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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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forscher eine Veranlassung war, über jene gehei-
ligten Dinge selbst nachzudenken, oder von wei-
sen Männern Unterricht einzuholen. Die zur
Glückseligkeit der Nation sowohl als der einzel-
nen Glieder derselben nützliche Wahrheiten soll-
ten von allem Bildlichen äußerst entfernt seyn;
denn dieses war Hauptzweck, und Grundgesetz
der Verfassung. An Handlungen und Verrich-
tungen sollten sie gebunden seyn, und diese ih-
nen statt der Zeichen dienen, ohne welche sie sich
nicht erhalten lassen. Die Handlungen der
Menschen sind vorübergehend, haben nichts
Bleibendes, nichts Fortdaurendes, das, so wie
die Bilderschrift, durch Mißbrauch oder Miß-
verstand zur Abgötterey führen kann. Sie ha-
ben aber auch den Vorzug vor Buchstabenzei-
chen, daß sie den Menschen nicht isoliren, nicht
zum einsamen, über Schriften und Bücher brü-
tenden Geschöpfe machen. Sie treiben vielmehr
zum Umgange, zur Nachahmung und zum münd-
lichen, lebendigen Unterricht. Daher waren
der geschriebenen Gesetze nur wenig, und auch
diese ohne mündlichen Unterricht und Ueberlie-
ferung nicht ganz verständlich, und es war ver-

boten,

forſcher eine Veranlaſſung war, uͤber jene gehei-
ligten Dinge ſelbſt nachzudenken, oder von wei-
ſen Maͤnnern Unterricht einzuholen. Die zur
Gluͤckſeligkeit der Nation ſowohl als der einzel-
nen Glieder derſelben nuͤtzliche Wahrheiten ſoll-
ten von allem Bildlichen aͤußerſt entfernt ſeyn;
denn dieſes war Hauptzweck, und Grundgeſetz
der Verfaſſung. An Handlungen und Verrich-
tungen ſollten ſie gebunden ſeyn, und dieſe ih-
nen ſtatt der Zeichen dienen, ohne welche ſie ſich
nicht erhalten laſſen. Die Handlungen der
Menſchen ſind voruͤbergehend, haben nichts
Bleibendes, nichts Fortdaurendes, das, ſo wie
die Bilderſchrift, durch Mißbrauch oder Miß-
verſtand zur Abgoͤtterey fuͤhren kann. Sie ha-
ben aber auch den Vorzug vor Buchſtabenzei-
chen, daß ſie den Menſchen nicht iſoliren, nicht
zum einſamen, uͤber Schriften und Buͤcher bruͤ-
tenden Geſchoͤpfe machen. Sie treiben vielmehr
zum Umgange, zur Nachahmung und zum muͤnd-
lichen, lebendigen Unterricht. Daher waren
der geſchriebenen Geſetze nur wenig, und auch
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ferung nicht ganz verſtaͤndlich, und es war ver-

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[96/0198] forſcher eine Veranlaſſung war, uͤber jene gehei- ligten Dinge ſelbſt nachzudenken, oder von wei- ſen Maͤnnern Unterricht einzuholen. Die zur Gluͤckſeligkeit der Nation ſowohl als der einzel- nen Glieder derſelben nuͤtzliche Wahrheiten ſoll- ten von allem Bildlichen aͤußerſt entfernt ſeyn; denn dieſes war Hauptzweck, und Grundgeſetz der Verfaſſung. An Handlungen und Verrich- tungen ſollten ſie gebunden ſeyn, und dieſe ih- nen ſtatt der Zeichen dienen, ohne welche ſie ſich nicht erhalten laſſen. Die Handlungen der Menſchen ſind voruͤbergehend, haben nichts Bleibendes, nichts Fortdaurendes, das, ſo wie die Bilderſchrift, durch Mißbrauch oder Miß- verſtand zur Abgoͤtterey fuͤhren kann. Sie ha- ben aber auch den Vorzug vor Buchſtabenzei- chen, daß ſie den Menſchen nicht iſoliren, nicht zum einſamen, uͤber Schriften und Buͤcher bruͤ- tenden Geſchoͤpfe machen. Sie treiben vielmehr zum Umgange, zur Nachahmung und zum muͤnd- lichen, lebendigen Unterricht. Daher waren der geſchriebenen Geſetze nur wenig, und auch dieſe ohne muͤndlichen Unterricht und Ueberlie- ferung nicht ganz verſtaͤndlich, und es war ver- boten,

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/198>, abgerufen am 22.11.2024.