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Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783.

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tungsvolles Ganze zusammenzusetzen; und
diese Bezeichnungsart ist die Hieroglyphik.

Alles dieses hat, wie man siehet, sich ganz
natürlich so entwickeln können; aber von der
Hieroglyphik bis zu unserer alphabetischen
Schrift -- dieser Uebergang scheinet einen
Sprung, und der Sprung mehr als gemeine
Menschenkräfte zu erfordern.

Daß zwar, wie einige glauben, unsere al-
phabetische Schrift blos Zeichen der Laute, und
nicht anders, als vermittelst der Laute, auf Sa-
chen und Begriffe anzuwenden seyn sollte, ist
völlig ohne Grund. Uns, die wir von den hör-
baren Zeichen lebhaftere Vorstellungen haben,
bringet allerdings die Schrift auf die vornehm-
lichen Worte zuerst. Uns also gehet der Weg von
Schrift auf Sache, über und durch die Spra-
che; aber deswegen ist es nicht nothwendig also.
Dem Taubgebornen ist die Schrift unmittelbar
Bezeichnung der Sachen, und wenn er sein Ge-
hör erlangt, werden ihn in den ersten Zeiten
sicherlich die Schriftzeichen zuerst auf die unmit-
telbar mit ihnen verbundenen Dinge, und sodann
erst vermittelst derselben auf die Laute bringen,

die

tungsvolles Ganze zuſammenzuſetzen; und
dieſe Bezeichnungsart iſt die Hieroglyphik.

Alles dieſes hat, wie man ſiehet, ſich ganz
natuͤrlich ſo entwickeln koͤnnen; aber von der
Hieroglyphik bis zu unſerer alphabetiſchen
Schrift — dieſer Uebergang ſcheinet einen
Sprung, und der Sprung mehr als gemeine
Menſchenkraͤfte zu erfordern.

Daß zwar, wie einige glauben, unſere al-
phabetiſche Schrift blos Zeichen der Laute, und
nicht anders, als vermittelſt der Laute, auf Sa-
chen und Begriffe anzuwenden ſeyn ſollte, iſt
voͤllig ohne Grund. Uns, die wir von den hoͤr-
baren Zeichen lebhaftere Vorſtellungen haben,
bringet allerdings die Schrift auf die vornehm-
lichen Worte zuerſt. Uns alſo gehet der Weg von
Schrift auf Sache, uͤber und durch die Spra-
che; aber deswegen iſt es nicht nothwendig alſo.
Dem Taubgebornen iſt die Schrift unmittelbar
Bezeichnung der Sachen, und wenn er ſein Ge-
hoͤr erlangt, werden ihn in den erſten Zeiten
ſicherlich die Schriftzeichen zuerſt auf die unmit-
telbar mit ihnen verbundenen Dinge, und ſodann
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[72/0174] tungsvolles Ganze zuſammenzuſetzen; und dieſe Bezeichnungsart iſt die Hieroglyphik. Alles dieſes hat, wie man ſiehet, ſich ganz natuͤrlich ſo entwickeln koͤnnen; aber von der Hieroglyphik bis zu unſerer alphabetiſchen Schrift — dieſer Uebergang ſcheinet einen Sprung, und der Sprung mehr als gemeine Menſchenkraͤfte zu erfordern. Daß zwar, wie einige glauben, unſere al- phabetiſche Schrift blos Zeichen der Laute, und nicht anders, als vermittelſt der Laute, auf Sa- chen und Begriffe anzuwenden ſeyn ſollte, iſt voͤllig ohne Grund. Uns, die wir von den hoͤr- baren Zeichen lebhaftere Vorſtellungen haben, bringet allerdings die Schrift auf die vornehm- lichen Worte zuerſt. Uns alſo gehet der Weg von Schrift auf Sache, uͤber und durch die Spra- che; aber deswegen iſt es nicht nothwendig alſo. Dem Taubgebornen iſt die Schrift unmittelbar Bezeichnung der Sachen, und wenn er ſein Ge- hoͤr erlangt, werden ihn in den erſten Zeiten ſicherlich die Schriftzeichen zuerſt auf die unmit- telbar mit ihnen verbundenen Dinge, und ſodann erſt vermittelſt derſelben auf die Laute bringen, die

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Zitationshilfe: Mendelssohn, Moses: Jerusalem oder über religiöse Macht und Judenthum. Berlin, 1783, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mendelssohn_jerusalem_1783/174>, abgerufen am 24.11.2024.