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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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Zimmer erscheinen will. Aber nun hütet euch
auch, dieses Leben mit der Zukunft weiter in
Gegensatz zu bringen, und die Menschen auf die
Gedanken zu führen: ihre wahre Wohlfahrt in
diesem Leben sey nicht einerley mit ihrer ewigen
Glückseligkeit in der Zukunft; ein anderes wäre
es für ihr zeitliches, ein anderes für ihr ewiges
Wohl sorgen, und es sey möglich, eines zu
erhalten, und das andre zu vernachläßigen.
Dem Blödsichtigen, der auf schmalem Steige
wandeln soll, werden durch desgleichen Vorspie-
gelungen Standpunkt und Gesichtskreis verrückt,
und er ist in Gefahr schwindlicht zu werden, und
auf ebenem Wege zu stolpern. So mancher ge-
traut sich nicht, die gegenwärtigen Wohlthaten
der Vorsehung zu genießen, aus Besorgniß eben
so viel von denselben dort zu verlieren, und
mancher ist ein schlechter Bürger auf Erden ge-
worden, in Hoffnung dadurch ein desto besserer
im Himmel zu werden.

Ich habe mir die Begriffe von Staat und
Religion, von ihren Gränzen und wechselweisem
Einfluß auf einander, sowohl, als auf die Glück-
seligkeit des bürgerlichen Lebens, durch folgende
Betrachtungen deutlich zu machen gesucht. So

bald
Erster Abschnitt. B

Zimmer erſcheinen will. Aber nun huͤtet euch
auch, dieſes Leben mit der Zukunft weiter in
Gegenſatz zu bringen, und die Menſchen auf die
Gedanken zu fuͤhren: ihre wahre Wohlfahrt in
dieſem Leben ſey nicht einerley mit ihrer ewigen
Gluͤckſeligkeit in der Zukunft; ein anderes waͤre
es fuͤr ihr zeitliches, ein anderes fuͤr ihr ewiges
Wohl ſorgen, und es ſey moͤglich, eines zu
erhalten, und das andre zu vernachlaͤßigen.
Dem Bloͤdſichtigen, der auf ſchmalem Steige
wandeln ſoll, werden durch desgleichen Vorſpie-
gelungen Standpunkt und Geſichtskreis verruͤckt,
und er iſt in Gefahr ſchwindlicht zu werden, und
auf ebenem Wege zu ſtolpern. So mancher ge-
traut ſich nicht, die gegenwaͤrtigen Wohlthaten
der Vorſehung zu genießen, aus Beſorgniß eben
ſo viel von denſelben dort zu verlieren, und
mancher iſt ein ſchlechter Buͤrger auf Erden ge-
worden, in Hoffnung dadurch ein deſto beſſerer
im Himmel zu werden.

Ich habe mir die Begriffe von Staat und
Religion, von ihren Graͤnzen und wechſelweiſem
Einfluß auf einander, ſowohl, als auf die Gluͤck-
ſeligkeit des buͤrgerlichen Lebens, durch folgende
Betrachtungen deutlich zu machen geſucht. So

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[17/0023] Zimmer erſcheinen will. Aber nun huͤtet euch auch, dieſes Leben mit der Zukunft weiter in Gegenſatz zu bringen, und die Menſchen auf die Gedanken zu fuͤhren: ihre wahre Wohlfahrt in dieſem Leben ſey nicht einerley mit ihrer ewigen Gluͤckſeligkeit in der Zukunft; ein anderes waͤre es fuͤr ihr zeitliches, ein anderes fuͤr ihr ewiges Wohl ſorgen, und es ſey moͤglich, eines zu erhalten, und das andre zu vernachlaͤßigen. Dem Bloͤdſichtigen, der auf ſchmalem Steige wandeln ſoll, werden durch desgleichen Vorſpie- gelungen Standpunkt und Geſichtskreis verruͤckt, und er iſt in Gefahr ſchwindlicht zu werden, und auf ebenem Wege zu ſtolpern. So mancher ge- traut ſich nicht, die gegenwaͤrtigen Wohlthaten der Vorſehung zu genießen, aus Beſorgniß eben ſo viel von denſelben dort zu verlieren, und mancher iſt ein ſchlechter Buͤrger auf Erden ge- worden, in Hoffnung dadurch ein deſto beſſerer im Himmel zu werden. Ich habe mir die Begriffe von Staat und Religion, von ihren Graͤnzen und wechſelweiſem Einfluß auf einander, ſowohl, als auf die Gluͤck- ſeligkeit des buͤrgerlichen Lebens, durch folgende Betrachtungen deutlich zu machen geſucht. So bald Erſter Abſchnitt. B

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/23>, abgerufen am 27.11.2024.