Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.wie mancherley Gelegenheit hatten die Richter Hieraus erhellet, wie wenig man die mosai- macht
wie mancherley Gelegenheit hatten die Richter Hieraus erhellet, wie wenig man die moſai- macht
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0222" n="120"/> wie mancherley Gelegenheit hatten die Richter<lb/> nicht, der traurigen Nothwendigkeit auszuwei-<lb/> chen, uͤber ihr Mitgeſchoͤpf und Mitebenbild<lb/> Gottes, den Stab zu brechen! <hi rendition="#fr">Ein Hingerich-<lb/> teter</hi> iſt, nach dem Ausdrucke der Schrift, <hi rendition="#fr">eine<lb/> Geringſchaͤtzung Gottes</hi>. Wie ſehr mußten<lb/> die Richter anſtehen, unterſuchen und auf Ent-<lb/> ſchuldigung bedacht ſeyn, bevor ſie ein Halsge-<lb/> richts-Urtheil unterzeichneten! Ja, wie die<lb/> Rabbinen ſagen, hat jedes Halsgericht, das fuͤr<lb/> ſeinen guten Namen beſorgt iſt, darauf zu ſe-<lb/> hen, daß in einem Zeitraume von ſiebenzig Jah-<lb/> ren, nicht mehr als eine Perſon am Leben ge-<lb/> ſtraft werde.</p><lb/> <p>Hieraus erhellet, wie wenig man die moſai-<lb/> ſchen Geſetze und die Verfaſſung des Judentums<lb/> kennen muß, um zu glauben, daß nach derſelben<lb/><hi rendition="#fr">Kirchenrecht</hi> und <hi rendition="#fr">Kirchenmacht</hi> autoriſirt,<lb/> oder Unglaube und Irrglaube mit zeitlichen<lb/> Strafen zu belegen ſey. Der <hi rendition="#fr">Forſcher nach<lb/> Licht und Wahrheit</hi>, ſowohl als Herr <hi rendition="#fr">Moͤr-<lb/> ſchel</hi>, ſind alſo weit von der Wahrheit entfernt,<lb/> wenn ſie glauben ich habe durch meine Ver-<lb/> nunftgruͤnde wider Kirchenrecht und Kirchen-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">macht</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [120/0222]
wie mancherley Gelegenheit hatten die Richter
nicht, der traurigen Nothwendigkeit auszuwei-
chen, uͤber ihr Mitgeſchoͤpf und Mitebenbild
Gottes, den Stab zu brechen! Ein Hingerich-
teter iſt, nach dem Ausdrucke der Schrift, eine
Geringſchaͤtzung Gottes. Wie ſehr mußten
die Richter anſtehen, unterſuchen und auf Ent-
ſchuldigung bedacht ſeyn, bevor ſie ein Halsge-
richts-Urtheil unterzeichneten! Ja, wie die
Rabbinen ſagen, hat jedes Halsgericht, das fuͤr
ſeinen guten Namen beſorgt iſt, darauf zu ſe-
hen, daß in einem Zeitraume von ſiebenzig Jah-
ren, nicht mehr als eine Perſon am Leben ge-
ſtraft werde.
Hieraus erhellet, wie wenig man die moſai-
ſchen Geſetze und die Verfaſſung des Judentums
kennen muß, um zu glauben, daß nach derſelben
Kirchenrecht und Kirchenmacht autoriſirt,
oder Unglaube und Irrglaube mit zeitlichen
Strafen zu belegen ſey. Der Forſcher nach
Licht und Wahrheit, ſowohl als Herr Moͤr-
ſchel, ſind alſo weit von der Wahrheit entfernt,
wenn ſie glauben ich habe durch meine Ver-
nunftgruͤnde wider Kirchenrecht und Kirchen-
macht
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |