichten; diese hingegen Ansprüche (Bitten) und Gewis- senspflichten. Jene sind äusserlich, diese aber nur innerlich. Zwangsrechte dürfen mit Gewalt erpreßt; Bitten aber verwei- gert werden. Unterlassung der Zwangs- pflichten ist Beleidigung, Ungerechtigkeit; der Gewissenspflichten aber blos Unbil- ligkeit.
Die Güter, auf welche der Mensch ein ausschliessendes Recht hat, sind 1) seine eigenen Fähigkeiten; 2) was er durch die- selben hervorbringet, oder deßen Fortkom- men er befördert, was er anbauet, hegt, schützt u. s. w. (Produkte seines Fleißes); 3) Güter der Natur, die er mit den Pro- dukten seines Fleißes so verbunden, daß sie von denselben ohne Zerstörung nicht mehr getrennt werden können, die er sich
also
Dieſer iſt alſo auch in dem erſten Falle voll- kommen, in dem andern aber nur un- vollkommen zu der Pflicht verbunden, die jenem Rechte entſpricht. — Es giebt voll- kommene und unvollkommene, ſowohl Pflichten, als Rechte. Jene heißen Zwangsrechte und Zwangspflichten; dieſe hingegen Anſpruͤche (Bitten) und Gewiſ- ſenspflichten. Jene ſind aͤuſſerlich, dieſe aber nur innerlich. Zwangsrechte duͤrfen mit Gewalt erpreßt; Bitten aber verwei- gert werden. Unterlaſſung der Zwangs- pflichten iſt Beleidigung, Ungerechtigkeit; der Gewiſſenspflichten aber blos Unbil- ligkeit.
Die Guͤter, auf welche der Menſch ein ausſchlieſſendes Recht hat, ſind 1) ſeine eigenen Faͤhigkeiten; 2) was er durch die- ſelben hervorbringet, oder deßen Fortkom- men er befoͤrdert, was er anbauet, hegt, ſchuͤtzt u. ſ. w. (Produkte ſeines Fleißes); 3) Guͤter der Natur, die er mit den Pro- dukten ſeines Fleißes ſo verbunden, daß ſie von denſelben ohne Zerſtoͤrung nicht mehr getrennt werden koͤnnen, die er ſich
alſo
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0038"n="32"/>
Dieſer iſt alſo auch in dem erſten Falle <hirendition="#fr">voll-<lb/>
kommen</hi>, in dem andern aber nur <hirendition="#fr">un-<lb/>
vollkommen</hi> zu der Pflicht verbunden, die<lb/>
jenem Rechte entſpricht. — Es giebt <hirendition="#fr">voll-<lb/>
kommene</hi> und <hirendition="#fr">unvollkommene</hi>, ſowohl<lb/><hirendition="#fr">Pflichten</hi>, als <hirendition="#fr">Rechte</hi>. Jene heißen<lb/>
Zwangsrechte und Zwangspflichten; dieſe<lb/>
hingegen <hirendition="#fr">Anſpruͤche (Bitten)</hi> und <hirendition="#fr">Gewiſ-<lb/>ſenspflichten</hi>. Jene ſind aͤuſſerlich, dieſe<lb/>
aber nur <hirendition="#fr">innerlich</hi>. Zwangsrechte duͤrfen<lb/>
mit Gewalt erpreßt; Bitten aber <hirendition="#fr">verwei-<lb/>
gert</hi> werden. Unterlaſſung der Zwangs-<lb/>
pflichten iſt Beleidigung, Ungerechtigkeit;<lb/>
der Gewiſſenspflichten aber blos <hirendition="#fr">Unbil-<lb/>
ligkeit</hi>.</p><lb/><p>Die Guͤter, auf welche der Menſch ein<lb/>
ausſchlieſſendes Recht hat, ſind 1) ſeine<lb/>
eigenen Faͤhigkeiten; 2) was er durch die-<lb/>ſelben hervorbringet, oder deßen Fortkom-<lb/>
men er befoͤrdert, was er anbauet, hegt,<lb/>ſchuͤtzt u. ſ. w. (Produkte ſeines Fleißes);<lb/>
3) Guͤter der Natur, die er mit den Pro-<lb/>
dukten ſeines Fleißes ſo verbunden, daß<lb/>ſie von denſelben ohne Zerſtoͤrung nicht<lb/>
mehr getrennt werden koͤnnen, die er ſich<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alſo</fw><lb/></p></body></text></TEI>
[32/0038]
Dieſer iſt alſo auch in dem erſten Falle voll-
kommen, in dem andern aber nur un-
vollkommen zu der Pflicht verbunden, die
jenem Rechte entſpricht. — Es giebt voll-
kommene und unvollkommene, ſowohl
Pflichten, als Rechte. Jene heißen
Zwangsrechte und Zwangspflichten; dieſe
hingegen Anſpruͤche (Bitten) und Gewiſ-
ſenspflichten. Jene ſind aͤuſſerlich, dieſe
aber nur innerlich. Zwangsrechte duͤrfen
mit Gewalt erpreßt; Bitten aber verwei-
gert werden. Unterlaſſung der Zwangs-
pflichten iſt Beleidigung, Ungerechtigkeit;
der Gewiſſenspflichten aber blos Unbil-
ligkeit.
Die Guͤter, auf welche der Menſch ein
ausſchlieſſendes Recht hat, ſind 1) ſeine
eigenen Faͤhigkeiten; 2) was er durch die-
ſelben hervorbringet, oder deßen Fortkom-
men er befoͤrdert, was er anbauet, hegt,
ſchuͤtzt u. ſ. w. (Produkte ſeines Fleißes);
3) Guͤter der Natur, die er mit den Pro-
dukten ſeines Fleißes ſo verbunden, daß
ſie von denſelben ohne Zerſtoͤrung nicht
mehr getrennt werden koͤnnen, die er ſich
alſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/38>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.